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Die keltische Schwester

Die keltische Schwester

Titel: Die keltische Schwester
Autoren: Andrea Schacht
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gewissermaßen. Er hat in fünfundzwanzig Jahren alleine ein beachtliches Unternehmen aufgebaut. Das kann man nur, wenn man ein starker Mann ist.«
    »Skrupellos?«
    »Nicht unbedingt, aber er setzt sich durch. Ich habe ihn bei Verhandlungen erlebt, die für seine Gegenüber kein Zuckerschlecken waren. Er ist auch immer verdammt gut informiert und hat ein unwahrscheinliches Detailgedächtnis.«
    »Ein Dessert, die Herrschaften?«
    Der Kellner war endlich mit dem Abräumen fertig.
    »Lindis, magst du noch etwas?«
    »Nein, danke, die Vorspeise war schon zu viel. Erzähl mir mehr von Dr. Koenig. Ich weiß ganz gerne, worauf ich mich einzustellen habe.«
    »Man hat schon harte Männer bleich und zitternd das Büro verlassen sehen!«
    »Du willst mir Angst machen.«
    »Harte Frauen auch!«
    »So, so.«
    »Spaß beiseite, er ist hart, aber ich denke, gerecht. Allerdings lässt er Fehler, die sich wiederholen, nicht durchgehen. Das hat dein Vorgänger deutlich zu spüren bekommen.«
    »Der inspirierte Planer mit dem profunden Erfahrungsschatz?Ich denke, der ist von der Konkurrenz abgeworben worden.«
    »Outplacing nennt man das vornehm.«
    »Was hat er gemacht?«
    »Er ist etwas großzügig mit einer wichtigen Terminangabe umgegangen, die dazu geführt hat, dass Koenig sich bei einem Auftraggeber blamiert hat. Da hat es dann endgültig geknallt.«
    »Na, weißt du, wenn ich mich mit einer Aussage aus dem Fenster lehne und mir mein Mitarbeiter dann ätsch sagt, wäre ich auch ganz schön stinkig.«
    »Wollen wir hoffen, dass dir das nicht passiert.«
    »Ja, wollen wir hoffen. Denn mit meinem Mitarbeiter Schweitzer bin ich mir noch nicht so sicher, wie die Unterstützung funktionieren soll. Wieso hat Koenig den eigentlich nicht outgeplaced?«
    »Da solltest du vorsichtig sein. Man sagt, Schweitzer genießt aus irgendeinem Grund Dr. Koenigs Wohlwollen.«
    »Na, dann sollte sich Schweitzer auch mal um mein Wohlwollen bemühen, denn sonst sehe ich mich gezwungen, Dr. Koenig eine ziemlich eindeutige Alternative zu präsentieren. Dann sehen wir ja, wie weit das Wohlwollen geht.«
    »Eine kleine Kämpferin, was?«
    Ich zuckte mit den Schultern.
    Und dann war er ein drittes Mal da, dieser Blick. Diesmal hielt ich ihm stand. Wulf ist in der Tat nicht der Typ, den man unbedingt von der Bettkante schubsen muss. Er sah sogar unverschämt gut aus, und das Kribbeln machte sich mit einer kleinen Gänsehaut auf meinen Armen bemerkbar.
    »Hast du Lust, noch auf einen Schluck mit zu mir zu kommen, Kämpferin?«
    Alles besser als in diese kleine möblierte Schlafschachtel zurückzukehren, die mir als Übergangswohnung diente. Und, wie gesagt …
    »Einen Schluck!«
    Er winkte dem Kellner, um zu zahlen, ich nutzte die Gelegenheit, um die Toilette aufzusuchen. Ein Blick in den Spiegel zeigte mir, dass an meinem Aussehen nichts zu reparieren war. Ich benutzte wenig Make-up, meine Haut war rein und zum Glück noch faltenlos, aber leider viel zu blass. Meine Augen sahen mir bei der unzureichenden Beleuchtung dunkel entgegen, obwohl sie eigentlich von einem hellen Braun waren. Honigaugen hatte sie vor langer Zeit einmal jemand genannt. Darüber hatte ich mich damals gefreut. Heute – nun ja, die Freude war verflogen. Etwas Lippenglanz tupfte ich noch auf, dann war ich bereit für das Abenteuer des Abends.
    Ich fuhr hinter Wulf her, und während der fünf Minuten alleine im Auto zog ich realistisch Bilanz. Zwei Monate war ich jetzt in der Firma, zwei Monate in einer fremden Stadt, ohne Freunde und Bekannte, denn mein Arbeitstag ließ dafür keine Zeit übrig. Wenn ich nicht abends noch in der Firma an stundenlangen Besprechungen teilnahm, dann besuchte ich einen Französischkurs oder las mich in die verschiedenen Themen ein. Etwas Ablenkung war also durchaus erlaubt. Andererseits – ein Geplänkel mit einem Kollegen, mit dem man so eng zusammenarbeiten musste, war auch durchaus delikat.
    Ich kam zu keiner eindeutigen Entscheidung, und als ich ausstieg, beschloss ich, es von der Situation abhängig zu machen.
    Wulf hatte eine große, weitläufige Wohnung mit einer Galerie. Unten befand sich ein sehr sparsam eingerichtetes Wohnzimmer in japanischem Stil. In der Ecke, von Strahlern dezent beleuchtet, stand eine vollständige Kendo-Rüstung.
    »Ah, daher die Bemerkung zur Kämpferin. Selber einer, was?«
    »Ja, ich betreibe es seit einiger Zeit. Es ist sehr lehrreich, vor allem für Manager.«
    »Was ist sinnvoll daran für den Manager, mit einem
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