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Die Kirschblueten aller vergangener Jahre

Die Kirschblueten aller vergangener Jahre

Titel: Die Kirschblueten aller vergangener Jahre
Autoren: Uwe Lanquillon , Klaus Leimann
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eben geglaubt, dass sie dir als Vorbild gedient hat. Aber das kann nicht sein, du bist nicht hart wie ein Diamant, sondern heiß wie ein Vulkan. Weiß Gott!
     
    MEB
    Da gebe ich dir in jeder Hinsicht Recht, Bento! Da sagt e doch mein Chefredakteur zu dieser Collins, er wollte auch unbedingt mal was Gescheites sagen >Meine Mitarbeiterin Frau Ewers hier, hat auch ein großes Talent zum Schreiben. Ihre Interviews sind bei unseren Leserinnen sehr beliebt. Sie ist auf einem Gutshof geboren und groß geworden, Gnädigste!< Stell dir mal vor, ich hieß damals noch Ewers, Gisela Ewers! Mit solch einem Namen kannst du zwar Reportagen und Interviews unterzeichnen, aber keine Liebesromane veröffentlichen. Die Collins zeigte auf einmal richtiges Interesse an mir. >Schicken Sie mir doch ruhig mal ein paar Proben Ihrer Versuche, mein Kind! Ich habe immer ein offenes Ohr für Talente. Ich gehöre nicht zu denen, die überheblich junge Talente verlachen! < Ich habe gedacht, du alte Schachtel, solch einen kitschigen Mist hätte ich noch nicht einmal in meiner Pubertät zustande gebracht! Aber dann sagte ich  mir, warum eigentlich nicht? Wieder zurück in München, habe ich die Geschichte meiner Jugend kurz skizziert und ihr dann zugeschickt. Die Angelegenheit mit dem Hochstand habe ich natürlich aus Gründen der Schicklichkeit weggelassen.
     

BR
    D as also wurde dein erster Roman.
     
    MEB
    Nein, das war ein journalistischer Bericht. S chnell und nüchtern. Es waren wohl so um die dreißig Seiten. Ein paar Wochen später bekam ich einen handgeschriebenen Brief auf Büttenpapier von Isolde Collins: >Mein liebes Kind, ich reise morgen wieder in meine geliebten Highlands und habe eben noch Gelegenheit gehabt, auf die Schnelle Ihre Seiten durchzusehen. Es ist hier und da noch etwas ungeschliffen und eckig, doch ich sehe durchaus ein Talent bei Ihnen. Sie haben eine gute Beobachtungsgabe. Und wenn Ihnen das Glück einer großen Liebe wie mir zuteil wird, reift auch die Tiefe Ihrer Ansichten und Darstellung. So rate ich Ihnen, studieren Sie meine Werke. Sie können dort verfolgen, wie man einem tragischen Schicksal, aber auch einem großen Glück als Dichterin gerecht wird. Adieu! Ihre Isolde Collins<.
     
    BR
    Du hast dann also erstmal ihre Bücher studiert?
     
    MEB
    Ich hatte schon vor dem Interview in einer ihrer Schwarten geblättert. Geblättert, verstehst Du? Zum Lesen war es zu schlecht. Es war so kitschig und süßlich, dass es schon klebrig war. Alle Frauen hatten aristokratische Gesichter und Wangenknochen und Hälse wie aus Marmor gemeißelt. Die Männer waren ohne die Liebste alle keusch wie Tarzan und hatten Hände wie begnadete Pianisten oder Chirurgen. Und wenn sie sich dann endlich kriegten, nach einem Kuss auf die Stirn, dann ging das Licht im Schlafzimmer aus. So nach dem Motto: Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie heute noch.
     

BR
    tritt hinter Mara  und umfasst ihre Brüste.
     
    Also das pralle Leben, wie ich höre. Was ist aus deinem Manuskript geworden?
     
    MEB
    w ehrt Bento lachend ab
     
    Alles zu seiner Zeit, mein Hengst! Ich muss mich langsam auf meine Lesung einstimmen, Bento! Du kennst doch das Plakat für meine Lesung. Zu dieser noblen Dame muss ich mich jetzt innerhalb der nächsten Stunde verwandeln. Das ist nicht nur eine Sache der Kleidung. Es ist auch eine mentale Angelegenheit, du wirst es erleben. Also, sei ein braver Wallach und hole mir meine Strümpfe. Heute Abend jedoch, nach der Lesung erwarte ich, dass du wieder über den Oxer springst.
    Also, pünktlich zur Buchmesse erschien die Übersetzung ihres neuen Romans „Die Erbin von Blackstone“. Mein Schauspieler, dem ich  von dem Interview erzählt hatte, schenkte mir das Buch. Als ich dann mal so drinnen herumblätterte, dachte ich, mich trifft der Schlag! Sie hatte mein Manuskript verwurstet. Ich war die Erbin von Blackstone und mein Erzeuger, der Gutsherr, hat mich an sein Sterbebett gerufen und mich als seine leibliche Tochter anerkannt. Es war der letzte Roman dieser alten Schachtel. Und es war das Allerletzte! Ihr war kein Stoff mehr eingefallen und sie war dankbar über mein Manuskript hergefallen.
     
    BR
    Sie hat dich also betrogen und ausgenutzt!
     
    MEB
    Ja, sicher! Doch ich habe mich nicht lange darüber aufgeregt, das ist nicht meine Art. Ich sagte mir einfach: Jetzt schreibst du selber solchen schwülstigen Mist, das schaffst du nebenbei!
     

BR
    Und so wurde Mara Erzsébet Belinda geboren.
    BR geht 
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