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Die Jungfrau von Zesh

Titel: Die Jungfrau von Zesh
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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Ichs stand neben ihr und fragte sich nüchtern, ob Gorchakow sie wohl totschlagen würde. Wahrscheinlich jedoch war, dass er sie nur halbtot schlagen und sie dann vergewaltigen würde – oder das, was man ›vergewaltigen‹ nennen würde, wenn er nicht ihr Ehemann wäre. (Als Tochter eines Rechtsanwalts war ihr dieser feine Unterschied bewusst.) Und welches Leben sie danach zu erwarten hatte, versuchte sie sich in ihrer Verwirrung und Angst gar nicht erst auszumalen.
    Während der ganzen Zeit hatte der eiserne Griff um ihr Handgelenk nicht lockergelassen. Obwohl sie ‚selbst bestimmt kein Schwächling war, war ihr bewusst, dass Gorchakow ihr mit Leichtigkeit den Arm brechen konnte.
    Gorchakow nahm die Peitsche vom Bett. Der abgespaltene Teil von Altheas Ich registrierte mit einem leisen Gefühl von Überraschung, untermischt mit einer winzigen, aber nicht zu übersehenden Spur von Gekränktheit, dass der Anblick ihres unbekleideten Körpers seine Wut nicht in erotischere Bahnen kanalisiert hatte. Doch dann sagte sich ihr zweites Ich, dass Gorchakow zweifelsohne an den Anblick nackter Frauen gewöhnt war; oder dass ihre Windhundfigur ihn nicht erotisch ansprach; oder dass er als Sadist eben sexuelle Befriedigung eher aus seiner Peitsche als aus normaleren Praktiken bezog.
    Die Peitsche pfiff durch die Luft, und einbrennender Schmerz lief ihr über den Rücken. Zusammen mit dem Peitschenknall kamen Gorchakows dröhnendes »Ha!« und Altheas gellender Schmerzschrei. Sie zuckte krampfartig zusammen und riss sich los.
    Sie nahm sich nicht die Zeit zu überlegen, ob Gorchakow seinen Griff gelockert oder ob der Schmerz ihr zusätzliche Kraft verliehen hatte. Ehe Gorchakow die Peitsche erneut gehoben hatte, war sie mit einem mächtigen Satz auf der gegenüberliegenden Seite des Raums.
    Sie blickte sich kurz um und nahm blitzschnell hinter dem Schreibtisch Zuflucht. Die obere Schublade stand offen; sie enthielt ein Chaos von persönlichen Papieren und anderem Kram. Verzweifelt hielt sie nach einer Waffe Ausschau. Der einzige halbwegs geeignete Gegenstand war die atomgetriebene Uhr auf dem Schreibtisch. Althea wusste, dass derartige Uhren wegen ihres Schutzmantels sehr schwer waren. In ihrer Kindheit hatte sie bei ihren Spielkameraden immer als sehr gute Schleuderballwerferin gegolten.
    Als Gorchakow schwerfällig durch den Raum stapfte, die Peitsche zum Schlag erhoben, die Hand zum Greifen ausgestreckt, traf ihn sein eigener Wecker mit einem dumpfen Schlag am Kopf. Gorchakow wankte und kippte vornüber. Die Peitsche fiel ihm aus der Hand, und er landete, alle viere von sich streckend, direkt vor Altheas Füßen. Seine Glieder zuckten wie die eines geköpften Reptils. Die Uhr lag neben seinem Kopf; gelassen drehte sich der Sekundenzeiger.
    Althea trat an das Fenster neben dem Schreibtisch. Sie klinkte es auf, entriegelte und öffnete die Scheibe und schaute nach draußen. .
    Sie blickte aus dem zweiten Stock hinunter in den Hof eines der zahlreichen Wohnblocks von Novorecife. Diese Blocks, durchweg schmucklos graue, jedoch äußerst massive Konstruktionen, waren in erster Linie unter dem Aspekt der Abwehr eventueller Überraschungsangriffe von außen konzipiert. Sie waren ausnahmslos quadratisch oder rechteckig und mit einem Innenhof versehen. Die Fenster an den Außenseiten waren klein und hoch wie Schießscharten.
    Der Hof wurde erhellt von einem der drei Monde Krishnas – dem großen Karrim, dessen Licht um ein Vielfaches heller war als das des irdischen Vollmonds. Keine Menschenseele war im Hof zu sehen. Das Innentor, das hinaus auf die Straße führte, stand offen und war unbewacht: die Viagens waren im Frieden mit den Völkern Krishnas.
    Althea warf einen Blick zurück auf Gorchakow und fragte sich, ob er tot oder bloß betäubt war. Aus seinem Mund drangen Schnarchlaute, und seine Brust hob und senkte sich deutlich sichtbar. Althea schloss daraus, dass er lediglich ohnmächtig war und – ein Gedanke, der ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ – jeden Moment wieder aufwachen konnte.
    Obwohl normalerweise ein sittsames Mädchen, das sich den terranischen Nacktstränden stets ferngehalten hatte, nahm Althea sich jetzt nicht einmal die Zeit, sich aus Gorchakows Beständen irgendein Kleidungsstück herauszusuchen. Statt dessen stieg sie hastig über das Fensterbrett, ließ sich, so weit es ging, an den Händen hinunter und sprang.
    Gorchakows Wohnung befand sich – wie die der meisten anderen Fiscais der Viagens
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