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Die kalte Legende

Die kalte Legende

Titel: Die kalte Legende
Autoren: Robert Littell
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als Erster die Nerven verloren. Ihm gefiel die Vorstellung nicht, in die USA zu gehen. Er glaubte, er wäre sicherer, wenn er sich in einer jüdischen Siedlung im Westjordanland verkriechen würde, also ist er nach Israel gegangen. Der Oligarch hat länger durchgehalten, aber irgendwann hat auch er die Nerven verloren und man hat ihn hier in Sicherheit gebracht.«
    »Ins Zeugenschutzprogramm?«
    »Oh nein. Er war für Quest zu wichtig, um ihn dem FBI anzuvertrauen. Ihre Leute haben für den Oligarchen eine Legende ausbaldowert und ihn irgendwo an der amerikanischen Ostküste untergebracht.«
    »Inzwischen waren Kastner und seine zwei Töchter bei Ihnen im Schutzprogramm.«
    »Ich mochte Kastner.«
    »Wenn es Sie tröstet, wo Sie ihn doch verloren haben: Er mochte Sie auch.«
    »Sie streuen Salz in offene Wunden, Lincoln.«
    »Und als Kastner Ihnen – er hat Sie als seinen Freund in Washington bezeichnet – erzählt hat, dass er jemanden braucht, der Samat aufspürt, konnten Sie nicht widerstehen und haben das Schicksal herausgefordert, nicht? Ich kann mir vorstellen, was sich nach Moskau abgespielt hat. Jemanden wie Sie muss der Mann fasziniert haben, der um die Botschaft herumirrte, den Körper zerschunden und voller Wunden. Dann hat es Sie stutzig gemacht, dass die CIA sich so schnell für ihn interessierte. Sie wurden neugierig, wollten wissen, was aus Josef Kafkor geworden ist, nachdem er nach Finnland geschmuggelt wurde. Sie hatten Freunde bei der CIA und haben herausgefunden, dass der Josef Kafkor, der nach Finnland exfiltriert worden war, als Martin Odum wiedergeboren worden war und dass dieser Martin Odum als Privatdetektiv in Crown Heights lebte. Und dann haben Sie Kastner Martin Odum empfohlen.« Als Kiick das alles weder bestätigte noch abstritt, sagte Lincoln: »Warum?«
    »Warum nicht?«
    »Spucken Sie’s schon aus, Felix.«
    »Dieser Oligarch und sein Neffe Samat waren mir ein Dorn im Auge. Crystal Quest ebenso – ich weiß noch, wie arrogant sie war, als das FBI die Dreiländereck-Operation an sie abtreten musste. Und überhaupt, das FBI und die CIA konnten sich noch nie besonders leiden. Außerdem muss es Grenzen geben. Ich meine, die russische Wirtschaft zu ruinieren –«
    Lincoln sagte: »Wie sind Sie dahinter gekommen?«
    »Man musste sich doch nur in Moskau umsehen. Das selbstgefällige Lächeln in den Visagen der DDO-Leute in der Moskauer Station sprach Bände. Quest selbst hat sich mehrmals dort sehen lassen – das triumphierende Leuchten in ihren Augen war nicht zu übersehen. Die hatten irgendwas Großes am Laufen, das war uns allen klar. Sie waren dabei, die Welt zu verändern, die Geschichte neu zu schreiben. Und wir haben gesehen, wie Jelzin diese abenteuerlichen Ideen umsetzte, die, wie die Zeitungen schrieben, vom Oligarchen stammten – über Nacht die Preise freigab, was die Hyperinflation zur Folge hatte, die sowjetische Industrie privatisierte, wodurch Ugor-Shilow und ein paar Kumpane märchenhaft reich wurden und der Rest der Proletarier bitterarm, Tschetschenien angriff, wodurch das russische Militär im Kaukasus gebunden wurde. Man musste kein Genie sein, um zwei und zwei zusammenzuzählen. Die russische Wirtschaft sollte ruiniert, Millionen Menschen sollten in die Armut getrieben werden, damit die USA sich nicht mit einem mächtigen Russland auseinander setzen mussten – das ging nun wirklich zu weit, Lincoln. Deshalb sah ich wohl eine gewisse ausgleichende Gerechtigkeit darin, dass ausgerechnet Martin Odum sich wegen der Scheidungssache an Samats Fährte heftete. Ich schätze, irgendwo im Hinterkopf habe ich mich auch gefragt, ob es Martins Gedächtnis nicht vielleicht auf die Sprünge helfen könnte, wenn er Samat tatsächlich findet.«
    »Und falls er begreifen würde, dass er Josef war, würde er Rache wollen.«
    Felix sagte sehr vorsichtig: »Das würde jeder normale Mensch an seiner Stelle.«
    »Kastner wurde ermordet, nicht?«
    »Wahrscheinlich. Die CIA hat darauf bestanden, die Obduktion durchzuführen. Es hat mir gar nicht gefallen, wie das gelaufen ist – das war alles zu glatt. Martin reist nach Israel, um Samats Fährte aufzunehmen. Kastner stirbt an einem Herzinfarkt. Und die Chinesin, die Martins Overall anhat, wird auf dem Dach von Bienen tot gestochen.«
    »Das haben Sie also mitgekriegt.«
    »Ich kriege alles mit. Also, Lincoln, raus mit der Sprache – haben Martin und Kastners Tochter Estelle Samat gefunden?«
    »Wie kommen Sie darauf, dass Estelle
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