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Soehne & Liebe der Nacht

Titel: Soehne & Liebe der Nacht
Autoren: Christina Cara Wagner
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1
    Gespenstisch hatte sich an diesem frühen Samstagmorgen Nebel über den Friedhof gelegt und es schien, als würde der stürmische Wind, der an den Zweigen der alten Eichen riss, das blutige Schicksal verkünden, das Lara erwartete. Wie gebannt starrte sie auf den Sarg, den sie vor zwei Wochen ,selbst ausgesucht hatte. In ihren Händen hielt Lara einen Strauß Rosen, dessen Dornen ihr tief ins Fleisch gedrungen waren. Der Mann neben Lara warf einen besorgten Blick auf das Blut, das über ihre weiße Haut lief.
    „Lebe wohl, Großmutter“, flüsterte Lara und legte den Strauß auf den Sargdeckel nieder. Ihr Herz krampfte sich zusammen und die Vergangenheit vermischte sich mit der Gegenwart, schon einmal vor zwanzig Jahren hatte sie das Schicksal hierher geführt. Damals stand Laras Großmutter an ihrer Seite, hatte ihre Hand gehalten und ihr Trost geschenkt. Nun war sie fort und mit ihr alle Antworten, die Lara herbeigesehnt hatte. Mit ihrer Großmutter wurde nicht nur Laras letzte Verwandte beerdigt, sondern auch ihre Hoffnung, zu erfahren, warum ihre Schwester im Dunkel einer Nacht verschwunden und nie mehr ins Licht zurückgekehrt war.
    „Lass uns gehen.“ Behutsam legte Thomas seinen Arm um Lara. Er wusste, dass das im Moment alles war, was er für die Frau tun konnte, für deren Sicherheit er aus einer fernen Welt gekommen war.
    „Jetzt habe ich niemanden mehr, in dem dasselbe Blut fließt wie in mir.“ Verloren sah Lara Thomas an.
    „Möchten Sie dabei sein, wenn wir den Sarg in die Tiefe lassen?“ Einer der Männer, die das Grab ausgehoben hatten, trat an Lara heran. Er und seine Kollegen hatten sich diskret zurückgezogen, aber nun drängte die Zeit, sie hatten an diesem Morgen noch andere Aufträge.
    „Nein. Ich danke Ihnen, dass ich mich in Ruhe von meiner Großmutter verabschieden konnte.“
    „Gern, mein Mädchen.“
    Lara atmete noch einmal tief die kalte Morgenluft ein, die ihre Seele durchflutete und sich mit dem Schmerz in ihr vereinte.
    „Ich bin soweit, gehen wir, Thomas.“ Langsam schritten beide auf das Ausgangstor zu, das man durch die Nebelwand nur erahnen konnte. Halt suchend ergriff Lara Thomas’ Arm. „Danke, dass du mich begleitet hast, an diesem Morgen, der meiner Großmutter ein neues Zuhause gab.“
    „Betrachte mich als Fels in der Brandung“, erwiderte Thomas und schwor sich, dafür zu sorgen, dass dieser Ort nicht auch Laras Zuhause wurde.

2
    Drei Monate später ...
    Ein heftiger stechender Schmerz durchfuhr das sonst so tote Herz des Schöpfers, als er in seinem dunklen Exil in der Unterwelt erwachte. Unzählige schwarze Kerzen, die in kostbaren Kerzenständern brannten, brachten Licht in das Leben, das seit zweitausend Jahren sein Schicksal war. Wieder hatte sich die Frau, die er einst liebte, in seine blutigen Träume geschlichen und die schmerzhafte Erinnerung an eine andere Zeit heraufbeschworen. An eine Zeit, in der sein Name Ewan war und sein Herz voller Liebe schlug, an eine Zeit, in der Liebe und Hoffnung einen Namen hatten: Cara.
    In jener Zeit hatten ihm Caras magische blaue Augen den Atem geraubt, der Rosenduft ihres langen braunen Haares hatte ihn in Trance versetzt und er wäre für einen Kuss ihrer glutroten Lippen gestorben. Ihre Liebe lebte im Geheimen, denn in der Welt der höchsten Ebene gab es kein Erbarmen. Mit eiserner Faust herrschte Caras tyrannischer Vater über das Volk, dem die Vermischung der Gesellschaftsschichten unter Androhung der Todesstrafe verboten war. So lebte das Geheimnis ihrer Liebe dort, wo es begann: Im Rosengarten, der hinter dem Schloss ihres Vaters lag. Es waren glückliche Stunden der Zweisamkeit, bis zu dem Tag, an dem Caras Vater einen Spaziergang zwischen seinen Rosen machte und ihre Liebe entdeckte. In Sekunden zerbrach ihr Traum vom Glück. Gewaltsam hatte die Dienerschaft des Herrschers Cara aus seinen Armen gerissen. Arme, in die sie nie zurückkehren würde. Wie ein Sturm traf ihn der unermessliche Zorn Kairons, der seine ewige Verbannung in die Unterwelt befohlen hatte. Allein sein Status als Diener des Herrschers bewahrte ihn vor der Todesstrafe. Jedoch erwartete ihn ein weit schlimmeres Schicksal. Ein Ort voller Kälte und Dunkelheit wurde sein Zuhause und umarmte ihn mit eisigem Atem. Die Kälte der Unterwelt war tief in sein Herz gedrungen und hatte es zu Eis verwandelt. Nur sein Plan der Rache gab ihm noch Halt.
    Seit zweitausend Jahren schickte er seine Verbündeten, die ihm freiwillig gefolgt waren, um
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