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Die irische Signora

Die irische Signora

Titel: Die irische Signora
Autoren: Maeve Binchy
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der geistesgestörten Siobhan Casey? Und würde Nora O’Donoghue in das kleine sizilianische Dorf zurückkehren, das sechsundzwanzig Jahre lang ihr Lebensmittelpunkt gewesen war? Auch wenn sie einander ein paar ihrer Geheimnisse anvertraut hatten, waren sie doch beide viel zu sehr daran gewöhnt, ihre Probleme für sich zu behalten. Obwohl Connie sich durchaus fragte, was die Signora wohl davon abgehalten hatte, bei Aidans Vortrag dabeizusein, und weshalb sie erst so spät nachts zurückgekehrt war. Und die Signora hätte gerne gewußt, ob Connie noch einmal von der Person gehört hatte, die ihr diesen unerfreulichen Brief hatte zukommen lassen.
    Doch sie gingen zu Bett und unterhielten sich lediglich darüber, auf welche Uhrzeit sie den Wecker stellen sollten.
    »Morgen ist die Papst-Audienz«, sagte die Signora plötzlich.
    »Ach Gott, das habe ich ganz vergessen«, gab Connie zu.
    »Ich auch. Ist das nicht eine Schande?« kicherte die Signora.
     
    Der Besuch beim Papst war ein großes Erlebnis. Zwar wirkte der Heilige Vater ein wenig gebrechlich, doch schien er bester Laune zu sein. Und alle waren überzeugt, daß er sie direkt angesehen hatte. Obwohl Hunderte, vielleicht sogar Tausende auf dem Petersplatz gewartet hatten, war es irgendwie doch eine sehr persönliche Begegnung gewesen.
    »Gut, daß wir keine Privataudienz hatten«, seufzte Laddy, als hätte das durchaus im Bereich des Möglichen gelegen. »Irgendwie ist es im großen Rahmen besser. Da sieht man, daß der Glaube noch lebendig ist, und vor allem muß man sich nicht überlegen, was man zu ihm sagen oder ihm erwidern soll.«
    Lou und Bill Burke hatten davor beide drei eiskalte Bier getrunken, und als Barry sie getroffen hatte, war er kurzerhand mitgegangen. Suzi und Lizzie lutschten derweil kühle Eiscreme. Alle fotografierten. Und alle entschieden sich für das gemeinsame Mittagessen, obwohl die Teilnahme freigestellt war. Denn die meisten waren beim Frühstück zu verkatert oder zu niedergeschlagen gewesen, um daran zu denken, sich Brote zu schmieren.
    »Ich hoffe, die Gruppe ist besser in Form, wenn wir morgen abend zu der Party bei Signor Garaldi gehen«, meinte Laddy mißbilligend zu Kathy und Fran.
    »Ach, du lieber Himmel, die Party«, stöhnte Lou, der gerade an ihnen vorbeiging, und hielt sich den schmerzenden Kopf.
     
    »Signora?« sagte Aidan nach dem Mittagessen.
    »Das klingt ein bißchen förmlich, Aidan. Sonst nennst du mich doch Nora«, lächelte sie.
    »Ähm.«
    »Was ist ähm?«
    »Wie war denn deine Besprechung gestern, Nora?«
    Sie schwieg einen Moment. »Sehr interessant. Und obwohl sie in einem Restaurant stattfand, habe ich es geschafft, nüchtern zu bleiben – im Gegensatz zu praktisch jedem anderen hier. Ich war erstaunt, daß der Heilige Vater nicht vom Stuhl gefallen ist, als ihm die Alkoholfahne unserer Gruppe entgegenschlug.«
    Aidan lächelte. »Ich war in einer Bar und habe meinen Kummer ertränkt.«
    »Was hat dich denn bekümmert?«
    »Nun, hauptsächlich, daß du nicht da warst, um meinen Vortrag zu hören.« Er versuchte, einen unbeschwerten Ton anzuschlagen.
    Da erhellte sich ihre Miene, und sie griff in ihre große Handtasche. »Aber ich
habe
ihn gehört. Sieh nur, was Constanza mir gegeben hat. Ich habe ihn mir von Anfang bis Ende angehört. Er war wundervoll, und alle haben danach ganz begeistert geklatscht, weil es ihnen so gut gefallen hat. Man hat jedes Wort verstanden, und ich habe alles ganz deutlich vor mir gesehen. Ja, wenn wir wieder mal ein bißchen freie Zeit haben, werde ich hingehen und mir das Band noch mal vorspielen. Es wird wie eine Privatführung ganz für mich allein sein.«
    »Du weißt, daß ich den Vortrag für dich noch einmal halten würde.« Aidans Blick war zärtlich, er faßte nach ihrer Hand, doch sie entzog sie ihm.
    »Nein, Aidan, bitte nicht, das ist nicht fair. Sonst bringst du mich noch auf falsche Gedanken, wie … daß dir an mir oder meiner Zukunft etwas gelegen wäre.«
    »Aber Nora, du weißt doch, daß das so ist.«
    »Ja. Und das ist jetzt schon seit über einem Jahr so, daß wir einander in dieser Weise zugetan sind. Aber das geht doch nicht. Du bist verheiratet, hast Familie.«
    »Nicht mehr lange«, erwiderte er.
    »Na ja, Grania heiratet, aber sonst ändert sich nichts.«
    »O doch. Es hat sich bereits eine Menge geändert.«
    »Ich darf dir nicht länger zuhören, Aidan. Ich muß mir über etwas sehr Wichtiges klarwerden.«
    »Diese Leute wollen, daß du wieder
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