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Die Kundschafter

Die Kundschafter

Titel: Die Kundschafter
Autoren: Hans Kneifel
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entdeckte zwei Bierkrüge. Sofort rissen die Männer die Verschlüsse auf, aber ehe sie mehr als zwei Schluck daraus getrunken hatten, wurden ihnen die Krüge aus den Händen gerissen. Jeder versuchte, einen Schluck zu ergattern.
    »Und diese Hundesöhne«, sagte Gapolo, »sollen gegen die Caer eine Schlacht gewinnen? Undenkbar!«
    »In diesen Zeiten ist alles möglich«, gab Mythor zu bedenken.
    Es dauerte ungefähr zwei Stunden, bis alles ruhig war. Daren brummte: »Sie schlafen.«
    »Noch«, schränkte Mythor ein. »Wenn sie aufwachen, geht alles wieder von vorn los!«
    Kurz darauf herrschte trügerische Ruhe. Mythor, der wusste, dass seine Freunde in scheinbarer Sicherheit waren, drehte sich um und schloss die Augen. Er murmelte: »Weckt mich, wenn es Streit gibt!«
    »Ja«, knurrte Daren.
    Mythor wusste, dass er vielleicht zwei Stunden Schlaf vor sich hatte. Der Bauer und der Krieger schienen zu warten. Nach einiger Zeit sank auch Daren in Schlummer. Immer wenn er zu laut schnarchte, hielt ihm Gapolo die Nase zu. Die Stunden vergingen. Das erste Grau am Himmel, das die Sterne verblassen ließ, färbte sich rosarot und schließlich gelb; längst war die schimmernde Barke des nächtlichen Gestirns hinter dem Horizont versunken. Die ersten Sonnenstrahlen glitten über das Land.
    Gapolo hob den Dolch, packte ihn an der Spitze der Schneide und ließ den Knauf auf Mythors Schienbein herunterfallen. Als der braunhaarige Krieger hochfuhr, hielt Gapolo ihm die Hand auf die Lippen.
    »Seht!« machte er. »Keine Aufregung. Noch ist alles ruhig.«
    »Mmm!«
    Unruhe und Aufregung kamen in kleinen Schritten. Zuerst heulte der Wolf, dann fingen einige Hunde zu kläffen an, schließlich wachten einige Söldner auf und schossen mit Pfeil und Bogen auf die Tauben, die aus ihrem Schlag aufflatterten.
    Einige torkelten getroffen zu Boden. Die Pferde fingen zu scharren und unruhig zu wiehern an.
    Die Hauptleute schrien Kommandos und jagten ihre Männer mit Flüchen und Fußtritten in die Höhe. An zwei Stellen brannten die Krieger Feuer an und zerrten aus Satteltaschen Fleischbrocken. Immer wieder ertönten polternde und klirrende Geräusche aus dem Inneren der Häuser.
    Die Söldner schienen eher zu verschmerzen, dass es hier kein Essen gab, als dass sie in dieser Nacht keine Frauen gefunden hatten. Eine erste Gruppe sattelte und zäumte ihre Pferde und schwang sich auf deren Rücken.
    Ein Befehl gellte über den Hof: »Los! Weiter! Zum Hochmoor!«
    An anderen Stellen, in anderen Bauernhöfen mochte es Mädchen oder Frauen geben, die den Kriegern mehr oder weniger freiwillig ihre Gunst schenkten. Nicht so hier. Kleine Gruppen von Söldnern streiften zum zweiten- oder drittenmal durch jeden Teil der Gebäude. Bei ihrer Suche nach Gold, Essen, Bier und Wein oder nach irgendwelchen anderen Habseligkeiten warfen sie Möbel um, zerschlugen Näpfe und Krüge, stopften Heu in Säcke und luden sie den Pferden auf. Die drei Männer blickten schweigend und starr aus dem winzigen Schlitz im gewachsenen Fels.
    Eine zweite Gruppe Reiter stob aus dem Hof. Etwa fünfzig Männer schulterten ihre Waffen und machten sich in leidlicher Ordnung hinter den Reitern auf den Weg.
    »Die Krieger der Lichtwelt«, murmelte der Bauer spöttisch. »Sie sind zum Kampf unterwegs.«
    »Krieg und Kampf sind eine Sache«, sagte Mythor und sah zu, wie einige Männer die Feuer austraten. »Und eine andere ist der Versuch, zu essen und ruhig zu schlafen. Dein Schaden, Daren, ist nicht groß.«
    »Du hast recht, Mythor!« brummte der Sippenälteste.
    Krachend flogen die Trümmer eines Fensters in den Hof. Einige Fäuste rissen die Spieße mit halbgar gebratenen Tauben von den Feuern.
    Eine dritte Gruppe verließ den Bauernhof. Ihnen schloss sich der Rest der berittenen Söldner an. Schließlich befanden sich nur noch ein Dutzend Bewaffnete mit ihren Pferden vor den Mauern.
    »Der Schaden ist nicht sehr groß«, bestätigte Daren und wartete, bis auch der letzte Reiter seinen Besitz verlassen hatte. Eine Stunde später wagten es die Versteckten, die Höhlen und Gänge zu verlassen.
    *
    Lamir von der Lerchenkehle wies senkrecht in den Himmel. Über dem Bauernhof zog der Schneefalke seine Kreise. Mythor hob den Kopf und versuchte, das Verhalten des Vogels zu deuten. Schließlich sagte er: »Die Söldner sind weitergezogen und in sicherer Entfernung.«
    Die Familie des Bauern versuchte, unterstützt von den Gästen, ein wenig Ordnung zu schaffen. Das Vieh wurde in die
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