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Die Jungfrau von Zesh

Titel: Die Jungfrau von Zesh
Autoren: Lyon Sprague de Camp
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    U nd wir leben dort nur von Früchten und Nüssen«, schwärmte Brian Kirwan, der Poet, und knallte seinen Humpen auf den Tisch in der Nova Iorque-Bar, »und tanzen griechische Tänze mit nacktem Körper. Sobald ich meinen Fuß auf den Strand von Zesh gesetzt habe, tolle ich wie ein junges Zicklein im Frühling mit den anderen in der Sonne herum. Für Krämergeist und schnödes Profitdenken ist dort kein Platz!«
    Herculeu Castanhoso, seines Zeichens Stellvertretender Sicherheitsoffizier in Novorecife, dem terranischen Raumhafen auf Krishna, musterte schweigend seine vier Tischgefährten, die in einer Mischung aus Brasilo-Portugiesisch und Englisch aufeinander einschwatzten. Er konnte sich nicht erinnern, jemals einen Haufen beisammen gesehen zu haben, der so wenig zusammenpasste wie dieses seltsame Viergespann, und das auf einem Planeten, der allgemein in dem Ruf stand, Flucht- und Sammelpunkt für die verkrachten Existenzen der Menschheit zu sein. Der dicke Kirwan war zwar recht witzig und amüsant, aber derart eitel und unberechenbar, dass keiner sich über längere Zeit in seiner Gegenwart wohl fühlte. Die Vorstellung, diesen Fleischkloß mit Blumen im Haar über eine idyllische Wiese hüpfen zu sehen, erfüllte Castanhoso fast mit Schwindel.
    Gottfried Bahr, der Psychologe, polierte lächelnd seine Brillengläser. Er war ein großgewachsener dunkelhaariger Mann, gutaussehend auf eine blasse, schlaksige Art. »Aber warum, mein Freund? Warum kaufen Sie sich nicht eine kleine Insel vor der Küste Ihres Heimatlandes und führen Ihre Tänze dort auf? Warum erst ein Dutzend Lichtjahre von der Erde fortreisen?«
    Castanhoso nickte zustimmend mit dem Kopf, aber aus anderen Gründen als denen des Psychologen. Als würdevoller, traditionsbewusster, konventioneller Mann, der er war, missbilligte er diese exzentrischen terranischen Kulte, die sich seit einiger Zeit auf Krishna eingenistet hatten. Derartige Possen, befand er, setzten die menschliche Rasse in den Augen der reizbaren und streitsüchtigen Krishnaner herab.
    Kirwan erklärte: »Nao, wenn man dem verderblichen Einfluss der dekadenten menschlichen Zivilisation entfliehen will, dann muss man so weit weg von ihr wie eben möglich. Nur ein fremder Planet kann mir die geistige Ellenbogenfreiheit gewährleisten, die mein nur innewohnender Genius zu seiner vollen Entfaltung benötigt.« Bahrs ironisches Lächeln erwiderte er mit einem grimmigen, herausfordernden Blick. »Hat vielleicht irgend jemand von den Herrschaften was dagegen?«
    »Nao, Senhor«, sagte Bahr. Der Psychologe, fand Castanhoso, war noch der am wenigsten Verrückte von der ganzen Riege. Wenngleich von einer etwas farblosen, faden Persönlichkeit, war bei dem Deutschen zumindest nicht zu befürchten, dass er durch irgendeine Unüberlegtheit die Erdbewohner auf Krishna in Schwierigkeiten brachte. Gleich beim ersten Kennen lernen hatte Castanhoso spontan den Gedanken gehabt, dass Bahr dem landläufigen Bild von einem Poeten eigentlich viel eher entsprach als der fette Kirwan.
    »Keiner«, fuhr Bahr fort, »hat was dagegen, wenn Sie sich Trauben ins Haar binden und Kazatska tanzen. Ich habe mir lediglich Gedanken darüber gemacht, ob Sie nicht vielleicht Senhorita Merrick in Ihre Rousseausche Gesellschaft mit aufnehmen könnten, damit ihr Problem gelöst wird.«
    »Nein, vielen Dank!« sagte Althea Merrick. »Selbst wenn es nicht gegen meine Prinzipien verstoße, ich bin zu dürr, um ohne Kleidung gut auszusehen. Wer leitet eigentlich diese Gesellschaft, Mister Kirwan?«
    Castanhoso, dessen Geschmack in Bezug auf Frauen mehr dem drallen, knackigen Typ zuneigte, stimmte Altheas Äußerung schweigend zu. Er betrachtete Miss Merrick eher mit Mitleid als mit Kritik. Sie war nicht unattraktiv, wenn man dunkelblonde Bohnenstangen mochte, die zehn Zentimeter größer waren als man selbst. Oder anders gesagt, sie wäre attraktiv gewesen, wenn sie gescheit zurechtgemacht gewesen wäre und nicht diese abscheulich triste schwarzweiße Uniform ihrer Sekte getragen hätte.
    »Ein Bursche namens Diogo Kuroki, ein Brasilo-Japaner«, antwortete Kirwan.
    »Und Sie sind selbst noch nie dort gewesen?« fragte Althea.
    »Nein, aber ich weiß alles über die Gesellschaft. Ich habe bereits schriftlich alle notwendigen Vorkehrungen für meine Aufnahme getroffen. Gottfried will auch nach Zesh; wir werden also gemeinsam reisen.«
    »Was bedeutet das eigentlich – ›Rousseausche‹ Gesellschaft?«
    Kirwan erklärte es
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