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Die keltische Schwester

Die keltische Schwester

Titel: Die keltische Schwester
Autoren: Andrea Schacht
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Schwert umgehen zu können?«
    Wulf sah über mich hinweg auf die beiden Schwerter, die auf ihrem Halter lagen.
    »Das ist ganz einfach, Lindis. Der Weg des Kriegers fordert den höchsten Einsatz. Den des Lebens. Das, was man da lernt, lässt sich auf alles andere übertragen.«
    »Wulf, du kannst mir doch nicht erzählen, dass du mit dem Schwert in der Hand und dem Tod vor Augen, wenn auch nur symbolisch, deinen Job machst.«
    »Lach nicht, Lindis. Es steckt mehr dahinter. Man lernt, wenn man sich den Tod als Konsequenz des Kampfes vor Augen hält, mit der Angst vor dem Verlust umzugehen. Nur wer den Tod akzeptiert, kann leben.«
    Ich stand vor der Rüstung, eiskalte Schauer rieselten mir den Rücken hinunter. Solche Gedanken waren mir unangenehm. Abrupt drehte ich mich um und sah den Mann vor mir an. Das Licht fiel von hinten auf ihn und warf lange Schatten. Er wirkte bedrohlich und fremd. Um dieses Gefühl abzuschütteln, sammelte ich meine Stimme und sagte: »Du hattest mich, glaube ich, zu einem Schluck irgendwas eingeladen und nicht zu einem philosophischen Disput über Kampfkünste.«
    »Stimmt. Entschuldige, ich wollte dir keine Vorträge halten. Weiter Rotwein?«
    »Gerne.«
    Wir setzten uns auf ein trotz seiner Designer-Kargheit gemütliches Sofa und plauderten Belangloses.
    »Unheimlich schöne Wohnung ist das hier. Hoffentlich finde ich auch bald eine etwas bessere Unterkunft.«
    »Du bist noch nicht umgezogen?«
    »Nein, ich wollte erst einmal sehen, ob es sich überhaupt lohnt. Hätte ja sein können, dass ich nach zwei Tagen abgewinkt hätte. Aber jetzt suche ich ernsthaft.«
    »Und was?«
    »Drei, vier Zimmer, möglichst zentral.«
    »Für dich alleine?«
    Aha! Dahin ging die Unterhaltung!
    »Ich wollte nicht mit Mann und vier Kindern einziehen. Du hast doch auch gut hundertzwanzig Quadratmeter für dich alleine, oder?«
    »Notgedrungen, Lindis, notgedrungen.«
    »Ach, armer Wulf.«
    »Ja, ganz arm. Ich habe einfach kein Glück bei den Frauen.«
    »Verständlich, Quasimodo. Wer so aussieht wie du, krumm, buckelig, hinkend und schielend …«
    »Wenn’s nur ums Aussehen geht … Ein Mädel aufreißen kann ich immer. Aber mal etwas Ernsthaftes, das klappt irgendwie nicht.«
    »Woran liegt es? An den Frauen?«
    »Vielleicht. Ich weiß nicht. Ich habe bis jetzt nur zwei Sorten kennengelernt. Die einen, die sich fest an einen klammern, dass man keine Luft mehr bekommt, und die anderen, die genauso cool ins Bett hüpfen, wie sie wieder hinausschlüpfen.«
    »Ich merke schon, Wulf auf der Suche nach der Märchenprinzessin.«
    »Es muss nicht unbedingt eine Prinzessin sein. Aber ich liebe natürlich auch meinen Beruf und kann mich nicht immer und ausschließlich um eine Frau kümmern.«
    »Ah, ich weiß! Du suchst eine Frau, die dich versteht!«
    »Du sagst es, Lindis.« Und sein Arm legte sich um meine Schultern. »Und wie steht es mit dem Märchenprinzen? Gibt es einen?«
    »Ich glaube nicht an Märchenprinzen«, sagte ich. »Ich habe die Suche aufgegeben.«
    Ich war nicht ganz ehrlich an dieser Stelle, aber das brauchte ihn nichts anzugehen.
    »So jung, so schön und so resigniert? Lindis, eine herbe Enttäuschung?«
    »Nein, nur ein gewisser Selbsterhaltungstrieb.«
    »Recht hast du.«
    Somit hatten wir die Fronten abgeklärt und konnten zum geselligen Teil übergehen, dachte ich und sah aus dem Fenster. In der Doppelverglasung spiegelte sich mein Gesicht – zweimal, leicht versetzt nebeneinander. Ich zwinkerte, dann ging draußen irgendwo ein Licht an, und das verzerrte Spiegelbild verschwand.
    »Lindis«, flüsterte Wulf in mein Ohr. »Lindis!«
    Er küsste sacht mein Ohrläppchen, und meine Wirbelsäule hinab schoss ein Feuerstoß.
    »Kommst du mit nach oben?«
    Eine Treppe führte auf eine Galerie mit dem Schlafbereich. Das ging mir denn allerdings doch etwas zu zügig.
    Ich löste mich vorsichtig aus seiner Umarmung.
    »Sagtest du nicht, du suchst das Besondere?«
    »Was soll das heißen?«
    »Na, die Mädels für eine Nacht findest du doch immer.«
    Er sah mich empört an, dann dämmerte ihm wohl doch etwas.
    »Du meinst, du möchtest erobert werden, was? Das alte Spielchen möchtest du spielen?«
    »Nun, ich finde es erhöht die Spannung, nicht?«
    Ich stand auf und suchte meine Handtasche.
    »Und wenn ich das Spiel nicht mitspiele?«
    »Dann lässt du es bleiben.«
    »Du bist vielleicht kaltschnäuzig«, entfuhr es ihm, aber dann musste er doch lachen. »In der Tat, ich habe es wohl
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