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Die kleinen Freuden des Lebens

Die kleinen Freuden des Lebens

Titel: Die kleinen Freuden des Lebens
Autoren: Stefan Maiwald
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Geschwindigkeitwie zuvor Kurs auf Christian, der mit in die Hüften gestützten Händen in der Ferne zu erkennen war. Manchmal fuchtelte er
     mit den Armen in der Luft oder rief etwas, aber ich verstand nichts, bis ich ganz nah bei ihm war. Als er mich in Empfang
     nahm, ließ ich mich ins Wasser plumpsen, welches allerdings ungebührlich flach und steinig war. Ich holte mir einen Bluterguss
     am Hintern. Christian lobte mich und half mir aus dem Wasser, nicht wegen des Blutergusses, sondern weil ich keine Kraft mehr
     in Armen, Beinen und dem Rest aller meiner Muskeln hatte. Ich legte mich ausgepumpt ans Ufer: als neuer Mensch, als Mann,
     der den See, das Rigg und das Board bezwungen hatte. Endlich ahnte ich etwas von dem berauschenden Glück, von dem Entdecker,
     Abenteurer oder Achttausender-Bezwinger immer wieder berichten.
    Dann machte Christian mit einer Digitalkamera Fotos von mir, mit Neoprenanzug und Board unter dem Arm. Beim Umziehen machte
     ich noch mit dem Handy ein Foto des Blutergusses, meiner erlittenen Sportverletzung, und mailte es umgehend meiner Frau in
     Italien, die am Abend sowohl über meinen seltsamen Humor als auch über meine offensichtliche Unsportlichkeit den Kopf schüttelte.
     Wie man sich auf dem Starnberger See ohne Wind beim Windsurfen verletzen könne, das solle ihr mal einer erklären.
    Christian mailte mir die Beauty-Fotos ein paar Tage später, und ich begriff den wahren Reiz des Surfens: Sieht ein Mann je
     schärfer aus als mit Neoprenanzug und Board unter dem Arm? Klar, die Werbung hat uns nie etwas anderes suggeriert als: Surfer
     = selbstbewusst,sorgenfrei, cool und muskulös. Der Neoprenanzug sorgte selbst bei mir für passable Linien, weil er den Bauchansatz einfach
     wegdrückte. Die Fotos haben auch meiner Frau gefallen.

Sich nicht entscheiden müssen
    D er
    einzig wahre Extremsport der heutigen Zeit. Sehr befriedigend.

In die Oper gehen, weil die Frau und die gesellschaftlichen Konventionen es so fordern
    U nd dann den Satz hören: »Der Tenor ist kurzfristig erkrankt, wir spielen die Oper mit einem Ersatztenor konzertant. Wenn
     Sie gehen wollen, bekommen Sie Ihr Geld selbstverständlich zurück.«

Im Freien essen
    S onne! Schnittchen! Gibt es etwas Feineres, als den Sommer draußen zu verbringen? Gibt es etwas Schöneres als – einen Biergarten?
     Doch, es gibt noch etwas viel Schöneres. Finden Banausen. Und nennen es Picknick. Nein, nein, nein. Bitte nicht. Kein Picknick.
     Es ist wunderbar, unter freiem Himmel in der Sonne zu sitzen. Doch was ist daran wunderbar, eine karierte Stoffdecke auszubreiten,
     edles Porzellangeschirr herauszuholen und zarten Brie auf frisches Baguette zu streichen? Das alles ist so, nun ja,
artifiziell
, und hinzu kommt ja noch die Schwierigkeit, Glücksmomente zu planen. Nirgends ist der Aufwand größer und der Ertrag geringer
     als bei einem Picknick. Geschirr, Besteck, Servietten, Trinkgläser, Tupperware, Weinkühler, Korkenzieher: Irgendetwas fehlt
     immer. Die Erwartungen sind so groß, dass die Enttäuschung noch größer ist – ein Sommertagsalptraum. Ein Picknick ist ein
     ebenso großer Mythos wie das »romantische Sonntagsfrühstück im Bett«. Wirklich sehr romantisch, wenn alles voller Krümel ist
     und der brühend heiße Kaffee in den Schoß schwappt.
    Zum Glücksmoment taugt kein Picknick. Sondern ein Biergarten, der uns blinzeln lässt, weil die letzten Sonnenstrahlendes Tages durch die Kastanienblätter blitzen. Ein Balkon, von dem aus wir dem Treiben in der Stadt zuschauen und dem Nachbarn
     auf der anderen Seite des Innenhofs zuwinken. Eine kleine Bar Ende April, die spontan draußen bestuhlt und uns das erste Getränk
     im Freien nach einem langen, harten Winter zelebrieren lässt. Das ist tiefes Durchatmen und ehrliches Glück.

Das Rascheln des Geldautomaten
    W enn es bei Menschen einen Pawlow’schen Reflex gibt, der die Wangen erröten und die Lippen feucht werden lässt, dann ist
     es das
ftftftftftftft
des Geldautomaten, das einem die herrliche Illusion vermittelt, die Welt stünde einem offen.

Kinderschokolade
    B ei der Planung dieses Buches war zwischen der Lektorin und dem Autor schnell klar: Marken gehören hier nicht hinein. Aber
     ist Kinderschokolade denn wirklich eine schnöde Marke oder nicht doch vielmehr Manna, das vom Himmel regnet und uns seit frühester
     Kindheit Trost und Glück spendet?
    Zunächst gibt es ja einiges gegen Kinderschokolade zu sagen. Zum Beispiel muss jedem Menschen von
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