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Die kleinen Freuden des Lebens

Die kleinen Freuden des Lebens

Titel: Die kleinen Freuden des Lebens
Autoren: Stefan Maiwald
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Verstand das saudämliche,
     so durchschaubare Logo mit dem Kindergesicht schwer auf den Wecker gehen (das, um es noch süßer zu machen, am Computer verändert
     wurde. So kommt es mir jedenfalls vor, füge ich hier vorsichtshalber ein, denn ich weiß nicht, ob diese Aussage justiziabel
     ist). Die Fratze sieht in ihrer verkorksten Niedlichkeit geradezu gruselig aus. Dann ist da noch die Politik der Firma Ferrero,
     die unzweifelhaft gute Idee »Milchartiges im Schokoladenmantel«, die bei Kinderschokolade blendend funktioniert, auf eine
     Vielzahl anderer Produkte des Hauses zu übertragen, etwa die »Schokobons«, die »Kinder Pinguis«, »Kinder Buenos«, »Kinder
     Country« und ähnlichen Horror, und die Werbeblöcke mit schwer erträglichem Heilewelt-Zuckerguss zu verkleben. Ja,man könnte sagen, dass die Ferrero-Werbespots zu den schwächsten des Universums gehören.
    Doch der Lead-Marke können diese degenerierten Surrogate nichts anhaben. So wie die AR D-Tagesschau eine deutsche Institution ist, deren Sprecher die Nachrichten auch auf Esperanto verlesen könnte und trotzdem noch Spitzenquoten
     erzielen würde, so ist auch Ferreros Kinderschokolade immun gegen jegliche Modernisierungsversuche, und nicht einmal Marketing-Dummbeutel
     können das Produkt versauen. Selbst wenn statt des süßen Knaben Chucky, die Mörderpuppe, auf der Packung abgebildet wäre oder
     die Schokolade statt mit Milchpulver mit geraspeltem Entenschnabel gefüllt wäre.
    Interessanterweise ist die Liebe zur Kinderschokolade so groß, dass sich diverse Rituale zu ihrem Genuss herausgebildet haben,
     auf dass das Glück ein klein wenig länger anhält. Beliebt ist beispielsweise, zuerst sehr behutsam den Schokoladenmantel abzuknabbern
     und sich dann der milchhaltigen Füllung zu widmen. Auch diesen Spaß will uns Ferrero seit einigen Jahren mit aller Macht verderben,
     seit der einzelne Riegel nämlich stark geriffelt in Fünferabteilen daherkommt statt in einem überschaubaren, leichter abzunagenden
     Doppelblock.
    Liebe Ferreros: Gratisschokolade bitte an Stefan Maiwald, c/o dtv.

Ankommen
    D er Weg ist das Ziel? Ich weiß nicht so recht, ich finde es jedenfalls besser, am Strand zu liegen, als im Stau zu stehen.

Die Eintrittskarte für ein wichtiges Fußballspiel
    D ie schon seit Tagen auf dem Küchentisch liegt, damit man sich jeden Morgen beim Frühstück vergewissern kann, dass sie noch
     da ist.

»Nur ein bisschen Zahnstein, das haben wir in zwei Minuten erledigt.«
    D ie
    korrekte Antwort darauf lautet: »Ich möchte Sie auf der Stelle heiraten.«

Zu »I’m So Excited« von den Pointer Sisters auf der Tanzfläche Luftpiano spielen
    D ie Nummer in ihrer impertinent guten Laune ist fernab von Feierlichkeiten eher schwer erträglich. Die Lyrik ist ebenfalls
     nicht gerade von Lorenzo da Ponte verfasst worden (und selbst der war ja schon umstritten): »I want to love you, feel you,
     wrap my arms around you, I want to squeeze you, please you, I just can’t get enough, and if you move real slow I’ll let it
     go   …« Und dann geht es los: »I’m so excited, I just can’t hide it, I’m about to lose control and I think I like it.« Doch diese
     Nummer aus dem Jahr 1982, das muss man ihr einfach lassen, ist ein Abräumer auf guten wie auf schlechten Feten. Ob Karaoke-Bar
     in Schwabing oder Scheunenfest in der niedersächsischen Tiefebene: Wenn der DJ nicht weiterweiß, kommt »I’m So Excited«, und
     die Hintern geraten kollektiv ins Wackeln. Interessanterweise ist das Stück in g-Moll geschrieben, womit bewiesen wäre, dass
     Moll im Allgemeinen und diese Tonart im Speziellen nicht immer nur als Trauerkloß daherkommt.
    Auf der Tanzfläche Luftgitarre zu einem Gitarrensolo
    zu spielen, ist ja schon ganz schön weit unten. Aber »I’m So Excited« eröffnet noch ganz andere Möglichkeiten, denn das Stück
     enthält ein 20,96   Sekunden langes Klaviersolo, das längste unter allen erfolgreichen Popstücken der jüngeren Musikgeschichte. Und tatsächlich
     finden sich immer wieder Tänzer, die zu diesem Solo tanzenderweise Luftklavier spielen und dabei so wirken, als wollten sie
     mit der Hand ein Feuer ersticken. Das ist schon irre komisch für die Umstehenden, doch der wahre Glückliche ist in diesem
     Moment der Luftsolist: Diese völlige Selbstaufgabe, dieses Negieren von Intellekt und 250   Jahren Aufklärung, dieses monumentale Gegenteil von cool, diese entrückte Ekstase – ein echter und immerhin 20,96  
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