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Die kleinen Freuden des Lebens

Die kleinen Freuden des Lebens

Titel: Die kleinen Freuden des Lebens
Autoren: Stefan Maiwald
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Mama. Die erste Dampflok, die ihre Kreise um den selbst gebauten Pappberg zog. Der Duft in der Garage
     erinnert uns an all das. Eine Garage ist ein Ausflug in die unschuldige Kindheit und in die pure Männlichkeit zugleich. Was
     die feministische Theorie untermauert, dass Männer wie Kinder seien – bloß größer gewachsen.
    Aus dem Wohnzimmer sind wir vertrieben, die Fernbedienung ist uns längst entrissen worden. Ins Schlafzimmer dürfen wir nur
     noch, wenn wir nicht schnarchen.Doch die Garage ist unser Revier, ohne Einschränkungen. Fürs andere Geschlecht ist sie Terra incognita, Frauen betreten sie
     eher ungern, denn sie fürchten sich vor Schmutz und Dunkelheit und Spinnweben. In den USA ist es sogar schon so weit gekommen,
     dass Männer ihre Zweitfernseher in der Garage aufstellen, um in Ruhe Footballmatches zu sehen. In der Garage müssen wir nicht
     darauf achten, ob die Kartoffelchips krümeln, und wir müssen auch nicht schnell aufräumen, weil nachher noch die Nachbarn
     rüberkommen. Wir können rauchen, ohne Rücksicht auf die Gardinen nehmen zu müssen. Wir dürfen einladen, wen wir wollen. Auch
     diejenigen unserer Freunde, die recht zweifelhafte hygienische Standards beherzigen, selbst für unsere Verhältnisse.
    Die Liebesgeschichte zwischen Männern und Garagen nimmt oft keinen guten Verlauf. Die meisten Männer wohnen inzwischen in
     Städten, wo es entweder keine Garagen gibt oder allenfalls obskure Duplex-Stellplätze – würdelose Hebebühnen für zwei oder
     mehr Autos, um Platz zu sparen. Doch Männern ohne Garage fehlt etwas. Schaut sie euch doch an, diese armen Kerle: Ihr Werkzeugkasten
     steht in der Küche unter der Spüle oder fristet im Besenschrank ein düsteres Dasein ohne Licht und Hoffnung. Welch schmähliche
     Aufbewahrungsorte für diese Insignien der Männlichkeit!
    Aus Höhlen kommen wir, in Höhlen wollen wir. In Höhlen mit hübsch aufgereihten Schraubenschlüsseln. Natürlich können keine
     zehn Prozent der Männer ernsthaft mit Schraubenschlüsseln umgehen oder würden sie gar täglich benutzen. Das trifft auch für
     mich zu, generell bin ich nicht gerade ein Dübelkönig. Doch der Höhlenmannhat ja auch nicht täglich ein Mammut erlegt, aber trotzdem eine veritable Speersammlung im Höhlenseparee aufbewahrt: kurze
     und lange, dicke und dünne, welche aus Eibenholz mit Feuersteinspitze und welche aus Birkenholz mit Quarzsteinspitze. Männer
     mögen es, vorbereitet zu sein. Und die Garage ist unser Waffenarsenal, mit dem wir gerüstet sind gegen die Widrigkeiten der
     Welt.
    Aber wenn der Motor Öl verliert, bringe ich das Auto doch lieber in die Vertragswerkstatt.

Ein Rezept nachkochen und es nicht versauen
    A lternative,
    wenn es doch schiefgeht: dreist behaupten, es sei genau so geplant gewesen.

Eine Familienfeier überstehen
    I ch liebe Familienfeiern. Unsere Familienfeiern finden in einem kleinen Ort im Weserbergland statt. Sie sind selten, weil
     die Familie außer im Weserbergland auch noch in Italien, Südafrika und Argentinien lebt, und wenn sich dann mal alles versammelt,
     dann trifft man sich im »Goldenen Hirschen«, der alle Klischees erfüllt, die man einem Dorfgasthof gemeinhin zuschreibt: ein
     altes Fachwerkhaus mit Kegelbahn. Eine rustikale Küche, in der man von Experimenten, die über das unterschiedliche Schärfen
     der Pilzsauce des Jägerschnitzels hinausgehen, verschont wird. Ein Abtritt, dessen Hygienestandards noch aus der Zeit vor
     dem Weltkrieg stammen – wohlgemerkt vor dem
Ersten
Weltkrieg; es gibt nicht mal Pissoirs, nur eine Rinne. Graue Gardinen. Ein riesiger Festsaal, der den Charme einer baufälligen
     Mehrzweckhalle versprüht. Natürlich Geweihe und Schützentafeln an der Wand, dazu vergilbte Zeitungsausschnitte, die dörfliche
     Höhepunkte der letzten Jahrzehnte zeigen, etwa die Eröffnung der Aral-Tankstelle am Ortseingang oder die 5 0-Jahr -Feier des Schützenvereins im Jahr 1963.   Über allem liegen zwei Zentimeter Nikotin, Schichten aus Tausenden Packungen filterloser Revals. An der Bar
    in der Gaststube sitzen Menschen mit Gesichtern, die nur der jahrelange Genuss hochprozentiger Alkoholika zu formen vermag.
    Ich fühle mich pudelwohl hier. Mit Überstehen meine ich: Ich habe noch nie irgendwo mehr essen wollen und müssen als auf einer
     unserer Familienfeiern. Selbst meine italienische Familie kommt da nicht mit. Da wir so selten gemeinsam feiern, ist es offenbar
     so, dass wir alles nachholen wollen und für
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