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Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Titel: Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
Autoren: Heinz Bellen
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Charakter entsprechenden
     neuen Aufbewahrungsort im Apollo-Tempel auf dem Palatin gab. Umgekehrt verlangte diese Blickrichtung eine Abwehrhaltung gegenüber
     fremden Kulten und neuen Gottheiten. Augustus hatte eine solche Haltung vor allem gegenüber dem ägyptischen Isis-Kult praktiziert,
     den er aus Rom verbannte (Cass. Dio 54, 6, 6), während er den Juden in der Stadt die Ausübung ihrer Religion – wie schon Caesar
     – ausdrücklich erlaubte (Jos. ant. Iud. 14, 10, 8); sie stellte in seinen Augen keine Gefahr für die römische Götterverehrung
     dar.

|8| Die römische Religion sollte nach dem Willen des Augustus mit den
ludi saeculares
des Jahres 17 v. Chr. der Welt ein neues Zeitalter eröffnen. Es sollte vom Licht Apollos, ‘seines’ Gottes, erfüllt sein und
     verwirklichen, wonach die Welt am meisten verlangte: den Frieden. Schon 28 v. Chr. war auf einer massenhaft verbreiteten Münze
     die Friedensgöttin, Pax, erschienen (s. Einbandbild). 9 v. Chr. erhielt dann der Friede des Augustus monumentale Gestalt in
     der
Ara Pacis Augustae
auf dem Marsfeld. Alljährliche Opfer der Beamten, Priester und Vestalinnen ließen die Menschen hoffen, daß der Friede Bestand
     haben werde.
    Der Pax Augusta war im Jahre 13 n. Chr. die Iustitia Augusta an die Seite getreten – die in Augustus personifizierte Gerechtigkeit.
     Die Weihung des
Signum Iustitiae Augustae
(Fast. Praen., Inscr. It. XIII 2, S. 113) hatte dem Empfinden weiter Kreise Ausdruck gegeben, daß im augusteischen Prinzipat
     gerade diese Herrschertugend verwirklicht worden war. Vor allem die persönliche Rechtsprechung des Augustus hatte diesen Eindruck
     erweckt. Sie war aus dem ihm im Jahre 30 v. Chr. verliehenen Recht erwachsen, „auf Anrufung zu richten“ (Cass. Dio 51, 19,
     7), und hatte sich auf Zivil- und Strafsachen erstreckt. Ihre Form war die
cognitio extra ordinem
, die damit in Konkurrenz zum Formular- bzw. Quästionenverfahren trat. Sie bot u. a. den Vorteil, der Billigkeit
( aequitas
) stärkeres Gewicht gegenüber dem strengen Recht einzuräumen, und genau dies rühmte man an Augustus (Val. Max. 7, 7, 4). Neu
     wie das ‘Kaisergericht’ als solches waren auch die an dieses gelangenden Apellationen. Mit ihrer Annahme und Delegation an
     den
praetor urbanus
bzw. Konsulare (für die einzelnen Provinzen) war der ‘Instanzenzug’ Bestandteil des römischen Gerichtswesens geworden (Suet.
     Aug. 33, 3).
    Augustus hatte sich als Gerichtsherr mit einem Konsilium umgeben, das ihn beim Urteilsspruch beriet. Es waren in der Regel
     seine Freunde, die er zu diesen Diensten heranzog, doch kam es auch vor, daß er sich an Fachjuristen wandte wie im Falle des
     L. Cornelius Lentulus (4 n. Chr.), in dem es um die Rechtskraft von letztwilligen Verfügungen ohne feste Form
( codicilli
) ging. C. Trebatius Testa hatte durch sein (positives) Gutachten diesen Fall entschieden. Augustus war überhaupt bestrebt,
     den Rechtsgelehrten einen festen Platz in seiner Staatsneuordnung zu geben. So hatte er bestimmten von ihnen die Auszeichnung
     verliehen, ihre Gutachten kraft seiner
auctoritas
zu erteilen, „damit das Recht größeres Ansehen erhalte“ (Dig. 1, 2, 2, 49). Im juristischen Lehrbetrieb der augusteischen |9| Zeit waren C. Ateius Capito und M. Antistius Labeo die herausragenden Erscheinungen. Sie standen zu Augustus in einem unterschiedlichen
     Verhältnis. Ersterer (Capito) hatte als bester Kenner des Sakralrechts bei der Ausrichtung der Säkularspiele (17 v. Chr.)
     beratend mitgewirkt, letzterer (Labeo) wahrte politisch Distanz und widmete sich ganz seiner literarischen Tätigkeit. Seine
     umfangreiche Hinterlassenschaft, darunter der berühmte Kommentar zum prätorischen Edikt, führte die ‘klassische’ Zeit der
     römischen Rechtswissenschaft herauf.

Das Prädikat ‘klassisch’ ist der augusteischen Kultur insgesamt zuteil geworden: der Kunst, die vor allem durch großartige
     Bauwerke in Erscheinung getreten war, und der Literatur, die durch Vergil, Horaz und Ovid geradezu Himmelshöhen erreicht hatte.
     Augustus selbst hatte sich gerühmt, er hinterlasse Rom als Marmorstadt (Suet. Aug. 28, 3), und von dem Architekten Vitruv
     war ihm das Lob gespendet worden, seine Bauten repräsentierten die „Hoheit des Reiches“
( maiestas imperii
, Vitr. praef. 2). Der Dichter Vergil hatte die außergewöhnliche Ehrung erfahren, daß bei einem Theaterbesuch das Publikum
     sich vor ihm erhob – „wie vor Augustus“ (Tac. dial. 13), und
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