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PR 2691 – Der Howanetzmann

PR 2691 – Der Howanetzmann

Titel: PR 2691 – Der Howanetzmann
Autoren: Hubert Haensel
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Prolog
     
    »Gleich ...!«, behauptete der Bewusstseinszwilling ungeduldig. »Gleich wird es so weit sein. Ich weiß es genau, ich spüre es ...«
    Der Kommandant schwieg. Er konzentrierte sich auf sein Ebenbild, das er aus einer Laune heraus erschaffen hatte. Das Ergebnis war anders, als würde er nur in ein Spiegelfeld blicken und sich selbst darin erkennen. Der Zwilling war ungewohnt, im Vergleich zum Spiegelbild seitenverdreht – in der Tat sein zweites, anderes Ich.
    »Das Schiff verlässt den Überraum!«, meldete der Bordrechner.
    Ortungsdaten füllten die bis eben leeren Holokuben. In einer Bildstaffel verfeinerten sich Tausende relevanter Messwerte. In einer anderen standen die Sterne der Zielgalaxis in verheißungsvoller Pracht, als brauchte man nur die Hand nach ihnen auszustrecken, um sie einzufangen.
    Verheißungsvoll?
    Bald würde sich herausstellen, ob wirklich verheißungsvoll oder eher bedrohlich. Der Kommandant legte die Ohren an, sein mentaler Zwilling tat es ihm gleich. Sie waren einander also doch ähnlicher als Ungeduld bei dem einen und gelassenes Abwarten beim anderen.
    Schon körperliche Zwillinge müssen nicht identisch sein, überlegte der Kommandant. Mentale Zwillinge sind es offenbar sehr viel weniger.
    Hatte er nicht genau das erwartet? Nachdenklich kratzte er sich am Kinn. Sein Ebenbild, das andere Ich, hob herausfordernd den Blick: »Willst du dich nicht um mein Schiff kümmern? Wir haben das Ziel beinahe erreicht.«
    Mein Schiff? Eine Unverfrorenheit, das zu behaupten.
    Ich bin der Kommandant, nicht du! Aber das sagte er nicht laut, sondern: » Unser Schiff, wennschon.«
    Mit einer ungeduldigen Handbewegung veranlasste der Zwilling den Bordrechner, alle Arbeitsholos zu überlappen. Die Ortungsdaten flossen mit den optischen Erfassungen zusammen und verwoben sich zu einer belebten Animation: Die geräumige Raumschiffszentrale schien mit einem Mal nicht mehr zu existieren. Für den Kommandanten entstand der Eindruck, dass er schutzlos im All schwebte.
    Sein Unterbewusstsein rebellierte und schrie nach einem Raumanzug.
    Sich selbst musste er nicht beweisen, dass ihm keine Gefahr drohte. Trotzdem atmete er tief ein. Er ließ sich nur verunsichern, weil einige Schritte vor ihm sein Zwilling schon auf die kleine gelbe Sonne zuging.
    Als fühlte er sich beobachtet, wandte sich der mentale Doppelgänger um, hob einen Arm und winkte.
    »Komm schon!«, rief er ungeduldig. »Die Zeit bleibt für uns nicht stehen, wir müssen weiter. Dort hinüber!«
    Der Zwilling zeigte nicht auf die Sonne, sondern an ihr vorbei.
    Als schmale Sichel war der Planet zu sehen. Das System hatte nur diesen einen, und dieser war nicht einmal sonderlich groß.
    Neue Ortungsdaten blendeten auf. Eine kahle Welt, keine nennenswerte Atmosphäre. Viele Krater; ausgedehnte Gebirgszüge; Ebenen, die vielleicht vor einer Ewigkeit Meeresboden gewesen waren. Vereinzelt helle Bereiche, die aus der graubeigefarbenen Melange der Eintönigkeit hervorstachen.
    Kristallwälder!, verriet die Ortung.
    Der Kommandant riss die Augen auf. Zu wenig Interessantes, fand er, obwohl Kristallwälder stets eine gewisse Faszination verbreiteten.
    Linien entstanden vor ihm in der Schwärze. Sie zeichneten ein Dreieck, das er aus einer sehr flachen Perspektive sah. Zugleich blendeten sich Erläuterungen in seine Gedanken ein.
    Ein gleichseitiges Dreieck. Seitenlänge 1,8 Lichtjahre.
    Einer der Eckpunkte dieses Dreiecks war das Ein-Planeten-System.
    Der Kommandant ließ seinen Blick an den Linien entlanghuschen und erreichte den zweiten Punkt.
    Der Bewusstseinszwilling war schon da. Staunend blickte das andere Ich auf die wirbelnden Schleier aus Schwärze und Energie – im Zentrum das vermeintliche Nichts, lichtlose Schwärze.
    »Hörst du, mein Kommandant?« Der Zwilling hielt den Kopf schief. Er lauschte. Ein verzücktes Lächeln huschte über sein Gesicht. »Es singt. Das Schwarze Loch singt berauschend schön.«
    Die Hyperkristalle des Planeten emittieren eine ungewöhnliche mehrdimensionale Strahlung, entsann sich der Kommandant weitaus sachlicher. Die Strahlung breitet sich über einen mehrere Lichtjahre durchmessenden Sektor aus und lässt das Schwarze Loch in Hyperresonanz mitschwingen. So gesehen ist der Kosmos voll von Tönen – eine einzige Kakofonie.
    Ein irritierter Blick des Zwillings traf ihn. Der Kommandant lachte leise; spöttisch, so empfand er es selbst.
    Er wandte sich dem dritten Eckpunkt zu. Der Aufriss im normalen
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