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Die Keltennadel

Die Keltennadel

Titel: Die Keltennadel
Autoren: Patrick Dunne
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Organe waren in einem Ausmaß verletzt, dass Blutgefäße barsten, massive Blutungen mussten aufgetreten sein und…«
    Dempsey blickte auf. Die Pathologin geriet sonst nicht leicht ins Stocken. Sie hatte den Kopf zum Fenster gewandt, über das im trüben Nachmittagslicht der Regen strömte. Nach einem Seufzer drehte sie sich wieder um.
    »Lokale Blutergüsse und Anzeichen innerer Blutungen weisen darauf hin, dass ihr diese Verletzungen zugefügt wurden, als sie noch lebte. Der Blutverlust durch die Beschädigung der Arterien musste zu Kreislaufzusammenbruch und Tod führen, ein Prozess, den die Wunden an den Füßen noch beschleunigten.«
    »Wurde sie sexuell missbraucht – vergewaltigt?«
    »In dem Sinne, dass ihr äußerste Gewalt angetan wurde, ja, aber womit, kann ich nicht sagen. Mein Problem dabei ist, dass sie ausgespült wurde, gründlich innerlich gereinigt. Ich habe natürlich einen Abstrich gemacht, aber ich glaube nicht, dass wir Spuren von Samen finden oder von dem Instrument, das…«
    Sie hielt erneut inne.
    »Der Angreifer hat etwas benutzt, das sie innerlich buchstäblich… zerfetzt hat.«
    Draußen regnete es heftiger, die tief hängenden Wolken verdüsterten das letzte Tageslicht. Es wurde dunkel im Besprechungsraum. Dempsey stand auf und schaltete die Neonröhre an der Decke ein. Bevor sie den Raum in ihr ungesundes Licht tauchte, saß er bereits wieder. Dr. Figgis setzte ihren Bericht fort.
    »Ich habe die beiden post mortem mit einer Art Schere zugefügten Schnittwunden erwähnt. Es gab drei weitere. Zwei davon haben Sie heute Morgen schon gesehen, als wir die Leiche an Ort und Stelle untersucht haben, sie betrafen die Entfernung beider Brustwarzen und der Warzenhöfe.«
    Er sah ein Bild von dem geschändeten Körper des Mädchens vor sich, das er schnell wieder aus seinem Kopf verbannte. Während er auf die Beschreibung der letzten Wunde wartete, schrieb er die Zahl ›8‹ in sein Notizbuch und begann Kreise um sie herum zu malen. Er hatte eine Reihe Kreise gezogen, bevor Dr. Figgis anfügte: »In ähnlicher Weise wurde die Klitoris entfernt.«
    Dempsey hörte auf zu zeichnen. Er schloss die Augen und holte tief Luft.
    Die Pathologin fuhr in ihrem sachlichen Ton fort. »Als Todesursache nehme ich Herzversagen infolge eines Kreislaufzusammenbruchs an, den die schweren Blutungen aus ihren inneren Verletzungen und den Wunden an den Füßen hervorriefen. Ich sollte anfügen, dass sich der beinahe vollständige Blutverlust nur mit Hilfe der Schwerkraft erreichen ließ und ihr Körper in eine entsprechende Lage gebracht worden sein muss.«
    »Mit anderen Worten«, sagte Dempsey, »sie wurde aufgehängt… wie… wie ein Tier im Schlachthaus.« Abscheu schnürte ihm die Kehle zu und trocknete seinen Mund aus.
    »Wie lange hat sie gebraucht, um zu sterben?«, flüsterte er.
    »Nach Einsetzen der schweren Blutungen muss sie innerhalb von Minuten das Bewusstsein verloren haben. Wie lange sie vorher gelitten hat, kann ich nicht genau sagen.«
    »Himmel, womit haben wir es hier nur zu tun?«
    Dr. Figgis antwortete nicht, sondern las weiter von ihrem Bildschirm ab. »Da es keine Hypostase gab – keine Blutansammlung im Körper –, lässt sich die Todeszeit schwer bestimmen, wie auch die Frage, ob die Leiche längere Zeit auf einer bestimmten Oberfläche gelegen hat. Ich schätze aber, dass der Tod zum Zeitpunkt meiner ersten Untersuchung höchstens sechsunddreißig Stunden zurücklag, da immer noch Anzeichen von Leichenstarre zu bemerken waren.«
    »Das heißt, sie lebte nach ihrem Verschwinden noch mindestens zwölf Stunden.«
    Dempsey hatte sich, erschüttert von den Einzelheiten über den Tod der jungen Frau, unbewusst eine Zigarette in den Mund gesteckt. Er hielt inne, als der Deckel des Feuerzeugs aufsprang.
    »Rauchen Sie ruhig«, sagte Dr. Figgis ungewohnt nachgiebig. »Sie fragen, womit wir es hier zu tun haben – ich weiß es nicht, aber ich habe noch eine kleine Beobachtung für Sie, die bei den Ermittlungen behilflich sein könnte. Nichts Wissenschaftliches, eigentlich nicht mein Fach…« Sie schloss ihren Laptop. »Vor etwa anderthalb Jahren war eine amerikanische Freundin von mir wegen einer Konferenz zu Besuch. Wir haben uns ein paar Tage freigenommen, sind in den Westen Irlands gefahren und haben Thoor Ballylee in der Nähe von Gort besucht, ein Schloss, in dem der Dichter William Butler Yeats gewohnt hat. Dort gibt es einen Laden, der Bücher und Kunstartikel verkauft. Meiner
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