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Die Knochenfrau

Die Knochenfrau

Titel: Die Knochenfrau
Autoren: Oliver Susami
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Yvonne ging hinter das Rohr und versuche, den Oberkörper des Bewusstlosen in eine aufrechte Position zu bringen, sie packte ihn unter den Armen und zerrte ihn hoch. Der verdammte Rucksack war im Weg, den hätte sie ihm abnehmen sollen … doch schließlich klappte es. Sie hielt mit einer Hand seinen Oberkörper und zog mit der anderen das alte Fahrradschloss heran. Es musste schnell gehen, nicht dass er zur Seite kippte oder sogar aufwachte. Mit einer einzigen, fließenden Bewegung legte sie das Fahrradschloss um das Heizungsrohr und um Lukas' Hals. Sie hatte das einmal in einem Film gesehen und es schien ihr eine der einfachsten Möglichkeiten zu sein, einen Menschen zu fesseln. Mit einem leisen aber hörbaren Klick rastete der Schließzylinder ein und Yvonne trat einen Schritt zurück. Sie hockte sich auf den Steinboden und sah, dass Lukas' Oberkörper wie in Zeitlupe nach vorne sackte … bis er von dem Schloss aufgehalten wurde.
    Röchelnd und hustend riss Lukas die Augen auf. Da war etwas an seinem Hals, etwas würgte ihn. Er griff mit beiden Händen danach, zog daran, spürte etwas Hartes und sah Yvonne. Sie stand vor ihm und schaute ihn an. Immer noch war irgendetwas an seinem Hals und schnürte ihm die Luft ab. Lukas brachte seine Hände zwischen dieses Etwas und seinen Hals und konnte wieder atmen. Er spürte die einzelnen Kettenglieder unter dem Kunststoff und wusste, was er da um den Hals hatte. Er setzte sich aufrecht hin und schaute Yvonne an. Den Gesichtsausdruck des Mädchens konnte er nicht einordnen.
    „Yvonne, was zum Teufel ist passiert?”
    Sie antwortete nicht, sah ihn nur an. Langsam stieg in Lukas eine Ahnung auf. War sie verantwortlich für die Lage, in der er sich befand? Er drehte seinen Kopf zu der Tür, die er gerade geöffnet hatte: Nichts, nur Dunkelheit.
    „Scheiße Yvonne, was soll das? Hast du mich hier angebunden?
    Immer noch sagte sie nichts. Sie sah ihn nur an und knetet ihre blassen, schmalen Hände. Lukas sah, dass ihr Schweiß auf der Stirn stand und bekam Schiss. Was hatte das Mädchen vor? Und was war mit dem Ding hinter dieser Tür? Was, wenn es plötzlich herauskam? Langsam stand Lukas auf, schob das Fahrradschloss an dem Rohr nach oben und tastete nach hinten. Da war eine Wand und das war schon mal gut, von hinten konnte nichts kommen. Auch Yvonne war aufgestanden. Sie steckte die Hände in die Taschen und sah ihn an.
    „Yvonne, lass den Scheiß. Mach mich bitte los.”
    „Das geht nicht”, sagte das Mädchen.
    „Wieso soll das nicht gehen? Du machst mich einfach los und dann unterhalten wir uns.”
    Plötzlich schrie sie, Lukas spürte einen stechenden Schmerz im Kopf und kniff die Augen zu.
    „RED KEINEN SCHEIß, LUKAS! ICH HAB DICH ERST HIER RÜBER GESCHLEPPT, ICH MACH DICH NICHT LOS!”
    „Und was willst du?”, fragte Lukas leise.
    „DU BRICHST EINFACH HIER EIN! DU MISCHST DICH IN SACHEN, DIE DICH NICHTS ANGEHEN! DU KOMMST HIER AN MIT DEINER BLÖDEN SCHAUFEL UND DENKST, DU BRINGST MAL EBEN JEMAND UM!”
    Lukas wurde schwarz vor Augen. Er fasste sich an die Schläfen und unterdrückte ein Würgen.
    „Bitte Yvonne, schrei nicht so. Ich bring überhaupt niemand um. Das Vieh, hinter dem ich her bin, bringt Kinder um.”
    Yvonne lachte.
    „Ein paar beschissene Kinder weniger … davon stirbt dieses dreckige Kaff nicht aus. Und was zum Teufel geht dich das überhaupt an?”
    Lukas antwortete nicht. Er sah Yvonne an und Yvonne sah ihn an. Und dann zog sie unter ihrem Parka ein Messer hervor. Sofort nahm Lukas die Hände vor die Brust. War sie jetzt völlig wahnsinnig?
    „Mach keinen Scheiß, Yvonne. Leg das Messer weg!”
    Sie kam einen Schritt auf ihn zu. Er sah, dass sie Tränen in den Augen hatte.
    „Leg das Messer weg, Yvonne.”
    Sie kam noch einen kleinen Schritt näher und Lukas überlegte, ob er sie mit einem Tritt erwischen konnte. Aber sie war noch zu weit und vielleicht hatte er nur einen Versuch. Ihm fiel ein, dass er noch den Rucksack auf dem Rücken hatte. Vielleicht kam er irgendwie an das Küchenmesser ran. Er musste Zeit gewinnen.
    „Tut mir leid, Lukas. Du hättest dich nicht einmischen sollen.”
    Sie machte noch einen Schritt auf ihn zu und Lukas brüllte sie an.
    „GLAUBST DU VIELLEICHT, DU KANNST MICH EINFACH ABSTECHEN? DAS HÄTTEST DU MAL SCHÖN VORHIN MACHEN SOLLEN, ALS ICH NOCH OHNMÄCHTIG WAR! DU HAST MIR JA NICHT MAL DIE HÄNDE GEFESSELT, DU BLÖDE KUH! BEVOR DU MICH MIT DEM SCHEIß MESSER ÜBERHAUPT BERÜHRST, HAB ICH DIR SCHON DIE
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