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0592 - Die Wächter der Verfluchten

0592 - Die Wächter der Verfluchten

Titel: 0592 - Die Wächter der Verfluchten
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Mit gebrochenen Masten trieb das Schiff der Insel entgegen. An Steuerbord klafften mehrere große Löcher in der Flanke, dort hatten die Kanonenkugeln der Piraten die Planken zerschmettert. Immer wieder schwappten die Wogen dadurch ins Innere des Schiffes.
    Es war ein Wunder, daß der Dreimaster noch nicht gekentert war. Aber das war nur noch eine Frage der Zeit.
    Die Insel schien Rettung in höchster Not.
    Aber auf ihr wohnte das Grauen…
    Und der Tod!
    ***
    Der hochgewachsene, breitschultrige Mann an der Reling lächelte verloren. »Manche Träume enden zu früh«, murmelte er bitter.
    Es war nicht sein erster Traum, der ein Ende gefunden hatte, ehe er Wirklichkeit hatte werden können.
    Verdammt, sie waren sogar mit der Pest fertiggeworden, und jetzt scheiterten sie an diesem verfluchten Piratenschiff!
    Vor drei Monaten waren sie aufgebrochen, sie hatten Frankreichs, Spaniens und Afrikas Küsten südwärts umschifft. In Äquatornähe hatten sie ein Boot mit schiffbrüchigen Portugiesen an Bord genommen. Deren Schiff war vom Sturm zerschmettert worden, und nur eine Handvoll Matrosen hatten überlebt.
    Einer von ihnen brachte die Pest an Bord der FÜRST ROMANO. Fünfzehn von vierzig Männern starben, darunter die schiffbrüchigen Portugiesen.
    Aber die anderen überlebten, und sie fuhren westwärts über den Atlantik weiter. Entgegen der Route, die vor über 270 Jahren Magalhäes mit seiner Flotte genommen hatte, um die ganze Welt zu umsegeln.
    Als sie Kap Hoorn erreichten, tanzte der Klabautermann in den Rahen, und sie mußten den im Sturm gebrochenen Fockmast ersetzen. Tagelang drifteten sie an der Küste nordwärts, bis sie endlich geeignetes Holz fanden.
    Ein Mann wurde von Eingeborenen erschlagen, weil er eines der Mädchen vergewaltigte. Daraufhin wollte Kapitän Heeremaas das Küstendorf dem Erdboden gleich machen lassen, doch sein Herr befahl die sofortige Weiterfahrt, ohne an den Eingeborenen Rache zu nehmen.
    »Der Mann hat seinen Tod selbst verschuldet, Kapitän«, sagte er. »Wollen Sie jetzt ebenfalls Schuld auf sich und auf uns alle laden?«
    Sie waren noch zwei Dutzend Männer, als die Piraten angriffen. Im Morgengrauen waren sie gekommen.
    Zuerst waren nur die Mastspitzen am Horizont zu sehen gewesen, doch sie wuchsen langsam empor, als das andere Schiff näherkam. Es sah ganz nach einer normalen, wenn auch seltenen Begegnung zweier Kauffahrer aus.
    Aber dann gellte der Schrei des Ausgucks aus dem ›Krähennest‹, aus dem Beobachtungskorb an der Spitze des Hauptmastes. »Sie hissen die schwarze Flagge!«
    Da war es zu spät, um noch abzudrehen, sie hätten auch gegen den Wind davonkreuzen müssen.
    Jan Heeremaas befahl Gefechtsbereitschaft. Die Achtpfünder wurden an die Reling gerollt, ausgerichtet und geladen - aber noch ehe sie abgefeuert werden konnten, öffneten sich die Geschützluken des Piratenschiffes. Es war eine erstklassig bestückte Caravelle, sie war wohl dereinst unter spanischer Flagge gefahren, ehe sie den Piraten irgendwie in die Hände fiel.
    Und die waren auf den Kampf vorbereitet gewesen!
    Schon die erste Salve entschied das ganze Gefecht. Die Kartätschen fegten fünf Männer vom Deck, zerfetzten die Segel, knickten zwei der Masten wie Streichhölzer und zertrümmerten die Brücke. Vom Steuermann blieben nur noch zwei Hände mit Unterarmen am Ruder festgeklammert, der Rest ging mit Holz und Leinen über Bord.
    Die zweite Salve schlug die großen Lecks in die Bordwand.
    Dann ging die Caravelle längsseits, und zu allem entschlossene Männer enterten die FÜRST ROMANO.
    Drei Matrosen machten den Fehler, sich zur Wehr zu setzen. Die Piraten hieben sie mit Säbeln und Entermessern förmlich in Stücke.
    Die ROMANO wurde geplündert.
    Alles, was auch nur einigermaßen danach aussah, als könne es wertvoll sein, wurde in fliegender Hast auf die Caravelle geschafft…
    Dann verschwanden die Piraten, dieser zusammengewürfelte Haufen menschlichen Strandguts aus aller Herren Länder, angeführt von einem einäugigen, kahlköpfigen Engländer.
    Sie machten sich nicht mal die Mühe, den dreizehn Überlebenden der ROMANO die Kehlen durchzuschneiden, um so ihr Sterben zu beschleunigen. Sie hatten statt dessen verlangt, die Männer der ROMANO sollten die beiden Rettungsboote zerstören, und als sie sich weigerten, wurden zwei von ihnen exekutiert, um den Rest gefügig zu machen.
    Zähneknirschend drückte Kapitän Heeremaas dem Schiffszimmermann und einem Matrosen je eine Axt in die Hand,
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