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Die Jaegerin

Die Jaegerin

Titel: Die Jaegerin
Autoren: Brigitte Melzer
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genommen, die wenigen Dinge ausfindig zu machen, die sich jetzt darin befanden. Ohne Catherine Baynes Besuch hätte er womöglich nie damit begonnen.
    Catherine hatte vor fünf Jahren – kurz nach dem Tag der Ushana – plötzlich in der Gasse hinter dem Pfarrhaus gestanden. Ihr war anzusehen gewesen, wie viel Unbehagen, ja beinahe körperlichen Schmerz ihr die Nähe der Kirche bereitete, und sie hatte sich nicht näher herangewagt. Doch sie war auch nicht geflohen. Trotz seiner Furcht vor der Kreatur, die sie war, hatte Vater Ninian das Treffen mit ihr gewagt. Seine Hände hatten gezittert und wollten sich selbst dann nicht beruhigen, als er die Finger um das Kreuz schloss, das er um den Hals trug. Dennoch hatte ihm sein Vertrauen in Gott die Kraft gegeben, ihr gegenüberzutreten.
    Was er jedoch in der Gasse fand, erstaunte ihn zutiefst. Catherine Bayne mochte vielleicht kein Mensch mehr sein, doch ebenso wenig war sie das blutgierige, monströse Wesen, das zu sehen er erwartet hatte.
    »Ich brauche Eure Hilfe, Vater«, hatte sie ihn angefleht. »Schreckliche Dinge sind geschehen und ich habe große Schuld auf mich geladen. Bitte …« Ihre Stimme brach und es dauerte einen Moment, ehe sie ihre Fassung zurückerlangte. »… helft mir!«
    Mit belegter Stimme berichtete sie, was sich zugetragen hatte. Martáinn MacKay, der junge Earl, hatte versucht, sich die Macht der Ushana zunutze zu machen, um selbst Unsterblichkeit zu erlangen und im Glen Beag eine überlegene neue Rasse blutsaugender Kreaturen zu schaffen. Roderick Bayne, Catherines Vater, hatte das erkannt. Um die Gefahr abzuwenden, hatte er die Ushana gezwungen, ihn ebenfalls umzuwandeln. Dennoch war er nicht an Martáinn herangekommen. Catherine hingegen hatte dem Earl stets nahegestanden, ohne dabei zu ahnen, welche Gefahr hinter Martáinns Freundlichkeit lauerte. Was ist das für ein Mann , der nicht einmal davor zurückschreckt, das Leben seiner Tochter zu zerstören? Roderick hatte gewusst, dass Catherine sich nicht freiwillig gegen Martáinn stellen würde. Deshalb hatte er seine Tochter zu einem Vampyr gemacht. Ein willenloses Werkzeug, das dem Bann seines Schöpfers unterworfen war. So hätte es sein sollen. Doch Roderick hatte es nicht vermocht, den Willen seiner Tochter zu brechen. Selbst als die Verwandlung längst nicht mehr aufzuhalten war, hatte sie noch immer gegen seinen Einfluss angekämpft. Als sie endlich erkannte, was Martáinn tatsächlich im Schilde führte, war es beinahe zu spät. Der Earl hatte Roderick bereits getötet und Daeron ap Fealan, dem jungen Krieger, der Catherine bedingungslos zur Seite stand, tödliche Verletzungen zugefügt. In einem verzweifelten letzten Angriff war es Catherine schließlich gelungen, Martáinn zu töten.
    »Daeron lag im Sterben«, berichtete sie unter Tränen. »Das konnte ich doch nicht zulassen. Ihn zu verlieren … Ich dachte, ich könnte ihn retten. Stattdessen habe ich ihn verdammt!« Sie senkte den Kopf. »Ich habe nicht nachgedacht«, fuhr sie leise fort. »Alles, was ich wollte, war, ihn nicht zu verlieren. In meiner Selbstsucht machte ich ihn zu einer Kreatur, wie ich eine bin.«
    Sie blickte auf und griff nach Vater Ninians Hand. Um ein Haar hätte er aufgeschrien, als sich ihre kühlen Finger um seine schlossen. Nur mühsam gelang es ihm, nicht zurückzuweichen.
    »Bitte, Vater, helft mir. Erlöst Daeron von dem Fluch, den ich über ihn gebracht habe! Sein Dasein soll nicht von Tod und Blutlust bestimmt sein!«
    »Ihr wollt die Verwandlung rückgängig machen?«
    Sie nickte.
    Zu seinem Erstaunen war nun er es, der ihre Finger drückte. Catherines Verzweiflung und ihre Tränen berührten sein Herz. Konnte ein Wesen der Finsternis tatsächlich weinen? War da am Ende noch immer ein Funken Menschlichkeit in ihr?
    »Ich fürchte, ich kann nichts für Euch tun.« Es fiel ihm schwer, in ihre Augen zu blicken und zu sehen, wie seine Worte die Hoffnung darin zerschmetterten. »Einzig, wenn der Keim der Krankheit zerstört wird, kann Daeron ap Fealan gerettet werden.«
    »Der Keim?« Sie entzog ihm ihre Hand. »Aber das bin ich! Bedeutet das, wenn ich sterbe, ist er frei? So sei es! Tötet mich!«
    Vater Ninian schüttelte den Kopf. »So einfach ist es nicht. Der Keim ist der Ursprung allen Vampyrismus. Die Saat. Nur wenn Ihr den ersten Vampyr – den Unendlichen – vernichtet, wird Daeron frei sein. Ebenso wie Ihr.« Er zögerte einen Moment, dann fügte er hinzu: »Ich weiß jedoch nicht, ob Ihr
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