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Die Kirschblueten aller vergangener Jahre

Die Kirschblueten aller vergangener Jahre

Titel: Die Kirschblueten aller vergangener Jahre
Autoren: Uwe Lanquillon , Klaus Leimann
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Harald war ein hübscher Kerl, ein wenig trocken, aber das trieb ich ihm schnell aus. Er war durch seinen Beruf gebrandmarkt: Immer nur Lesen. Berge von Manuskripten durchschauen. Tagaus, tagein und das meiste davon Mist. Du glaubst ja gar nicht, was die so genannten Dichter alles von sich geben: verstiegene Geschichten und unverdauliche Lyrik, aber nichts Vernünftiges. Harald erklärte mir, wie man solche Liebesromane schreibt UND erfolgreich vermarktet. >Das Wichtigste sind erst einmal Beziehungen, sagte er. Die hast du
    mit unserem Verleger. Du könntest glatt etwas schreiben, das besser als „Romeo und Julia“ ist - ohne Beziehungen bleibt es in deiner Schreibtischschublade. Denn so einen literarischen Eintopf a la Isolde Collins, den kann jeder schreiben. Die meisten Autoren sind dazu unfähig, weil sie  zu gut sind!<
     
    BR
    Ihr seid also beide in die Lehre gegangen. Er in deinem Bett. Und dir verriet er das  Rezept für deine Welterfolge.
     
    MEB
    In gewisser Hinsicht j a. > Zuerst müssen wir dir eine Legende stricken<, klärte Harald mich auf. >Es wäre enttäuschend für die Leserinnen, wenn sie entdecken müssten, dass die Autorin dieser Schmachtfetzen genau so ein schlichtes Gemüt ist wie sie selber. Die Geschichten müssen durch die Legende der Autorin glaubwürdig und im gleichen Maße unerreichbar sein. Denn niemand von den Upper-Ten liest solche Romane! Warum? Ganz einfach! Weil sie die besten Bordelle kennen!
     

BR
    Moment! Die Männer vielleicht. Doch was ist mit den Frauen in diesen Kreisen? Du willst mir doch nicht erzählen, dass  auch die ... Also, ich habe schon viele Frauen als Kundinnen gehabt, aber…
     
    MEB
    Der Adel und die Upper-Ten haben ganz andere Spielregeln und Zerstreuungen als das gewöhnliche Volk mit Karneval, Fußball und Stadtteilfest. Egal, ob Männlein oder Weiblein. Brot und Spiele sind ein Rezept von ihnen für ihr Fußvolk, damit das Knechten nicht so schwer fällt. Die Geschichten in meinen  Romanen sind die Träume der anständigen biederen Kleinbürger, dieses graue Heer aus Versagern. >Als nächstes brauchst du einen RICHTIGEN Namen<, erklärte Harald, >etwas geheimnisvoll, vielleicht ungarischer Adel. Frage einmal deinen Mann, ob er dir da weiterhelfen kann! Die Geschichte selbst muss für unsere Leserinnen immer in einem exotischen Umfeld spielen. Also, Adel, Revolution, Finanzwelt, Krieg, was du willst: Einfach alles, was außerhalb ihrer öden Welt, ihren langweiligen Schlafzimmern, ihren trostlosen Büros und Fabriken spielt. In einem guten Handbuch für Autoren habe ich einmal den Ratschlag gelesen: Ein guter Roman besteht aus Kämpfen und Ficken. Oder romantischer ausgedrückt: aus Konflikt und Liebe. 
     
    BR
    Ist das nicht ein sehr zynisches Rezept?
     
    MEB
    Vielleicht, aber die Leserin möchte auch gerne ihre Illusion geliefert bekommen. Denn in ihrem Leben ist ja alles geordnet

und entsetzlich eintönig. Und SEHR wichtig: Die Liebe darf  KEIN endgültiges HAPPY END finden. Ist dir schon einmal aufgefallen, dass die berühmtesten Liebespaare der Weltliteratur alle sterben? Romeo und Julia, Tristan und Isolde, Hero und Leander, um einige Beispiele zu nennen. Selbst in den Wildwest-Filmen reitet der Held zum Schluss immer einsam in den Sonnenuntergang über die Berge. Er kann nicht bei der Liebsten bleiben, dann käme der Alltag.  Es ist das gleiche Prinzip. Oder bei einem der Partner muss eine unheilbare Krankheit ausbrechen, das geht auch. Oder in den Krieg ziehen,  im Gefängnis schmachten, irgendetwas in der Art,  es kann nicht dicke genug sein.  Harald und ich entwickelten  so nach und nach unser Konzept. Nebenbei lernte ich passabel Tennis und Golf spielen. Ich übte mich darin, Austern, Kaviar und Hummer zu essen und Champagner zu trinken. Und ich lernte Ungarisch!! Mein erster Roman sollte unter dem Namen Mara Belinda erscheinen. Wir verbreiteten das Gerücht, dass es sich bei Mara Belinda vermutlich um das Pseudonym eines weiblichen Mitglieds aus altem ungarischem Adel handele.
     
    BR
    Wie raffiniert und verschlagen!  Aber glaubst du nicht, dass du bei so viel kaltschnäuziger Kalkulation etw as in deinem Leben versäumt hast?
     
    MEB
    Da bin ich aber gespannt, Bento! Leg los!
     

BR
    Hast du selber niemals  die wirkliche Liebe erlebt? Du rührst die Millionengemeinde deiner Leser zu Tränen! Aber warst du jemals wirklich verliebt, hattest du auch nur einmal in deinem Leben Schmetterlinge im Bauch? Ich weiß, mein Job ist
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