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Die Kirschblueten aller vergangener Jahre

Die Kirschblueten aller vergangener Jahre

Titel: Die Kirschblueten aller vergangener Jahre
Autoren: Uwe Lanquillon , Klaus Leimann
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versuchen sie auf diese ungefährliche Weise nachzuholen, bei der man sich nicht verbrennen kann. Du brauchst dir nur das Fernsehprogramm zum Wochenende anschauen: Comedy bis zum Totlachen, Krimis mit psychophatischen Massenmördern, idiotische Quizsendungen, Fußball und alberne Abenteuerfilme. Am Wochenende hätten die Menschen überhaupt erst die Zeit, um etwas mit dem Leben anzufangen. Und was machen sie: sie saufen, kiffen, koksen  und schauen in die Röhre. Sie lassen sich ein aufregendes Leben vorgaukeln und retten sich in Träume. Sie lachen über alberne Scherze, weil in ihrem Leben es nichts zum Lachen gibt. 

Ich jedenfalls habe immer aus dem Vollen gelebt und nie einen Mann als einzelne Person geliebt. Ich habe die Männer als Gattung verehrt. Verehrt! Sie waren und SIND meine Luft zum Atmen, die Melodie meines Lebens, zu der ich tanze. Du meinst, ich hätte meine Karriere geplant und mich hoch gebumst? Weit gefehlt! So etwas machen die Frauen, die sonst sittsam und treu tun. Sie sind wache Buchhalterinnen. Sie machen nur die Beine breit, wenn anschließend die Bilanz für sie in den schwarzen Zahlen ist. Keiner meiner Liebhaber wird mir das nachsagen wollen. Wir beide wissen, dass ich dich für meine Vorlesungsreihe durch die Provinz geleast habe und dich spendabel wie einen Reitstall honoriere. Hast du das Gefühl, dass ich dich benutze oder dir nicht zugetan bin?
     
    BR
    Zugegeben. Wir haben eine klare Abmachung. Es ist nur
    ein Job für mich, a uch wenn du mich faszinierst. Ich habe noch nie eine Frau wie dich kennen gelernt. Du bist so... nein, du hast so unterschiedliche Seiten. Zu mir bist du direkt und ehrlich,  aber gleichzeitig verkaufst du mit einem Augenaufschlag so kitschige Geschichten, die du selber sarkastisch belächelst.
     
    MEB
    Natürlich ist es nur ein Job für dich, mehr soll es auch nicht sein. Aber ein Job, bei dem du das erste Mal in deinem Leben Maßhemde n trägst. Sie gefallen dir doch? Ja, wir haben eine klare Abmachung. Wir machen zusammen meine Vorlesungstournee, wobei du mir das langweilige Hotelleben ein wenig versüßt. Und wenn wir in sechs Wochen damit durch sind, dann können wir uns beim Abschied in die Augen schauen. Ich muss dann wieder nach Mailand. Dort wartet natürlich ein anderer Liebhaber auf mich. Natürlich fasziniere ich dich. Solche Frauen wie
     
     
     
     
     
    mich lernt man nicht alle Tage kennen, schließlich bin ich eine Künstlerin, die etwas in der Welt herumgekommen ist. Du betreust sonst wohl nur wohlhabende und vernachlässigte Ehefrauen, die es ihren Männern einmal heimzahlen wollen.
     
    BR
    Nein, Mara, auch hier liegst du wieder falsch. Natürlich sind auch Frauen dabei, die sich an ihren Männern rächen wollen. Aber die meisten wollen einfach nur reden oder sexuell wieder einmal befriedigt werden  wollen - wie du!
     
     
    MEB
    Jetzt machst du mich aber eifersüchtig, Bento! Doch ich will dir weiter von München erzählen. Eines Tages interviewten wir die bekannte englische Schriftstellerin Isolde Collins. Sie schreibt diese Schmachtfetzen, die im englischen Adel spielen. Sie machte gerade eine Kur in Baden-Baden. Das Interview übernahm unser Chefredakteur höchstpersönlich, aber ich durfte mitkommen und ihm assistieren.  Die Collins hatte im besten Hotel, dicht bei der Spielbank, eine Suite gemietet. Sie hatte Geld wie Heu durch ihre Schreiberei. An der Rezeption legten sie fast einen roten Teppich für uns aus, als wir erklärten, dass die Collins uns erwartete. Sie empfing uns wie eine Herzogin in ihrem Salon. Sie war schon eine ziemlich alte Schachtel, darüber konnten auch ihre Diamanten nicht hinwegtäuschen. Natürlich trug sie nur Kleider von Chanel und Dior, aber ihre Falten hatte ihr keiner mehr glatt bügeln können. Zu unserer Überraschung sprach sie sehr gut Deutsch, allerdings mit einem gekünstelt wirkenden britischen Akzent. Mir konnte sie nichts vormachen, denn sie verriet sich. Als sie nämlich einen Anruf hatte und Englisch sprach, hatte sie

komischerweise einen deutschen Akzent. Kein Wunder. Sie war Deutsche! Das gehörte auch zu ihrer Legende, dass sie Engländerin sei. Bei Tee und englischem Gebäck wickelte sie unseren Chefredakteur ein. Sie gaukelte ihm vor, als hätte sie selber diese tragischen Liebesaffären durchlebt und nur durch ein Wunder ihren Tristan überlebt. Ich habe später ihr Leben recherchiert, sie war eine Lesbe und härter als ihre Diamanten.
     
    BR
    Für einen A ugenblick habe ich
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