Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka

Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka

Titel: Die Kinder des Dschinn. Das dunkle Erbe der Inka
Autoren: P. B. Kerr
Vom Netzwerk:
P rolog – D oktor K owalski

    »Alle glücklichen Familien gleichen sich, aber jede unglückliche Familie ist auf ihre eigene Art unglücklich.«
    Mit diesem Satz beginnt der berühmte Roman
Anna Karenina
des russischen Schriftstellers Leo Tolstoj. Tolstoj, der mehrere großartige Romane verfasste, interessierte sich sehr für Kinderliteratur und schrieb eine ganze Reihe von Geschichten und Fabeln für Kinder. Doch selbst die blühende Fantasie eines Tolstoj hätte wohl kaum die merkwürdige Art von Unglück erklären können, unter der die Familie Gaunt aus der East 77th Street in New York litt.
    Sie waren, um es milde auszudrücken, eine sehr ungewöhnliche Familie, mit einem menschlichen Vater, Edward, einer Dschinnmutter, Layla, und den Dschinnzwillingen John und Philippa. Diese Mischung aus Dschinn (oder, weniger korrekt ausgedrückt, Flaschengeistern) und Mensch war nicht direkt der Grund für ihr Unglück, auch wenn sie natürlich damit zusammenhing. Lange Zeit war die Familie Gaunt sogar sehr glücklich gewesen und hatte in den Augen von Außenstehenden wie eine regelrechte Musterfamilie gewirkt, mit einer glamourösen Mutter, einem extrem reichen Vater und zwei wohlerzogenen, liebenswerten Kindern.
    Das Einzige, was man an den Gaunts hätte kritisieren können, war die Tatsache, dass sie möglicherweise mehr besaßen, als gut für sie war. Auch wenn man zu ihrer Entschuldigung hinzufügen muss, dass eine Familie, die mindestens einen Dschinn in ihren Reihen hat und nicht stinkreich ist, kaum vorstellbar erscheint.
    Nein, das Unglück der Gaunts hatte folgenden Grund: Mrs   Gaunt hatte auf ihrem Rückflug vom Mittleren Osten nach New York einen schweren Unfall erlitten, bei dem ihre körperliche Gestalt restlos zerstört wurde. Für einen Menschen – oder Irdische, wie die Dschinn diese scheinbar identische, in Wirklichkeit aber völlig anders geartete Spezies zu nennen pflegen – wäre das in jedem Fall tödlich gewesen. Aber Mrs   Gaunt hatte es klugerweise geschafft, ihren Geist aus ihrem verbrannten Ich hinauszukatapultieren, und war in Gestalt eines Albatros nach New York zurückgekehrt (damit hätte Tolstoj sicherlich ein Problem gehabt). Eine Verwandlung in einen Hund oder eine Katze sagte ihr ebenso wenig zu wie die Vorstellung, als Albatros weiterzuleben. Sturmvögel, wie die Albatrosse auch genannt werden, trinken Salzwasser und fressen verfaulte Fischköpfe. Und da sie diese unappetitliche Ernährungsweise leid geworden war, machte sich Mrs   Gaunt alsbald auf die Suche nach einem menschlichen Körper.
    Das war gar nicht so leicht, wie es klingen mag. Mrs   Gaunt war ein Mitglied der Marid, eines guten Stamms der Dschinn (einem von drei guten Stämmen). Hätte sie einem schlechten Stamm angehört, wie den Ifrit (einem von drei schlechten Stämmen), hätte sie vermutlich einfach jemandem den Körpergestohlen. Nun ist es guten Dschinn zwar erlaubt, sich einen Körper auszuleihen, ihn zu stehlen hingegen ist ihnen nach den
Regeln von Bagdad
– dem Regelwerk, das die für alle Dschinn gültigen Verhaltensregeln enthält – strikt untersagt. Jedenfalls ist es verboten, solange ein Körper noch benutzt wird. Auch damit hätte Tolstoj sicherlich ein Problem gehabt.
    Nun ergab es sich, dass die Gaunts eine treue Haushälterin namens Mrs   Trump beschäftigten, die nach einem schweren Treppensturz im Krankenhaus im Koma lag. Nachdem sie Mrs   Trumps Zustand erkundet hatte, kam Mrs   Gaunt zu dem Schluss, dass der Körper ihrer Haushälterin zwar vollkommen einsatzfähig, der medizinische Zustand der armen Frau aber hoffnungslos war. In der Gewissheit, dass Mrs   Trump mit ihrem Tun vollkommen einverstanden gewesen wäre, beschloss Mrs   Gaunt, die Kontrolle über Mrs   Trumps Körper zu übernehmen.
    Sie hätte es schlechter treffen können, denn Mrs   Trump war keine hässliche Frau. Sie war sogar eine ehemalige Schönheitskönigin, auch wenn ihr Mrs   Gaunts Glamour und persönliche Ausstrahlung fehlten. Doch während es Layla Gaunt hin und wieder gelingen mochte zu vergessen, dass sie jetzt einen neuen Körper besaß, schaffte der Rest ihrer Familie das nur selten. Mr   Gaunt und seine beiden Kinder hatten große Mühe, sich an den Gedanken zu gewöhnen, dass Mrs   Gaunt nun im Innern von Mrs   Trump steckte.
    Es heißt mitunter, dass der äußere Anschein täuschen kann. Im Falle von Mrs   Trump/​Gaunt traf das ganz besonders zu, was die bedauerliche Folge hatte, dass Mr   Gaunt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher