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Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon

Titel: Die Kinder des Dschinn. Gefangen im Palast von Babylon
Autoren: P. B. Kerr
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Manchmal schlief er sogar zwischen dem Abfall. Er suchte hauptsächlich nach Getränkedosen, Plastiktüten, Papier und Kunststoffflaschen.
    Eines Tages stieß er auf einen glatten Metallbehälter, der ganz anders aussah als die Dinge, die er gewöhnlich auf dem Müllplatz fand. Er dachte, der Behälter sei aus Aluminium und ziemlich wertvoll. Da Galibi weder lesen konnte noch Englisch verstand, ließ er sich von dem Warnschild auf dem Behälter nicht abschrecken: GEFÄHRLICH – RADIOAKTIVER MÜLL – NICHT ÖFFNEN. Er öffnete ihn. Die Schönheit des Behälters war jedoch nichts im Vergleich zu der Schönheit seines Inhalts: eine Kristallflasche, wie sie durchaus nicht zu den Gegenständen gehörte, die Menschen wegwarfen.
    Galibi erzählte niemandem etwas von seinen beiden Fundstücken. Das hatte seine Gründe. Der eine war der, dass er fürchtete, jemand könnte sie ihm stehlen. Der Behälter und die Kristallflasche waren so wunderschön – besonders die Flasche. Wenn er sie gegen die Sonne hielt, fing sich das Licht in dem langen zylindrischen Hals, sodass die Flasche einer Raketeglich, wie sie von Zeit zu Zeit vom nahe gelegenen Weltraumzentrum Kourou starteten. Galibis Freunde hätten ihn um eine solche Flasche beneidet. Doch ein anderer, schwerer wiegender Grund war der, dass sich eine Stimme in der Kristallflasche befand – eine Stimme, die zu ihm sprach. Galibi hatte Angst, seine Freunde könnten ihn für verrückt halten, und dann würden sie ihn vielleicht nicht mehr auf dem Müllplatz dulden. Dadurch, dass er hier einer Vielzahl von gefährlichen Dioxinen ausgesetzt war – das ist die allgemeine Bezeichnung für eine Gruppe giftiger Chemikalien, wie sie gewöhnlich auf Müllplätzen vorkommen   –, machte sich Galibi tatsächlich Sorgen, diese Gifte könnten seinen Verstand beeinträchtigt haben. Wie sonst sollte er sich die Stimme aus der Kristallflasche erklären?
    Französisch-Guayana liegt in Südamerika, und Galibi, der nicht lesen konnte und nie eine Schule besucht hatte, wusste nichts von Flaschengeistern oder Dschinn. Deshalb kannte er auch den Brauch nicht, wonach ein Dschinn demjenigen, der ihn aus einer Lampe oder Flasche befreit, drei Wünsche gewährt. Eher war er der Ansicht, den Verstand zu verlieren, als dass er der leisen Stimme glaubte, die ihm versprach, sie könne ihm einen großen Gefallen tun. Oder sogar drei.
    Sollte er aber den Verstand doch nicht verlieren, so dachte Galibi, konnte es nur eine mögliche Erklärung für die Stimme in der Flasche geben: ein
Kayeri
. Ein
Kayeri
war ein gefährlicher Dämon, häufig anzutreffen an Stellen, wo es viele Ameisen gab, und auf dem Müllplatz gab es davon natürlich Millionen.
    Das war also das Problem, vor dem der Dschinn Iblis nunstand, denn niemand anderes als er befand sich in der Flasche: Wie sollte er jemanden überzeugen, dass er ihm Wohltaten erweisen könne, wenn der Betreffende keine Ahnung hatte von den Märchen aus Tausendundeiner Nacht oder von Aladin oder einer anderen dieser albernen alten Geschichten aus dem Nahen Osten?
    »Du kennst doch bestimmt die Geschichte vom Flaschengeist«, sagte Iblis und hasste sich selbst, weil er »Flaschengeist« sagen musste, eine Bezeichnung, die von unwissenden Menschen offenbar mehr geschätzt wurde als das korrektere ›Dschinn‹. Kein Dschinn würde dieses Wort in den Mund nehmen. »Die hast du doch sicher schon im Kino gesehen? Oder im Fernsehen?«
    Iblis biss sich fast die Zunge ab, als er von Fernsehen sprach. Fernsehen hasste er mehr als alles andere. Am liebsten hätte er jeden Fernseher auf dem Planeten vernichtet. Aber er musste sich damit begnügen, Bildstörungen zu verursachen oder den Empfang von Programmen zu verhindern, die für die Menschen von so unerklärlicher Wichtigkeit waren. Er fand, wenn es eines gab, wofür Menschen bekannt waren, dann war es ihre Vorliebe fürs Fernsehen.
    »Ich habe keinen Fernseher«, erklärte Galibi. »Und von Aladin oder diesem Flaschengeist, von dem du redest, habe ich noch nie gehört.«
    Wieder biss sich Iblis auf die Zunge. Sein Pech, dass er ausgerechnet von einem Analphabeten gefunden worden war, der noch nie von den Dschinn gehört hatte. Und doch war dieser Junge wahrscheinlich schon ein Fortschritt im Vergleich zu dem Menschen, der zuletzt im Besitz der Flasche gewesen war.
     
    Ein Schwachkopf namens Bull Huxter, dem Ayesha zehn Millionen Dollar gezahlt hatte, damit er den Behälter mit der Flasche an Bord
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