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Totsein ist Talentsache (German Edition)

Totsein ist Talentsache (German Edition)

Titel: Totsein ist Talentsache (German Edition)
Autoren: Alkestis Sabbas
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1945
    Warum Lainz?
Weil es in einer ruhigen Gegend liegt. Weil sich die meisten Leute auf dem
großen Areal ohnehin verlaufen. Und weil das Anwesen wie jeder alte
Gebäudekomplex eine Menge unscheinbare Ecken und versteckte Räumlichkeiten
bietet.
    In
einem unterirdischen Labor arbeitet ein Team von Wissenschaftlern an einem
höchst geheimen und äußerst wichtigen Projekt. An einer Superdroge, die
schnelle Heilung von Krankheit und Verletzungen ermöglicht. Der Krieg, der da
draußen seit Jahren tobt, hat schon zu viele Opfer gefordert. Nun sollen
wenigstens jene, die überlebt haben, die beste medizinische Versorgung
erhalten.
    Und man sollte doch meinen, dass es den Forschern
gelingt. Immerhin entsprechen diese gehetzten Seelen so ziemlich jedem
Klischee, das im Laufe der Zeit gezeichnet worden ist: Das weiße Haar struppig,
der Laborkittel voller Spuren vergangener Misserfolge, das rechte Auge stets
aufmüpfig zuckend, wenn es nicht durch ein Mikroskop oder in ein Reagenzglas
blicken darf. Die Wissenschaftler schlechthin. Und gerade jenen gelingt
doch immer irgendwann der Durchbruch, nicht wahr?
    Seit drei Jahren laufen nun schon die Experimente. Hunderte
missglückte Versuche liegen hinter den Männern. Die Opfer dieser Fehlschläge
liegen hinter dem Haupthaus unter der Erde. Ein Friedhof der Kuscheltiere.
    Heute scheint
sich endlich ein Durchbruch abzuzeichnen: Felix Österreicher, Laborassistent
und Mädchen für alles, gelingt das Unglaubliche. Wenn auch eher zufällig. Felix
ist zwar ein brillanter Kopf, aber auch ein Chaot durch und durch. Bei seinem
neuesten Versuch, das Futtermittel für die Versuchstiere schmackhafter zu
machen, greift er zu den falschen Mitteln.
    Eilig mischt Felix den Inhalt einiger Fläschchen, die
ganz hinten im Regal ihr Dasein fristen, mit etwas Kochsalzlösung und
beträufelt das Futter großzügig mit der smaragdgrün schimmernden Flüssigkeit.
Er will fertig sein, bevor die Mittagspause um ist. Die anderen sehen es gar
nicht gerne, wenn er mit den langsam knapp werdenden Chemikalien
experimentiert. Vor allem, wenn er das Ergebnis an die Versuchstiere
verschwendet, deren Lebenszeit ohnehin sehr eng bemessen ist. Doch gerade
deshalb tut Felix das alles. Er hat Mitleid mit den Kreaturen und möchte
zumindest ihre Henkersmahlzeit ein wenig herzhafter machen.
    Wie immer geht er als erstes zu jenen Käfigen, in
denen die kranken und kraftlosen Geschöpfe sitzen. Vorsichtig lässt er ein
besonders schwaches Kaninchen aus seiner Hand fressen. Das Tier leckt an seinen
Fingern, als plötzlich ein Zittern den kleinen Leib durchfährt. Felix
beobachtet betreten, wie das Kaninchen auf die Seite kippt und regungslos
liegen bleibt. Er tastet den pelzigen Körper ab, um vielleicht doch noch ein
Lebenszeichen zu finden. Doch das kleine Herz hat aufgehört zu schlagen. Leise
öffnet der junge Mann den Käfig, um den Leichnam rasch und unauffällig
verschwinden zu lassen.
    In diesem Moment springt das Tier mit einem bizarren
Quieken auf und beißt ihn in die Hand. Entweder ist das eine besonders
hinterlistige Form der Rache oder Felix hat eben das weltweit erste scheintote,
nicht vegan lebende Kaninchen erschaffen. Sein Schrei – mehr aus Schreck als
vor Schmerz – lockt seine Kollegen zurück ins Labor.
    Nachdem sie ihn
ausgiebig wegen Materialverschwendung getadelt haben, tun sie das einzig
Logische: Sie drehen dem Tier den Hals um und sezieren es. Auf den ersten Blick
finden sie allerdings nichts Spannendes. Auch nicht auf den zweiten und
dritten. Zur Sicherheit testen sie die Mischung ihres jungen Assistenten an
weiteren kranken und sterbenden Kreaturen. Und können erste Erfolge
verzeichnen: Die Versuchstiere erholen sich in unglaublich kurzer Zeit.
Großzügig schlägt einer der älteren Wissenschaftler vor, die Substanz nach
ihrem Entdecker zu benennen: Felix Austriacus .
    Man entschließt sich zum unvermeidlichen nächsten
Schritt. Schließlich ist das Ziel, die Versehrten zu heilen und für eine
bessere Zukunft stark zu machen. Kriegsverbrecher und andere schurkische
Gestalten drängen sich in den unterirdischen Gefängnissen – Testmaterial ist
also ausreichend vorhanden. Das Versuchsobjekt ist ein deutscher Deserteur. Er
ist schmächtig, mit eng stehenden Augen, die ängstlich durch dicke
Brillengläser blinzeln. Er macht in die Hose, als man ihn auf dem Labortisch
festschnallt. Er wimmert ängstlich, aber er wehrt sich nicht.
    Der Laborleiter beobachtet, wie einer der Laboranten
dem
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