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Die Kreuzzüge

Die Kreuzzüge

Titel: Die Kreuzzüge
Autoren: Thomas Asbridge , Susanne Held
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zog auch immer wieder Vergleiche zwischen seiner Person und Saladin. Es war kein Zufall, dass das berühmte filmische »Historien«-Epos Saladin aus dem Jahr 1963 – damals die teuerste arabische Filmproduktion überhaupt – in Ägypten mit einem Filmstar als männlichem Hauptdarsteller gedreht wurde, der Nasser auffallend ähnlich sah.
    Der Präsident von Syrien, Hafiz al-Assad, kommentierte den arabisch-israelischen [727] Konflikt 1981 mit der Aufforderung, die Muslime sollten »sich zurückversetzen in die Invasion durch die Kreuzfahrer. Sie kämpften 200 Jahre lang gegen uns, aber wir haben nicht aufgegeben und nicht kapituliert.« Assad bezeichnete sich selbst als »den Saladin des 20. Jahrhunderts« und ließ 1992 eine überlebensgroße Statue seines Helden in Damaskus aufstellen. Noch besessener von Saladin war der irakische Staatspräsident Saddam Hussein. Die kurdische Herkunft Saladins übersah er großzügig, dafür betonte er immer wieder den gemeinsamen Geburtsort Tikrit und ging überhaupt sehr weit in der Annäherung seiner eigenen Vita an die Saladins. Auf Briefmarken und Banknoten des Landes stand Saddam neben Saladin, und seine Paläste waren an den Außenmauern mit goldenen Statuen des Präsidenten dekoriert, gekleidet in Gewänder im Stil Saladins. Saddam gab sogar die Herstellung eines Kinderbuchs – Saladin, der Held – in Auftrag, in dem er sich als »zweiten Saladin« bezeichnen ließ. 17
    Der Islamismus ist als Ideologie das genaue Gegenteil des arabischen Nationalismus; er vertritt die Forderung, dass die Theokratie die für den Islam angemessene Regierungsform ist. Die Islamisten sind jedoch, wenn das überhaupt möglich ist, noch streitbarer in ihren Versuchen, angebliche Bezüge zwischen den mittelalterlichen Kreuzzügen und der modernen Welt aufzudecken. Die islamistische Propaganda stellt gemäß ihrer religiösen Grundausrichtung die Kreuzzüge als aggressive Religionskriege dar, die gegen den Dar al-Islam (das Territorium des Islams) geführt werden und auf die es nur eine Antwort geben kann: den gewaltsamen militärischen Dschihad. Einer der einflussreichsten islamistischen Ideologen, Sayyid Qutb (er wurde 1966 in Ägypten wegen Hochverrats hingerichtet), beschrieb den westlichen Imperialismus als eine »Maske, hinter der sich der Geist der Kreuzfahrer verbirgt«, und stellte fest, dass »die Seele der Kreuzfahrer im Blut sämtlicher Abendländer weiterlebt«. Außerdem, so Sayyid Qutb, stehe hinter den Übergriffen des Westens auf die Levante eine Verschwörung des »internationalen Kreuzzugswesens«; als Beweis zitierte er Allenbys angebliche Erwähnung der mittelalterlichen Kreuzzüge.
    Qutbs Ideen haben zahlreiche radikale islamistische Organisationen beeinflusst, von der Hamas bis zur Hisbollah. Im 21. Jahrhundert jedoch sind die gefährlichsten Vertreter dieser besonderen Art des Extremismus Osama bin Laden und sein enger Vertrauter Aiman az-Zawahiri – [728] die beiden wichtigsten Stimmen des Terroristennetzwerks al-Qaida. In den Jahren vor 2001 waren ihre Reden gespickt mit Bezügen auf die Kreuzzüge. Als George W. Bush unmittelbar nach dem 9. September 2001 fatalerweise beschloss, seinen angekündigten »Krieg gegen den Terrorismus« als »Kreuzzug« zu bezeichnen (ein Begriff, der seither sorgfältig vermieden wird), erwies er al-Qaida damit einen großen Dienst. Ende 2002 gab bin Laden eine Erklärung ab, in der es hieß: »Eines der wichtigsten positiven Resultate der Überfälle auf New York und Washington war die Tatsache, dass die wahre Natur des Konflikts zwischen den Kreuzfahrern und den Muslimen offenbar wurde [sowie] das Ausmaß des Hasses, das die Kreuzfahrer uns entgegenbringen.« Dann, im März 2003, nach der von den USA angeführten Invasion im Irak, fügte Osama bin Laden hinzu: »Der aktuelle Feldzug der Zionisten und Kreuzfahrer gegen den Islam ist so gefährlich und wütend wie nie zuvor [. . . Um zu lernen], wie wir diesen feindlichen, von außen kommenden Streitkräften Widerstand leisten können, müssen wir uns an den früheren Kreuzzugskriegen gegen unsere Länder orientieren.« Diese irreführende, in manipulativem Umgang mit der Geschichte wurzelnde Hetzrhetorik hat seither nur unwesentlich nachgelassen. 18
    DIE KREUZZÜGE UND IHR ORT IN DER GESCHICHTE
    »Kreuzzugsparallelismus« hat in der Ausprägung der modernen Welt eine entscheidende Rolle gespielt – eine Rolle, die in den letzten Jahren häufig missverstanden und unterschätzt wurde.
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