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Die Lagune der Zombies

Die Lagune der Zombies

Titel: Die Lagune der Zombies
Autoren: Xander Morus
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    1 VERARSCHT
     
    Süd-Pazifik.
    Auf der Insel Efate, Inselrepublik Vanuatu.
    Vor der Pandemie.
     
    „Kommen Sie und kaufen Sie echte Schrumpfköpfe!“
    Der Händler mit den schneeweißen Zähnen lachte mich an und wedelte mit einem Stab, an dem kleine schwarze und völlig vertrocknete Köpfe baumelten. Sie waren so echt wie seine Zähne.
    Ich drehte mich genervt weg und starrte in das Getümmel vor mir. Hunderte bunt gekleideter Menschen wuselten in einem Haufen, der aus lebenden Smarties zu bestehen schien, hin und her. Der Marktplatz von Port Vila glich einem Hexenkessel. Trommeln hämmerten durch die Gassen. Rote Hummer krochen über das Eis auf den Auslagen, andere hingen schon zum Verzehr bereit. Überall stapelten sich selbstgeflochtene Körbe, bunte Tücher und exotische Blumenkränze. Und alle Menschen lachten. Wenn der Lärm nicht gewesen wäre, hätte man sich tatsächlich so das Paradies vorstellen können. Aber ich war schon zu lang hier, um von der Farbenpracht überwältigt zu sein. Außerdem nervte es mich, täglich Schrumpfköpfe angeboten zu bekommen, nur weil ich wegen meiner weißen Haut aussah wie ein Tourist.
    Ich war kein Tourist.
    Ich schob ein paar Kinder, die mit Wingman spielen wollten, zur Seite und drückte mich an eine schattige Mauer. Das Gewühl und der Lärm machten mich fast wahnsinnig. Erschöpft wischte ich mir den Schweiß von der Stirn. Die Hitze brannte in meinem Nacken, und der Geruch von Kokos und Bambus erzeugte bei mir ein Brechgefühl.
    Willkommen in Vanuatu! – Land der glücklichsten Menschen weltweit, laut einer UN-Studie. Glücklich am Arsch. Wingman und ich waren am Ende.
    Die Hitze, das fettige Essen, die komischen Früchte – all das setzte uns zu. Wingman war mein Hund, mein einziger treuer Begleiter. Ein weiß-braun gescheckter Beagle, der mir überall hin folgte, solange es genügend Fressen und Wasser gab. Er hechelte erschöpft und sah mich fragend an. Ich gab Wingman etwas aus meiner Wasserflasche und presste meinen Geldbeutel fest an meine Hosentasche. Ich versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen. Wenn mir nicht bald etwas einfiel, würde ich das ganze Unternehmen abbrechen müssen. Fünf Wochen Arbeit und Recherche wären dann umsonst gewesen. Dreitausend Euro hätte es mich gekostet und ich hätte zugeben müssen, gescheitert zu sein. Wieder einmal.
    Das durfte ich mir auf keinen Fall erlauben. Ich nahm einen neuen Schluck Wasser. Die Händler grinsten mich an. Ich war schon bekannt. Was immer ich auch tat, die Sache endete stets in einer Sackgasse. Entweder hatte man mich kräftig verarscht, oder ich war einfach zu blöd für so eine herausfordernde Recherche. Vielleicht sollte ich wirklich nach Hause fliegen. Zurück nach Deutschland. Zurück nach Berlin. Zurück an meinen Laptop im Prenzlauer Berg und wieder über Politiker klugscheißen … Wie war ich bloß hierher gekommen?
     
    Klugscheißen konnte ich ganz gut, nur leider merkte ich, dass das langsam keine Sau mehr interessierte. Mein politisches Hauptstadtblog Peter Zanders Reichstagwatch würde sich in absehbarer Zeit ins Nirwana der Bedeutungslosigkeit verabschieden. Jeder konnte heutzutage die Zeitung lesen und dann über die Politik schimpfen. Sicher, ich hatte Politikwissenschaft studiert und dann bei Attac durch mein Engagement einigen Wirbel verursacht, doch mein Listenplatz für die Grünen war viel zu schlecht. Die Chance ins Europaparlament zu ziehen, hatte ich vertan. Man hatte mich vertröstet und auf die nächste Wahl hingewiesen.
    Sind doch nur fünf Jahre! Schreib weiter deinen Blog, engagiere dich, mach Bürgerberatung! Nächstes Mal kriegst du einen besseren Listenplatz.
    Fünf Jahre am Arsch! Diese klugen Ratschläge konnten sich meine Parteifreunde sparen. Bürgerberatung war unbezahlt, Engagement kostete sogar noch Geld. Mein Blog war das Einzige, was mir einigermaßen Aufmerksamkeit und ein paar Werbeeinnahmen verschaffte. Aber von Aufmerksamkeit und den geringen Einnahmen konnte ich nicht leben und ich merkte, dass ich von Posting zu Posting weniger Leser hatte. Es sah nicht gut aus.
    Das Mädel, das einen Listenplatz vor mir hatte, saß nun in Straßburg und bloggte über Tierschutz und Latte macchiato. Meine Leser wanderten alle zu ihr und drückten immer den Like-Button, wenn sie ein neues Bild von sich mit einem Monstercappuccino (natürlich Bio) postete. Zur Sicherheit kam dann aber auch immer gleich ein Bild von ein paar Pseudoakten hinterher, die sie angeblich
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