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Die Kleinbürger (German Edition)

Die Kleinbürger (German Edition)

Titel: Die Kleinbürger (German Edition)
Autoren: Honoré de Balzac
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angegriffene Hausteinfassade hatte etwas von der Großartigkeit der Zeit Ludwigs XIV.; die Rustika stellten Steinschichten dar, die roten Ziegelsteinmuster erinnerten an das Aussehen der Versailler Pferdeställe, die Rundbogenfenster hatten Masken als Schmuck der Schlußsteine der Bögen und unterhalb des Gesimses. Durch die Tür, die in ihrem oberen Teile mit kleinen viereckigen Scheiben versehen, in ihrem unteren glatt geschlossen war, sah man in den Garten; sie zeigte den soliden unaufdringlichen Stil, den man so häufig an den Pavillons der Portiers bei königlichen Schlössern sieht.
    Dieser Pavillon mit fünf Fenstern hatte über dem Parterre zwei Stockwerke und zeichnete sich durch ein viereckiges Dach mit einer Wetterfahne aus, das von großen schönen Schornsteinen und Oeils-de-boeuf-Fenstern durchbrochen war. Vielleicht war dieser Bau der Rest irgendeines großen Privathauses; aber in den alten Plänen von Paris ist nichts zu finden, was diese Annahme rechtfertigte; im übrigen nennen die Akten des Fräuleins Thuillier als Besitzer unter Ludwig XIV. Petitot, den berühmten Emailmaler, der dieses Grundstück von dem Präsidenten Lecamus erworben hatte. Es ist anzunehmen, daß der Präsident diesen Pavillon bewohnte, während er sein berühmtes Haus in der Rue de Thorigny erbauen ließ.
    Die Richterschaft und die Kunst hatten also beide hier gehaust. Aber mit welchem reichen Verständnis für das Nötige wie für das Angenehme war auch das Innere dieses Pavillons eingerichtet worden! In dem viereckigen Saal, der ein abgeschlossenes Vestibül bildete, befand sich rechts eine steinerne Treppe, die durch zwei Fenster nach der Gartenseite hin erhellt wurde; unter der Treppe war die Tür zum Keller. Vom Vestibül ging es in ein Speisezimmer, dessen Fenster auf den Hof hinaussahen. An das Speisezimmer schloß sich seitlich eine Küche an, die an Barbets Lagerräume grenzte. Hinter der Treppe nach dem Garten zu befand sich ein prächtiges, längliches, zweifenstriges Arbeitszimmer. Der erste und der zweite Stock enthielten zwei vollständige Wohnungen, die Dienstbotenzimmer lagen unter dem viereckigen Dache hinter den Oeils-de-boeuf-Fenstern. Ein prachtvoller Ofen schmückte das geräumige, quadratische Vestibül; die beiden einander gegenüberliegenden Glastüren gewährten das erforderliche Licht. Dieser mit einem Fußboden von schwarzem und weißem Marmor versehene Raum zeichnete sich durch eine Decke mit vorspringenden Balken aus, die, früher farbig und vergoldet, zweifellos unter dem Kaiserreich glatt weiß überstrichen worden waren. Gegenüber dem Ofen war ein Springbrunnen aus rotem Marmor mit einem Marmorbassin angebracht. Über den drei Türen des Arbeitszimmers, des Salons und des Speisezimmers enthielten die ovalen Rahmen der Sopraporten Bilder, deren Restaurierung mehr als nötig war. Das Holzwerk war plump, zeigte aber feine Ornamente. Der ganz in Holz getäfelte Salon erinnerte mit seinem Kamin aus Languedoc-Marmor, seinen Deckenverzierungen und der Form seiner mit kleinen quadratischen Scheiben versehenen Fenster an das große Jahrhundert. Das Speisezimmer, in das eine zweiflügelige Tür aus dem Salon führte, hatte Steinfußboden; es war in naturfarbenem Eichenholz getäfelt und an Stelle der alten Wandbehänge mit einer abscheulichen modernen Tapete versehen. Die Decke war aus geschnitztem Kastanienholz hergestellt, das unberührt geblieben war. Das von Thuillier modernisierte Arbeitszimmer erhöhte noch die Disharmonie.
    Das Gold und Weiß der Gesimse des Salons war so verändert, daß man an Stelle des Goldes nur noch rote Linien sah, während das gelb und streifig gewordene Weiß abblätterte. Ein schönerer Kommentar zu dem lateinischen Worte Otium cum dignitate als diese Wohnung wäre für einen Poeten nicht zu finden gewesen. Die Schmiedearbeit des Treppengeländers war eines Richters und eines Künstlers würdig; um aber in dem, was heute von dieser majestätischen Antiquität übriggeblieben war, ihre Spuren wiederzufinden, dazu bedürfte es der Späheraugen eines Künstlers.
    Die Thuilliers und ihre Vorgänger haben dieses Kleinod der vornehmen Bourgeosie durch die Lebensweise und die Erfindungen des Kleinbürgertums entstellt. Man braucht bloß auf die Nußbaumstühle mit Roßhaarbezug zu achten, auf den mit Wachstuch überzogenen Mahagonitisch, die Mahagonibuffets, den bei einem Gelegenheitskauf erworbenen Teppich unter dem Tische, die Lampen aus Zinkguß, die billige Tapete mit roter
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