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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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sie kaufte dieses für den geringen Grundpreis von sechsundvierzigtausend Franken; die Nebenkosten betrugen etwa sechstausend Franken, so daß die Gesamtausgabe sich auf zweiundfünfzigtausend Franken belief. Die Einzelbeschreibung dieser Besitzung im Stil einer Verkaufsanzeige und die durch die Bemühungen des Herrn Thuillier erzielten Resultate werden erkennen lassen, auf welche Weise im Juli 1830 so viele Vermögen sich neu zu bilden begannen, während vorhandene Vermögen zurückgingen.
    Nach der Straße hin besaß das Haus eine Fassade aus Gipsputz, der sich mit der Zeit geworfen hatte, und auf der mit der Maurerkelle Einschnitte gemacht waren, wodurch Hausteine vorgetäuscht werden sollten. Diese Häuserfassaden sind so verbreitet in Paris und so häßlich, daß die Stadt Preise für Grundbesitzer aussetzen sollte, die neue Fassaden in Hausteinen herstellen. Die grau gewordene, sieben Fenster breite Vorderfront war drei Stockwerke hoch, über denen Mansarden unter einem Ziegeldache sich befanden. Das dicke, solide Seitentor zeigte in Form und Stil deutlich, daß der nach der Straße zu gelegene Flügel zur Zeit des Kaiserreichs errichtet war, um einen Teil des Hofes damals, als das Quartier d'Enfer sich noch einer gewissen Gunst erfreute, für eine sehr geräumige alte Wohnung auszunutzen.
    Auf der einen Seite war der Portier untergebracht, auf der andern befand sich die Treppe des Vorderhauses. Die beiden Flügel, die an die Nachbarhäuser stießen, waren früher für Remisen, Ställe, Küchen und Gesindezimmer des Hinterhauses verwendet worden; seit dem Jahre 1830 aber hatte man sie in Lagerräume umgewandelt.
    Die rechte Seite hatte ein Papierhändler en gros, in Firma M. Métiviers Neffe, gemietet; die linke ein Buchhändler namens Barbet. Die Bureaus der beiden Kaufleute befanden sich über ihren Lagerräumen, die Wohnung des Buchhändlers im ersten, die des Papierhändlers im zweiten Stock des Vorderhauses. Métivier war weit mehr Agent in der Papierbranche als Kaufmann, Barbet mehr Darlehnsgeber als Buchhändler, und beide benutzten die ausgedehnten Lagerräume, der eine um Partien von Papier, die er in Bedrängnis geratenen Fabrikanten abgekauft hatte, der andere, um Auflagen von Büchern, die ihm als Pfand für Darlehen gegeben waren, unterzubringen.
    Der Haifisch des Buchhandels und der Hecht des Papiergeschäfts lebten im besten Einvernehmen miteinander, und ihre Tätigkeit, die nichts von der Geschäftigkeit des Detailhändlers hatte, ließ nur selten Wagen in diesem Hofe erscheinen, der so unbenutzt dalag, daß der Portier das Unkraut, das zwischen einzelnen Pflastersteinen wuchs, ausjäten mußte. Die Herren Barbet und Métivier, die hier bloß eine Statistenrolle zu spielen haben, machten ihren Hauswirten nur selten einmal einen Besuch, zählten aber, da sie ihre Miete pünktlich bezahlten, zu den guten Mietern; sie galten in den Augen der Familie Thuillier als sehr anständige Leute.
    Der dritte Stock des Vorderhauses enthielt zwei Wohnungen: die eine hatte ein Herr Dutocq, Gerichtsvollzieher beim Friedensgericht, ein pensionierter Beamter, inne, der zu dem ständigen Kreise der Thuilliers gehörte; die andere bewohnte der Held dieser Erzählung: für jetzt mag es genügen, die Höhe seines Mietzinses anzugeben, der siebenhundert Franken betrug, und die Stellung zu kennzeichnen, die er inmitten dieses Hauses drei Jahre vor dem Augenblick eingenommen hatte, in dem sich der Vorhang vor dieser häuslichen Tragödie hebt.
    Der Gerichtsvollzieher, ein Junggeselle im Alter von fünfzig Jahren, hatte die größere der beiden Wohnungen des dritten Stocks inne; er hielt sich eine Köchin und zahlte tausend Franken Miete. Zwei Jahre nach dem Erwerb des Grundstücks hatte Fräulein Thuillier ein Einkommen von siebentausendzweihundert Franken aus ihrem Hause, das der letzte Besitzer mit Jalousien ausgestattet, im Inneren restauriert und mit Spiegeln versehen hatte, ohne es verkaufen oder vermieten zu können; und die Thuilliers, die, wie man sehen wird, eine großartige Wohnung besaßen, erfreuten sich außerdem eines der schönsten Gärten dieses Viertels, dessen Bäume die kleine stille Rue Neuve-Sainte-Cathérine beschatteten.
    Der Flügel, den sie bewohnten, zwischen Hof und Garten gelegen, verdankte anscheinend sein Dasein der Laune eines reich gewordenen Bürgers unter Ludwig XIV., eines Parlamentspräsidenten, oder es war die Behausung eines stillen Gelehrten gewesen. Seine schöne, von der Zeit
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