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Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka

Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka

Titel: Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka
Autoren: P. B. Kerr
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jeden Sinn für Unschuld und Gutes. Und in diesem ersten Moment seines neuen Lebens wusste Dybbuk, dass er böser war, Millionen Mal böser, als er es je für möglich gehalten hätte.
    Und er empfand für diesen anderen, den guten Dybbuk, diese von ihm abgetrennte Person, die entsetzt mit ansah, was aus ihm geworden war, nur noch Hohn und Verachtung.
    Als der gute Dybbuk zusammenbrach und zu Boden fiel, reckte der böse Dybbuk seine kräftig wirkenden Hände, und der bloße Gedanke an seine abgrundtiefe Bosheit erfrischte und entzückte ihn wie eine heiße Dusche.
     
    Als sie einen Sekundenbruchteil später in ihrem nuklearen Schutzanzug im Innern der Kuppel von Paititi auftauchte, bemerkte Philippa mit Entsetzen die Strahlungswerte in der verlorenen Inkastadt. Sie waren jenseits des messbaren Bereichs. Das Schlimmste aber war die Erkenntnis, dass es nun zwei Dybbuks gab. Es war, als habe er sich aufgespalten wie eines der Atome, dessen gewaltige und tödliche Macht er hatte kontrollieren wollen.
    Eine der beiden Gestalten – jener Dybbuk, in dem sie ihren alten Freund leichter wiedererkennen konnte – lag zusammengekauert im Neutronensturm, der im Innern der Schutzkuppeltobte. Er wirkte ganz und gar erschöpft. Seine Haut war von einem fahlen, schrecklichen Grau und seine Hände umklammerten dicke Büschel seiner eigenen Haare. Philippa wusste unwillkürlich, dass dieser Dybbuk dem Tode nahe war. Ohne den anderen, den zweiten Dybbuk wäre sie vielleicht hingegangen, um ihn zu trösten.
    Dieser zweite Dybbuk war eine lebendigere und offensichtlich gesündere Version des Jungen auf dem Boden. Er war größer, stärker und älter als der andere Dybbuk. Und unbarmherziger. Alles Gute, das früher in Bucks Augen gelegen hatte, war nun verschwunden. Das Böse stand ihm so deutlich ins Gesicht geschrieben, dass Philippa zum ersten Mal eine große Ähnlichkeit mit seinem Vater Iblis entdeckte. Sie hatte die starke Befürchtung, dass er es ihr nicht erlauben würde, sich dem anderen Dybbuk zu nähern, und blieb auf Distanz.
    »Buck«, sagte sie. »Was hast du dir angetan?«
    »Ich habe erkannt, wer und was ich wirklich bin«, sagte der zweite Dybbuk und lachte leise. »Mein wahres Ich entdeckt. Meine bessere Hälfte entmachtet. Besser spät als nie, finde ich.«
    »Dich meine ich nicht«, sagte Philippa. »Ich meine den anderen Dybbuk. Den guten. Buck, ich rede mit dir. Ich bin es, Philippa. Kannst du mich hören? Lass mich dir helfen, wenn ich kann.«
    »Es ist zu spät für ihn«, sagte der zweite, böse Dybbuk. »Ich dachte, das wäre nicht zu übersehen. Selbst für dich, Philippa.«
    »Buck«, sagte Philippa. »Hör mir zu. Komm zu mir. Ich kann dir helfen, wenn du mich lässt.«
    »Du verschwendest deine Zeit«, sagte Dybbuk.
    Philippa hielt inne und suchte nach etwas, das dem Jungen am Boden vielleicht Kraft geben könnte. »Denk an deine Schwester Faustina. Und an deine Mutter. Lass mich dir um ihretwillen helfen. Denk an ihre Liebe für dich.«
    »Liebe.«
    Dybbuk gab ein Hohnschnauben von sich. Aber der Junge auf dem Boden hob entkräftet den Kopf und starrte vor sich hin, als könnte er nichts sehen. »Phil?«, krächzte er. »Bist du das? Hilf mir bitte.«
    »Du bist erledigt«, sagte Dybbuk. »Ich heiße Dybbuk und so bin ich auch. Böse, abgewiesen, isoliert. Wie ein abgespaltenes Atom. Wie es mir immer bestimmt war. Gut zu sein rentiert sich nicht. Bringt keine Anerkennung. Die Leute halten einen bloß für schwach. Stärke ist das, was zählt. Kein Erbarmen zu haben.«
    »Hör nicht auf ihn, Buck«, sagte Philippa. »Du kannst ihn und seine Boshaftigkeit immer noch besiegen.« Sie streckte die Hand aus. »Komm mit mir. Ich kann dir helfen. Meine Macht ist größer als seine. Dybbuk weiß das, deshalb wagt er es auch nicht, mir zu nahe zu kommen.«
    »Stimmt, du hast mehr Macht als ich«, sagte Dybbuk und stellte Buck den Fuß auf den Rücken. »Aber ich habe viel mehr Macht als er hier.« Dann trat er zu und zerstörte das, was von dem guten Teil seiner selbst noch übrig war.
    »So«, sagte Dybbuk schließlich. »Zufrieden? Jetzt hast du mich dazu gebracht, ihn umzubringen. Ups! Buuh! Sieh doch nur. Mein armes kleines Ich.«
    Es schien ihn noch stärker zu machen.
    Philippa spürte, dass er nun auch ihr etwas antun wollte, und stampfte vor Wut und Enttäuschung mit den Füßen. Was wiederum dazu führte, dass sie in den Atombunker zurückversetzt wurde, in dem sie ihren Onkel, ihren Bruder und ihre
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