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Die kleinen Freuden des Lebens

Die kleinen Freuden des Lebens

Titel: Die kleinen Freuden des Lebens
Autoren: Stefan Maiwald
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es schwer in den adriatischen Kühltruhen. Was kann das armselige
     Wassereis, letztlich ja nur gefrorener und haarsträubend künstlicher Orangen- oder Zitronengeschmack, gegen »Super Baby« anrichten,
     »Super Cialdone«, »Harry Potter« oder »Yokona«? »Super Baby« beispielsweise besteht aus gedrechseltem Vanille-, Schokoladen-
     und Himbeereis, das mit Nussstreuselndurchsetzt, von einer Waffel umschlossen und einem Klacks Sahne gekrönt ist und sich um eine entkernte Kirsche in der Mitte
     rankt. Die Verpackung sieht aus wie ein japanischer Comic.
    Das Wassereis hingegen lebt in einer Papphülle vor sich hin, und es braucht erst einmal ein paar Momente, bis sich Eis und
     Pappe so weit getrennt haben, dass man den Block ein wenig herausdrücken kann. Dann folgt ein eigenartiger Lutsch-Kau-Prozess,
     der an einen nagenden Biber erinnert, denn Lutschen allein wirkt ein wenig obszön, weil es so unerhört an Fellatio erinnert,
     dass man entrüstete Blicke bekommt. Also nagt man sich das Wassereis hinein, wohl wissend, dass das Beste noch kommt. Denn
     am unteren Ende der Pappe sammelt sich im Laufe der Zeit eiskaltes Schmelzwasser mit Orangen- oder Zitronengeschmack. Und
     diese Vorfreude auf den letzten Schluck ist es, die einem den Eisgenuss zusätzlich versüßt. Hat man den Feststoff weggeknabbert
     und die Kälteempfindlichkeit seiner Zahnhälse ausgetestet, setzt man zum finalen Schluck an, dessen Kälte, Frische und Aggregatform
     so unvermittelt wirken und die Geschmacksnerven dermaßen schockieren, dass es einem Tränen in die Augen treibt. Ach, herrlich.
     Da kommt kein anderes Eis mit. Und auch kein Leberwurstbrötchen.

Kerzenlicht
    A ber bitte ohne Dinner.

Bergab radeln
    D iesen Glücksmoment hat man sich redlich verdient, denn zuvor ist man ja bergauf geradelt, und ich kenne keinen, der nicht
     irgendwann über diese Schinderei geflucht hätte, und sei es der leidensfähigste Radfahrer aller Zeiten. Im Zeitalter des Verbrennungsmotors
     gibt es kaum etwas Absurderes, als der Zivilisation auf diese Art zu entsagen. Wäre das Bergauf-Radeln eine noch nie dagewesene
     Leistung wie das Durchqueren der Sahara mit Hundeschlitten oder der Gang zum Nordpol auf Rollschuhen, würde man wenigstens
     Unsterblichkeit oder zumindest eine Fußnote in einem Geschichtsbuch erlangen. Aber so bleibt nur der Sieg über einen geheimnisvollen
     Mitbewohner des eigenen Körpers, der sich Schweinehund nennt und offenbar nur da ist, um immer wieder überwunden zu werden,
     jedenfalls von all diesen asketischen Typen, die sich trotz akuten Durchfalls weigern, beim Marathon aufzugeben.
    Bergauf radeln bringt keinen Erkenntnisgewinn wie vielleicht die Besteigung des höchsten Berges der Welt ohne Sauerstoffgerät,
     denn das schafft bei aller Anstrengung doch wenigstens einen ordentlichen Höhenrausch und, bei klarer Sicht, einen netten
     Blick über die Welt.
    Aber bergauf zu radeln, um anschließend bergab radeln zu können – das macht Sinn. »Macht Sinn« gibt es im Deutschen eigentlich
     nicht, der schlampige Ausdruck kommt vom englischen »to make sense«, aber hier trifft der Anglizismus wunderbar zu: Man
macht
sich seine Wirklichkeit, man kreiert seinen eigenen Glücksrausch. Auch wenn man davor durch die Hölle muss. Denn den Scheitelpunkt
     überwunden zu haben und es dann einfach rollen zu lassen, der Wind fegt einem den Schweiß vom Gesicht, und die Landschaft
     links und rechts reduziert sich zu farbigen Strichen: großartig.

Eine Frau mit französischem Akzent
    P ardon, aber wir Männer sind diesbezüglich schwach. Es reicht schon die Vorstellung eines französischen Akzentes, was auch
     der einzige hinreichende Grund für uns war, für ›Die fabelhafte Welt der Amelie‹ ein Billett an der Kinokasse zu lösen.

In der Garage werkeln
    D er Duft von Benzin! Der Duft von Motoröl! Der Duft von warmem Gummi! Der metallische Duft (ja, Metall duftet!) der Schraubenschlüssel,
     die nach Größe aufgereiht an der Wand hängen! Die warme Muffigkeit einer Garage gibt uns ein sehr eigenes, sehr rustikales,
     kaum zu beschreibendes Gefühl von Heimat. Vermutlich liegt alles an den Modelleisenbahnen. Modelleisenbahnen (vor allem Märklin,
     Spur H0) verströmen ein ganz besonderes Aroma. Das Gemisch aus Stahl, Staub und Schmierstoff ist der Geruch unserer Kindheit,
     und diesem Geruch jagen wir unser Leben lang nach, denn er verkörpert unsere besten Erinnerungen: die Bastelstunden mit Papa.
     Der heiße Kakao von
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