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Die Keltennadel

Die Keltennadel

Titel: Die Keltennadel
Autoren: Patrick Dunne
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oder durch Blutvergießen gereinigt werden muss.
    Er sah vom Schirm auf und fragte sich, wohin dieser Gedankengang ihn wohl führte.

7
    E r hatte sie besucht… nach all den Jahren… die Wohnung hatte hübsch ausgesehen, als er kam… war es nicht großartig, dass er jetzt Priester war… im eigenen Land durfte er ja keiner werden… nein, nach Amerika musste er gehen… deshalb nennt man es das Land der unbegrenzten Möglichkeiten… so ist es… all die Jahre hatte sie gehofft… hatte ihn wie einen kleinen Heiligen erzogen… keine Mädchen und solche Sachen… denn er war der Sohn eines Bischofs, und das wussten auf der ganzen Welt nur sie und ihr Junge… sie selbst war immer gut gewesen bis auf dieses eine Mal… wie hätte sie jemandem von dem Tag in der Klosterküche erzählen können, als er vorbeikam und um eine Tasse Tee und Toast bat… es gefiel ihr nicht, wie er sie ansah… da hätte sie es schon wissen müssen, aber man durfte zu niemandem was sagen… er war ein Bischof, und die Nonnen krochen ihm in den Arsch… wenn sie ihn nicht gerade von vorn bedienten… was manche von denen unter dem Rock trugen… wozu brauchten die so ausgefallene Unterwäsche… vielleicht trieben sie es ja auch miteinander… aber jetzt log sie… sie hatte Ärger bekommen, weil sie log… sie schlugen sie immer… deshalb konnte sie es niemandem erzählen… sie hätten ihr nicht geglaubt… und dann hätte sie sowieso Prügel gekriegt… aber als sie sahen, dass sie in der Tinte saß, da wussten sie genau Bescheid… und ob sie Bescheid wussten… deshalb hielten sie es geheim… dem Bischof zuliebe… und jetzt musste sie auch ein Geheimnis bewahren… nur fürs Erste, hatte er gesagt… sag fürs Erste zu niemandem ein Wort…

8
    A m nächsten Morgen hatte sich der Nordostwind zwar nicht gelegt, aber er blies nun trocken und kieselhart unter einem bleichen Himmel. Jane sah sich in ihrem Garten nach einer Spur von Frühling um. Sie futterte noch immer die Vögel und war herausgekommen, um ein paar Saatkrähen und Dohlen zu verscheuchen, die ihre kleineren Verwandten vom Körnertisch und den daran aufgehängten Nusskörben fernhielten. Außerdem verstreuten sie die Körner im halben Garten, wenn sie sich zankten und mit den Flügeln nacheinander schlugen. Jane war jeden Sommer fasziniert von der seltsamen Auswahl an Blumen und Gräsern, die aus den umherfliegenden Samen sprossen. Doch nun begrüßten sie keine neuen Triebe im Blumenbeet – natürlich waren die Schneeglöckchen unter dem Baum schon da, aber die signalisierten für Jane nur das Ende des Winters und nicht den Beginn des Frühjahrs, auch wenn das nicht sehr logisch klang.
    In der Küche läutete das Telefon, und sie ging zurück ins Haus. Eine unbekannte Männerstimme fragte, ob sie Jane Wade sei.
    »Hier ist Liam Lavelle – Sie wollten mich sprechen?« Eine angenehme, warme Stimme.
    »Ach ja, Pfarrer Lavelle – ich weiß, Sie haben bestimmt viel zu tun… und nach allem, was gestern passiert ist, sind Sie –«
    »Sind Sie die Jane Wade von der Sendung Artspeak ?«
    Er schaltete schnell. Sie hatte am Abend zuvor nichts von ihrem Job gesagt, als sie ihm eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterließ.
    »Ja, richtig, aber ich wollte Sie in einer persönlichen Angelegenheit sprechen. Vielleicht könnten wir einen Termin irgendwann in den nächsten Tagen vereinbaren?«
    »Na ja, ich bin ein bisschen wie die Wettervorhersage – nicht sehr zuverlässig, wenn es über ein, zwei Tage hinausgeht. Heute ist so gut wie jeder andere Tag… sagen wir um fünf. Ich rufe Sie an, falls es Probleme gibt, am besten geben Sie mir also auch die Nummer von Ihrer Arbeit.«
    Sie sagte ihm ihre Büro und Handynummer.
    »Wo finde ich Sie, wenn ich von der Stadt komme?«
    Er fragte, ob sie wisse, wo Kilbride liege, und beschrieb ihr dann den Weg zu seinem Haus an der Hauptstraße.
    Sie hatte das Gefühl, noch einen Umstand erwähnen zu müssen. »Ich… ähm… gehöre übrigens nicht Ihrem Bekenntnis an.«
    »Anglikanische Kirche?«
    »Ja… gewissermaßen.«
    »Okay. Bis später dann.«
    Sie legte auf, ein wenig überrascht von seinem lockeren Benehmen. Sie hatte bisher kaum persönlichen Kontakt mit katholischen Priestern gehabt und schon gar nicht einen in dieser Weise angesprochen. War sie eigentlich noch ganz bei Trost?
    Sie ging ins Wohnzimmer. Was würde Hazel davon halten – wenn sie’s wüsste? Sie nahm einen gläsernen Briefbeschwerer aus dem Regal, der dort
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