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Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian

Titel: Die Kaiserzeit von Augustus bis Diocletian
Autoren: Heinz Bellen
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Antragstellung auch schriftlich),
     daß die Geschäftsordnung des Senats ihm sozusagen anheimgegeben war. Nichtsdestoweniger hatte Augustus sorgfältig darauf geachtet,
     daß der Senat seine alte Funktion als Regierungsorgan behielt, auch wenn unter den gegebenen Verhältnissen nur eine Mitregierung
     in Frage kam. Es ließ sich also die Meinung vertreten, der Senat verkörpere weiterhin die
libertas
, dann mußte man aber eingestehen, daß diese Freiheit nur den Spielraum neben dem Princeps bezeichnete.

Von den Magistraturen hatte das Konsulat die engste Verbindung zur
libertas
. Beide bezeichneten den Anfang der Republik (Tac. ann. 1, 1, 1). Am Konsulat ließ sich daher in besonderem Maße das Verhältnis
     des Augustus zur Republik ablesen. Dreizehnmal war er Konsul gewesen, aber auf Dauer wollte er dieses höchste Amt nicht führen
     – sicher auch aus Scheu vor der republikanischen Tradition. Andererseits bot gerade das Konsulat dem Princeps die Möglichkeit,
     als der zu erscheinen, der er sein wollte:
Vindex libertatis
(wie L. Iunius Brutus, der erste Konsul). Es war deshalb mehr als ein verfassungsrechtlicher Ausweg, daß Augustus sich im
     Jahre 19 v. Chr. das
imperium consulare
hatte übertragen lassen. Er erhielt dadurch das Recht, die Insignien des Konsulats zu führen (12
lictores, sella curulis, toga praetexta
), d. h. diese mit seiner Princepsstellung zu verbinden. Den Glanz des Konsulats hatte Augustus sich auch insofern zunutze
     gemacht, als er Konsularen die wichtigsten der ihm anvertrauten Provinzen als seinen Statthaltern übertrug. Der erhöhte Bedarf
     an Konsularen wurde durch Verkürzung der Dauer |5| des Konsulats auf 6 Monate erreicht: Jahr für Jahr gab es zwei
consules ordinarii
und mindestens zwei
consules suffecti
.
    Konsulat und Prätur waren im Jahre 5 n. Chr. dem herkömmlichen Wahlverfahren entzogen worden. Zehn aus Senatoren und Rittern
     der Richterdekurien gebildete Zenturien trafen seither über die Kandidaten für diese Ämter eine Vorentscheidung, welche dann
     den
comitia centuriata
zur formellen Wahl präsentiert wurden (Tabula Hebana, Année épigr. 1949, 215). Dadurch, daß die zehn Zenturien nach den verstorbenen
     Adoptivsöhnen des Augustus, C. und L. Caesar, benannt waren, erfolgte die
destinatio
dieses Gremiums gewissermaßen in ihrem Namen. Eine stärkere Einwirkung auf die Beamtenwahlen hatte Augustus durch die direkte
     Empfehlung
( commendatio
) von Kandidaten für die einzelnen Ämter praktiziert, sei es persönlich (Suet. Aug. 56, 1), sei es schriftlich (Cass. Dio
     56, 34, 2), und weiter durch die Beteiligung an der Qualifikationsprüfung für die Amtsbewerber, die zu deren
nominatio
führte. Dieses letztere Verfahren war von besonderer Bedeutung für die Bewerber um die unterhalb der Quästur liegenden Ämter
     des sog. Vigintivirats. Denn Augustus hatte sich das Recht zu sichern gewußt, Aspiranten aus nichtsenatorischen Familien durch
     Verleihung der Tunica mit dem breiten Purpurstreifen
( latus clavus
) den Aufstieg vom Ritter- in den Senatorenstand und damit die Ämterlaufbahn zu ermöglichen.
    Augustus hatte vor, das Wahlrecht des Volkes in den Komitien noch weiter zu beschneiden. In seinem Nachlaß fand sich nämlich
     eine
ordinatio comitiorum
(Vell. 2, 124, 3), welche dem Senat die Aufstellung der endgültigen Kandidatenliste
( nominatio
) zuwies. Tiberius führte diese Anordnung des Augustus im Jahre 15 aus (Tac. ann. 1, 15, 1). Dadurch wurde die eigentliche
     Wahlhandlung in den Senat verlegt, der Volksversammlung blieb nur die Zustimmung zu dem an sie gelangenden Wahlvorschlag.
     Zu dieser von Augustus initiierten Bedeutungsminderung der Komitien stand in krassem Gegensatz die Einschätzung, welche er
     ihnen bei seiner eigenen Wahl zum
pontifex maximus
(12 v. Chr.) zuteil werden ließ: Nie zuvor seien so viele Menschen aus ganz Italien nach Rom geströmt (Mon. Anc. c. 10). Ebenso
     urteilte er über die Erlangung des Pater-patriae-Titels im Jahre 2 v. Chr.: Es war nach seiner Meinung das gesamte römische
     Volk
( populus Romanus univerus
), welches ihm zusammen mit Senat und Ritterstand den Titel antrug (Mon. Anc. c. 35).
    Im Tatenbericht des Augustus stehen neben solchen Äußerungen |6| über den
populus Romanus
andere, die eine enge Verbindung des
princeps
zur
plebs urbana
bezeugen. Ihren Grund hatte diese letztere Beziehung in der
liberalitas
des Augustus, d. h. in Geld- und Getreidespenden
( congiaria, frumentationes
) zu besonderen
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