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Die kleinen Freuden des Lebens

Die kleinen Freuden des Lebens

Titel: Die kleinen Freuden des Lebens
Autoren: Stefan Maiwald
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Einen Internetanschluss installiert haben
    D er Internetanschluss ist das Ikea-Regal des dritten Jahrtausends. Heute sind Internetanschlüsse genauso verbreitet und selbstverständlich
     wie Billy und Ivar, und wie bei Billy und Ivar würde man sich komplett lächerlich machen, würde man in diesen modernen Zeiten
     einen Freund bitten, beim Einrichten zu helfen. »Das geht doch von allein«, höre ich in Sachen Internet immer von meinen versierten
     Freunden, oder »leg die CD ein und fertig«. Ich will mich jetzt hier nicht kleiner machen als ich bin, was ja gerade in technischen
     Dingen bei mehr oder weniger launig schreibenden Autoren sehr in Mode ist, aber klar ist: Ich möchte mal die »Das geht doch
     von allein«-Sager sehen, wenn sie einen gewöhnlichen Internetanschluss
nicht auf einem PC, sondern auf einem Apple installieren müssen
. Dann nämlich geht das Grauen erst los. Zuerst wird man als Apple-Betreiber, der es wagt, einen Internetanschluss von T-Online oder AOL zu begehren, im winterlichen Morgengrauen von vier vernarbten Ex-Schwergewichtsmeistern in Pelzmützen aus dem Bett
     gezerrt, aus dem Haus getragen und mit
    verbundenen Augen in einen rostigen Lada geworfen. Nach stundenlanger, kurvenreicher Fahrt wird man vor ein Tribunal gestellt,
     dessen Richter, der hinter einem Block aus tiefschwarzem Marmor zehn Meter über dem Geschehen sitzt, schon durch sein Hohnlachen
     zeigt, auf welcher Seite er steht: nämlich nicht auf der des Angeklagten. Der Staatsanwalt, ein Mensch mit dicker Brille und
     zurückgegeltem Haar, steht nur zehn Zentimeter vom Angeklagten entfernt und brüllt ihn an: »Apple haben Sie? Wollen Sie sich,
     Ihre Familie und Ihr Vaterland denn vollends lächerlich machen?« Der Richter zischelt jedes Mal mit seinen nassen Lippen,
     wenn das Wort »Apple« fällt. »Aber die meisten Journalisten arbeiten auf App…«, versucht der Angeklagte mit brechender Stimme
     einzuwenden, bis ihm einer der pelzmützentragenden Schwergewichtler die Faust in den Magen rammt.
    Ich weiß nicht, warum es inzwischen batteriebetriebene Kochlöffel gibt, die, sobald die Spaghetti im brodelnden Salzwasser
     den richtigen Biss erreicht haben, den Triumphmarsch aus ›Aida‹ spielen können, aber keine CDs, auf denen die Internetinstallation
     für PC
und
Apple drauf ist. Oder warum es dem Internet nicht möglich ist, einen Apple-Zugang genauso gleichmütig zu akzeptieren wie einen
     P C-Zugang . Und hier endet die Analogie zu Billy und Ivar, denn während man eine fehlende Schraube noch irgendwie überschummeln kann
     (zum Beispiel, indem man ins entsprechende Regal nur federleichten Nippes stellt statt den kompletten Dostojewski – wichtig
     ist bloß, sich ein Leben lang daran zu erinnern), kann man den Internetanschluss nicht simulieren. Entweder ist man drin oder
     man ist es nicht.
    Aber zweifellos ist die Befriedigung für Apple-User am größten, haben sie es denn endlich geschafft. Sie sind nicht mehr Menschen
     zweiter Klasse. Sie sind dabei. Sie lieben ihren Apple wieder. Und sie surfen nicht so nonchalant herum wie P C-User , die tatsächlich nur eine CD einlegen mussten. Sondern sie wissen, welches Privileg sie haben: Im Schweiße ihres Angesichts
     und mit ungeheurer schöpferischer Energie haben sie sich einen Zugang zum Paralleluniversum geschaffen.

Das perfekte Pils
    E s stimmt ja: Deutsche Reisegruppen an überhitzten mediterranen Kulturstätten (Pisa, Pompeji, Kreta) erkennt man daran, dass
     sie sich alle naselang auf irgendeiner umgestürzten Säule niederlassen, den Schweiß von der Stirn wischen und »Ach, jetzt
     ein kühles Blondes« seufzen. Und wir sollten uns nicht über sie lustig machen: Unsere armen Landsleute haben völlig recht.
     Was gibt es Angenehmeres, Edleres, Durstlöschenderes als ein Pils mit majestätisch weißer Krone in einer gläsernen, mit Kondenswasser
     überzogenen Hülle? Pils ist ein gutes, mit Liebe in drei bis vier (und natürlich nicht in sieben) Minuten gezapftes Getränk,
     das Menschen zähmt, verbrüdert und gut schlafen lässt.
    Es ist diese immer wieder überraschende Bitterkeit, die Kenner mit »herb« beschreiben und die vom Hopfen herrührt, die den
     Pilsgeschmack dominiert, im Gegensatz zu dem eher malzigen, frischen, ja sogar süßlichen Geschmack des Weißbiers, des Hellen
     oder all dieser angelsächsischen Abarten wie Ale oder Lager oder Guinness. Nein, wer seine Jugend mit Jever oder Flens verbracht
     hat, der mag nicht mehr
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