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Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)

Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)

Titel: Starbuck. Der Rebell: Buch 1 (Die Starbuck-Serie)
Autoren: Bernard Cornwell
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    Erster Teil
    Eins
    D er junge Mann saß oben am Shockoe Slip in der Falle, wo in der Cary Street eine Menschenmenge zusammengelaufen war. Der junge Mann hatte gerochen, dass Ärger in der Luft lag, und einen Ausweichversuch in ein Gässchen hinter Kerr’s Tobacco Warehouse gemacht, dort aber hatte ihn ein Kettenhund bedroht, sodass er wieder auf den steilen, kopfsteingepflasterten Shockoe Slip zurückgedrängt wurde, wo ihn die Menge einkreiste.
    «Haben wir’s eilig, Mister?», schrie jemand herausfordernd.
    Der junge Mann nickte, sagte aber nichts. Er war groß und schlank, hatte langes schwarzes Haar und ein glattrasiertes, ebenmäßiges Gesicht mit entschlossenen Zügen, auch wenn sein gutes Aussehen derzeit von Schlafmangel beeinträchtigt war. Seine Haut war bleich und betonte seine Augen, deren Farbe dem nebelverhangenen Meer um Nantucket glich, wo seine Vorfahren gelebt hatten. In der einen Hand hielt er das Ende einer Hanfkordel, die um einen Bücherstapel geschlungen war, während er in der anderen eine Reisetasche mit angebrochenem Griff trug. Seine Kleidung war von guter Qualität, aber ausgefranst und schmutzig, wie die eines Mannes, der so ziemlich vom Glück verlassen war. Er gab keine Furcht vor der Menschenmenge zu erkennen, sondern schien sich ihrer Feindseligkeit zu ergeben, als wäre sie ein weiteres Kreuz, das er eben tragen musste.
    «Schon das Neueste gehört, Mister?» Der Wortführer war ein Kahlkopf mit schmutziger Schürze, die nach Gerberei stank.
    Wieder nickte der junge Mann. Er musste nicht fragen, um welche Neuigkeit es ging, denn es gab nur ein einziges Ereignis, das auf Richmonds Straßen einen solchen Aufruhr hatte hervorrufen können. Fort Sumter war gefallen, und die mit einem Bürgerkrieg verbundenen Nachrichten, Hoffnungen und Ängste verbreiteten sich in den amerikanischen Staaten wie ein Lauffeuer.
    «Von wo sind Sie?», fragte der Kahlkopf und packte den jungen Mann am Ärmel, als wollte er eine Antwort notfalls erzwingen.
    «Hände weg!» Der hochgewachsene junge Mann wurde wütend.
    «Das war nur eine höfliche Frage», sagte der Kahlkopf, ließ aber dennoch den Ärmel des jungen Mannes los.
    Der junge Mann wollte sich abwenden, doch die Menge drängte sich zu dicht um ihn, und er wurde zurück über die Straße Richtung Columbian Hotel geschoben. Dort war ein älterer Herr in respektabler, jedoch derangierter Kleidung an die schmiedeeisernen Gitterstreben eines Hotelfensters im Erdgeschoss gefesselt worden. Der junge Mann war noch kein Gefangener der Menge, allerdings war er auch nicht frei, solange er nicht irgendwie ihre Neugierde befriedigt hatte.
    «Haben Sie Papiere?», schrie ihm ein anderer Mann ins Ohr.
    «Die Sprache verloren, mein Sohn?» Der Atem der Fragesteller stank nach Whiskey und Tabak. Der junge Mann unternahm eine weitere Anstrengung, um seine Verfolger wegzudrücken, doch es waren zu viele, und er konnte sie nicht daran hindern, ihn an eine Pferdestange auf dem Fußweg vor dem Hotel zu drängen. Es war ein lauer Frühlingsvormittag. Keine Wolke stand am Himmel, doch all der dunkle Rauch von den Tredegar Iron Works und den Gallegoe Mills und der Asa Snyder Stove Factory und den Tabakfabriken und Talbott’s Foundry und den städtischen Gaswerken hatte einen stinkenden Vorhang vor die Sonne gezogen. Ein schwarzer Fuhrwerkskutscher, der mit einem leeren Wagen von den Kaianlagen der Samson and Pae’s Foundry heraufkam, beobachtete von seinem Kutschbock herab mit ausdrucksloser Miene, was da vor sich ging. Die Menschenmenge hatte es dem Kutscher unmöglich gemacht, seine Pferde auf dem Shockoe Slip umdrehen zu lassen, aber der Mann war zu klug, um sich zu beschweren.
    «Von wo kommst du, Junge?» Der kahlköpfige Gerber streckte seinen Kopf vor, sodass er beinahe das Gesicht des jungen Mannes berührte. «Und wie heißt du?»
    «Das geht Sie nichts an», kam es unwillig zurück.
    «Dann finden wir es selbst heraus!» Der Kahlkopf packte das Bündel mit den Büchern und versuchte, es dem jungen Mann wegzunehmen. Einen Moment lang zogen sie beide, dann zerriss die ausgefranste Kordel, mit der die Bücher zusammengebunden waren, und die Bände fielen aufs Kopfsteinpflaster. Der Kahlkopf lachte, und der junge Mann verpasste ihm einen Schlag. Es war ein ziemlich kräftiger Hieb, der den Kahlkopf aus dem Gleichgewicht brachte, sodass er zurücktaumelte und beinahe hinfiel.
    Irgendwer jubelte vor lauter Begeisterung über das Temperament
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