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Die keltische Schwester

Die keltische Schwester

Titel: Die keltische Schwester
Autoren: Andrea Schacht
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Zimmer. Gleich hier nebenan. Und, ach ja, ich bin Karola Böhmer. Ich werde auch für Sie zuständig sein. Na, kommen Sie. Hier entlang!«
    Mit diesem Begrüßungsschwall wurde ich in einen kleinen, aber erfreulich geschmackvoll möblierten Büroraum geführt. Helles Grau herrschte vor, auf dem Schreibtisch ein PC und eine der neuesten Telefonanlagen, die ich je gesehen hatte. KoenigConsult schien es beruhigend gut zu gehen.
    »Ich habe Ihnen hier schon einmal die wesentlichen Unterlagen hingelegt, Angebote, Kopien des wichtigsten Schriftverkehrs und so weiter. Und, na ja, ein Buch habe ich für Sie ausder Bücherei mitgebracht, damit Sie schon mal sehen, wohin Sie Ihre Aufgabe führt.«
    Das war nun richtig lieb von ihr, ein dicker Bildband über die Bretagne lag für mich bereit. Ich bedankte mich herzlich und ließ mich in meinem neuen Sessel nieder. Nebenan flötete melodisch das Telefon, und Frau Böhmer huschte mit einem entschuldigenden Lächeln zurück an ihren Platz.
    Neugierig blätterte ich also die Unterlagen durch, die sie mir so aufmerksam zusammengestellt hatte, und fand darunter auch einen Fragebogen der Personalabteilung. Das erinnerte mich daran, dass ich mich dort wohl auch besser mal melden sollte. Ich nahm den Hörer des Telefons ab und wählte die angegebene Nummer.
    Nichts.
    Ah, diese Hightech-Kommunikationsanlage konnte wohl nicht so einfach bedient werden wie mein bisheriges Telefon. Ich sah mir das blinkende Display und die Vielzahl der Tasten an und entschied mich gegen das Verfahren von Versuch und Irrtum. Wozu hatte ich Frau Böhmer?
    »Entschuldigen Sie, Frau Böhmer, da steht ein Gerät auf meinem Tisch, von dem ich vermute, dass es dem Informationsaustausch dient. Aber wenn ich eine Nummer wähle, schweigt es mich erschreckend an. Könnten Sie mir verraten, welche geheimen Handlungen man vornehmen muss, um es zum Leben zu erwecken?«
    Sie sah mich einen Augenblick verwirrt an, dann nickte sie: »Oh, Sie meinen das Telefon. Ja, das ist etwas kompliziert. Schauen Sie, ich zeige Ihnen, was Sie tun müssen.«
    Wir beugten uns eine Weile über ihr Gerät, und sie wies mich in dessen Handhabung ein. Dabei konnte ich das großformatige Bild eines kleinen, ernsthaft dreinblickenden Mädchens betrachten, das ein Bilderbuch in seiner Hand hielt.
    »Ihre Tochter?«, fragte ich höflich, nachdem wir fertig waren.
    »Ja, das ist Jessika-Milena. Sie ist jetzt vier Jahre alt.«
    Verstohlen musterte ich meine Gesprächspartnerin. Das Gesicht unter der dunklen Fransenfrisur wirkte etwas abgehärmt, jedenfalls nicht mehr wie das einer Endzwanzigerin. Kein Ring an den Händen, wenn auch das nichts zu sagen hatte. Aber trotzdem schloss ich auf alleinerziehende Mutter.
    »Ein niedliches Mädchen«, kommentierte ich also.
    Mit einem liebevollen Lächeln fuhr Karola Böhmer zärtlich mit den Fingerspitzen über das Bild und sagte leise: »Ja, sie ist mein ganz großer Schatz. Haben Sie auch Kinder?«
    »Nein. Dazu war bislang noch keine Zeit.«
    »Na, das kommt vielleicht noch. Sie sind ja noch so jung. Ich habe auch gewartet, bis ich zweiunddreißig war. Aber jetzt … Also, ein Kind ist doch wirklich der Sinn des Lebens. Sie werden sehen, irgendwann merken Sie es auch.«
    Sie sah mit leicht nach oben gerichteten Augen auf eine große lichte Wolke oder so.
    »Mag sein. Im Moment fehlt mir noch der geeignete Vater dafür«, versuchte ich scherzhaft der Unterhaltung das Pathos zu nehmen.
    Zum Glück war in dieser Minute jemand ins Büro gekommen und hatte eine Mappe auf den Tisch gelegt. Karola Böhmer warf einen Blick darauf und sah zu dem Mann auf. Das Leuchten, das dabei über ihre Züge ging, weckte in mir die Vermutung, dass es sich um den Vater von Jessika-Milena handeln müsste, doch das Kind auf dem Foto hatte weder blonde Locken noch einen Vollbart. Der Mann verschwand, und Frau Böhmer erklärte mir: »Das war Wulf Daniels, der Projektleiter. Ihr zukünftiger Chef, Frau Farmunt.«
    Na ja, Chef? So hatten wir das zumindest in der Stellenbeschreibung nicht vereinbart. Aber warum die Sekretärin berichtigen?
    »Da haben Sie wirklich Glück. Herr Daniels ist ein wunderbarerMann. Er ist hochbegabt, wissen Sie. In seinem Alter schon eine solche Position. Ich habe seine Zeugnisse gesehen, als er eingestellt wurde. Stellen Sie sich vor, er hat sein Studium in vier Jahren geschafft.«
    »Was hat er denn studiert?«
    »Oh, irgendwas mit Ingenieurwesen.«
    So unüblich sind da vier Jahre nun auch wieder nicht,
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