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Die Hitze der Hölle

Die Hitze der Hölle

Titel: Die Hitze der Hölle
Autoren: Paul C. Doherty
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einmal umzudrehen.
    Corbett ging mit ausgestreckter Hand auf den Großmeister zu. »Adieu.«
    De Molay packte sein Handgelenk und hielt es mit aller Kraft fest. Corbett fing an, sich Sorgen zu machen. Ranulf fluchte und trat einen Schritt vor.
    »Ihr seid unser Gast«, erklärte de Molay. »Es ist zu spät zum Umkehren. Ihr seid der Bevollmächtigte des Königs. Ihr müßt sein Zeuge sein, daß Gerechtigkeit geübt wird.«
    Corbetts Herz setzte einen Schlag aus. De Molay hatte recht. Bei Legraves Hinrichtung würde er als Zeuge benötigt werden. Der König würde das fordern.
    »Habt Ihr Einwände?« fragte de Molay neugierig.
    »Ich sehe niemanden gerne sterben«, sagte Corbett, »und am allerwenigsten auf dem Schafott.«
    De Molay ließ seine Hand los. »Das wird schnell gehen«, murmelte er. »Und nun, Sir, bittet Eure Diener, den Raum zu verlassen, Branquier und ich haben Euch etwas zu sagen.«
    »Herr«, protestierte Ranulf. »Es ist nicht so, als...«
    »Sir Hugh befindet sich in Sicherheit«, erklärte de Molay. »Es wird ihm nichts zustoßen. Ihr habt mein Wort.«
    Corbett nickte. Ranulf und Maltote gingen zögernd zur Tür. »Wartet auf Euren Herrn im Gästehaus«, rief ihnen der Großmeister hinterher. »Es dauert vielleicht etwas länger, aber Ihr habt nichts zu befürchten.«
    Als sich die Tür hinter den beiden geschlossen hatte, gab de Molay Corbett ein Zeichen, wieder Platz zu nehmen. Er und Branquier setzten sich neben ihn.
    »Ihr hattet einen Verdacht«, begann Corbett.
    »Ich hatte Baddlesmeres Rätsel verstanden«, entgegnete de Molay. »Beim Großkapitel in Paris war Legrave oft abwesend. Ich fragte mich, ob er sich mit Agenten von Philipp traf. Der französische König hat uns immer als ein Ärgernis betrachtet. Wir erinnern ihn ständig daran, daß sein heiliggesprochener Großvater den heiligen Stätten in Outremer zu Hilfe geeilt ist. Aber da ist noch etwas. Vor etwa achtzehn Monaten bewarb sich Philipp, der gerade Witwer geworden war, darum, in den Orden aufgenommen zu werden.«
    »Warum?« rief Corbett.
    »Wegen der Ehre, vielleicht wegen unserer Schätze oder um das große Geheimnis zu erfahren.«
    »Welches große Geheimnis?« wollte Corbett wissen.
    De Molay sah Branquier über den Tisch hinweg an.
    »Er hat es verdient, das Geheimnis zu erfahren«, meinte er mit leiser Stimme.
    Branquier atmete lautstark aus.
    »Ich habe so entschieden«, sagte de Molay. Er lockerte den Kragen seines Hemdes und holte ein goldenes Reliquiar hervor, das vorne von einem dicken Glas bedeckt wurde, und legte es auf den Tisch. Dann zog er die Kerze näher heran.
    »Was ist das?« fragte Corbett.
    »Ein Stück des wahrhaftigen Kreuzes«, antwortete de Molay. »Wir haben es an uns gebracht, ehe die Schlacht von Hattin verloren wurde. Legt Eure Hand darauf.«
    Corbett gehorchte.
    »Jetzt schwört«, drängte der Großmeister, »daß Ihr das, was Ihr heute nacht miterlebt, keiner Menschenseele erzählen werdet, nicht einmal andeutungsweise.«
    »Ich schwöre!« sagte Corbett. Er wußte, daß ihm die Templer jetzt das große Geheimnis ihres Ordens anvertrauen würden, den Ursprung ihrer geheimen Rituale und den Grund für ihre Geheimkammern und für ihre Zeremonien, die um Mitternacht stattfanden.
    »Ich schwöre«, wiederholte er, »beim Kreuz des Erlösers!«
    De Molay hängte sich das Reliquiar wieder um den Hals und führte ihn zusammen mit Branquier ohne ein weiteres Wort aus dem Saal. Sie gingen die Treppe hinauf, einen Gang entlang und auf die Geheimkammer zu, die immer noch von einigen Soldaten streng bewacht wurde. De Molay schloß auf, ließ Corbett jedoch nicht ein treten. Statt dessen kam er mit dem Gobelin wieder zum Vorschein, der Corbett schon bei seinem ersten Besuch der Kammer aufgefallen war. Die Soldaten standen mit gesenkten Köpfen und ohne eine Miene zu verziehen da, während die drei eine weitere Treppe hinaufgingen und in eine geheime Kapelle traten. Der Großmeister hängte den Gobelin vor einen Altar, der auf einem kleinen Podium stand. Er entzündete einige an der Wand befestigte Fackeln und einige Kerzen auf dem Fußboden. Der dunkle Raum erstrahlte in gleißendem Licht. Daraufhin legte der Großmeister drei Kissen auf den Fußboden. Branquier gab Corbett ein Zeichen, neben ihm niederzuknien. De Molay machte sich am Holzrahmen des Gobelins zu schaffen. Er entfernte diesen zusammen mit dem gestickten Bild; darunter kam ein helles Leintuch zum Vorschein. Corbett fiel auf, daß es sehr alt
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