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Die irische Signora

Die irische Signora

Titel: Die irische Signora
Autoren: Maeve Binchy
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wirklich.« Aber es klang nicht ganz aufrichtig.
    »Sie sollten nicht so allein hier herumsitzen, Sie haben es doch zusammen mit der Signora organisiert. Wo steckt sie denn?«
    »Sie hat ein paar Freunde aus Sizilien getroffen. Dort hat sie früher gelebt, wissen Sie.« Nun schwang auch noch ein verbitterter Unterton in seiner Stimme mit.
    »Oh, wie schön.«
    »Schön für sie. Sie verbringt den Abend mit ihnen.«
    »Es ist doch nur ein Abend, Mr. Dunne.«
    »Vielleicht.« Jetzt schmollte er wie ein Zwölfjähriger.
    Nachdenklich sah Fiona ihn an. Sie wußte so viel. Beispielsweise, daß seine Frau Nell ein Verhältnis mit Barrys Vater gehabt hatte. Das war zwar inzwischen vorbei, aber offensichtlich kamen von Mrs. Dunne weiterhin bestürzte Anrufe und Briefe; sie hatte keine blasse Ahnung, daß Fiona für den Bruch gesorgt hatte. Von Grania und Brigid wußte Fiona, daß ihr Vater ganz und gar nicht glücklich war und sich für Stunden in sein kleines italienisches Zimmer zurückzog, ja, es kaum noch verließ. Und wie jeder Teilnehmer dieser
viaggio
wußte sie natürlich, daß er in die Signora verliebt war. Ihr fiel ein, daß in Irland neuerdings Ehen geschieden werden konnten.
    Die schüchterne Fiona von früher hätte es dabei bewenden lassen, sie hätte sich nicht eingemischt. Aber die neue, glückliche Fiona scheute keine Auseinandersetzung. Und so holte sie tief Luft. »Gestern hat mir die Signora erzählt, daß Sie es waren, der den Traum ihres Lebens wahr gemacht hat. Sie hat gesagt, bis Sie ihr diesen Job angeboten haben, hätte sie sich immer klein und unbedeutend gefühlt.«
    Doch Mr. Dunne antwortete nicht so, wie sie es sich gewünscht hätte. »Das war, bevor sie diese Sizilianer wiedergetroffen hat.«
    »Nein, das hat sie auch heute mittag nochmals gesagt«, log Fiona.
    »Ja?« Er wirkte wie ein kleines Kind.
    »Mr. Dunne, darf ich offen und ganz im Vertrauen mit Ihnen reden?«
    »Natürlich, Fiona.«
    »Und Sie werden nie jemandem verraten, was ich Ihnen gesagt habe, insbesondere Grania und Brigid nicht?«
    »Versprochen.«
    Fiona wurde ganz flau. »Vielleicht brauche ich zuerst etwas zu trinken.«
    »Kaffee, ein Glas Wasser?«
    »Einen Brandy, fürchte ich.«
    »Wenn es so schlimm ist, dann bestelle ich mir besser auch einen«, erwiderte Aidan Dunne, und sie teilten dem Kellner in fließendem Italienisch ihren Wunsch mit.
    »Mr. Dunne, Ihre Frau ist nicht hier bei Ihnen.«
    »Ja, das habe ich bemerkt«, nickte Aidan.
    »Nun, es gab da eine bedauerliche Episode. Denn, wissen Sie, sie war mit Barrys Vater befreundet – ein wenig zu gut befreundet. Was Barrys Mutter ziemlich mitgenommen hat. Nun, mehr als das. Sie hat versucht, sich umzubringen.«
    »
Was
?« Aidan Dunne war völlig schockiert.
    »Es ist noch mal gutgegangen, und die Sache zwischen Ihrer Frau und Barrys Vater ist auch vorbei, seit der
festa
oben im Mountainview. Wie Sie vielleicht noch wissen, ist Mrs. Dunne ziemlich überstürzt nach Hause gegangen. Und jetzt ist Barrys Mutter wieder auf den Beinen, und sein Vater ist auch nicht mehr, na ja, unschicklich eng mit Mrs. Dunne befreundet.«
    »Fiona, davon ist kein Wort wahr!«
    »Doch, Mr. Dunne. Aber Sie haben mir hoch und heilig versprochen, es niemandem weiterzuerzählen.«
    »Aber das ist doch wirres Zeug, Fiona.«
    »Nein, es ist die Wahrheit. Sie können ja Ihre Frau fragen, wenn Sie nach Hause kommen. Sie ist die einzige, mit der Sie darüber reden dürfen. Aber vielleicht wäre es besser, das ebenfalls seinzulassen. Barry hat keine Ahnung, ebensowenig wie Grania oder Brigid, warum sollten wir sie alle unglücklich machen?« Mit ihren großen Brillengläsern, in denen sich die Lichter der Bar spiegelten, wirkte sie so grundehrlich, daß Aidan ihr schließlich glaubte.
    »Aber warum erzählst du mir davon, wenn keiner es wissen darf und niemand deswegen bekümmert sein soll?«
    »Weil … weil ich möchte, daß Sie und die Signora glücklich werden, Mr. Dunne. Ich will nicht, daß Sie denken, Sie wären zuerst untreu geworden in Ihrer Ehe. Gewissermaßen wollte ich sagen, daß Sie keine falsche Rücksicht zu nehmen brauchen, da das mit der Treue sowieso schon nicht mehr der Fall war.« Abrupt hielt Fiona inne.
    »Du bist ein erstaunliches Kind«, sagte er. Nachdem er die Rechnung bezahlt hatte, gingen sie schweigend zum Hotel Francobollo zurück. In der Eingangshalle schüttelte er ihr förmlich die Hand. »Ganz erstaunlich«, sagte er noch einmal.
    Dann ging er hinauf
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