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Die Hitze der Hölle

Die Hitze der Hölle

Titel: Die Hitze der Hölle
Autoren: Paul C. Doherty
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und legte sich auf den purpurnen Seidendiwan zwischen seine nackten Konkubinen, deren Haut golden glänzte. Sie murmelten im tiefen Schlaf des Rausches, und er starrte an die Zedernholzdecke seines Gemaches, die mit Intarsien aus Gold und Diamanten geschmückt war. Unruhig setzte er sich auf und betrachtete die leblosen Vögel aus Gold und Silber mit emaillierten Flügeln und funkelnden Augen aus Rubinen. Der Scheich streckte die Hand nach dem Tisch neben dem Bett aus, auf dem sich ihm auf goldenen Tellern und in Kelchen aus farbigem Glas die süßesten Weine und die reifsten Früchte darboten. Er hatte genug gegessen und getrunken und empfand Langeweile, doch es gab einige Dinge, um die er sich kümmern mußte.
    »Was nützt es dem Menschen«, murmelte Scheich Al-Jebal und zitierte die Christen, »wenn er die ganze Welt gewinnt und leidet doch Schaden an seiner Seele?«
    Am Vortag waren Boten mit Nachrichten aus der großen Welt eingetroffen, mit Gerüchten von den geschäftigen Märkten Alexandriens und Tripolis’ sowie aus dem Westen aus den Ländern der Ungläubigen, aus Rom, Avignon, Paris und London. Der Scheich erhob sich vom Diwan. Er reckte sich, und ein Sklave, der in einer Ecke gewartet hatte, eilte mit einem weißen Umhang aus dünnem Stoff herbei und legte ihn vorsichtig seinem Herrn um die Schultern. Der Alte Mann schenkte ihm keinerlei Beachtung. Er ging zu einer kleinen Nische, zog einen goldgeprägten Ledervorhang beiseite und betrachtete seine Schachfiguren aus Elfenbein.
    »Es ist der Wille Allahs!« murmelte er. »Es ist der Wille Allahs, daß ich in dieses Spiel eingreife.«
    Er nahm die Figur des Königs und, sie auf seiner Wange hin und her bewegend, durchmaß er den Raum und ließ sich auf seinem thronähnlichen Stuhl nieder. Er dachte an die ungläubigen Könige des Westens, Edward von England und Philipp von Frankreich, und an seine unversöhnlichsten Feinde, jene Soldatenmönche, jene Tempelherren mit ihren roten Kreuzen, großen Burgen und ihrer unglaublichen Macht. Er spielte mit der Figur des Königs und lächelte träge.
    »Es ist an der Zeit«, murmelte er, »daß ich mich unter die Menschen begebe.«
    England und Frankreich standen kurz vor der Unterzeichnung eines wichtigen Friedensvertrags. Der Templerorden würde sich diesen Frieden zunutze machen und die Aufmerksamkeit der westlichen Könige und Prinzen auf die Wiedereroberung Jerusalems und weiterer heiliger Stätten richten. Erneut würde man die Flotten Venedigs, Genuas und Pisas vor der Küste Palästinas sehen. Die Templer würden ihre Burgen mit Nachschub versorgen, und die großwüchsigen Ritter in eisernen Rüstungen aus dem Westen würden die Küste überschwemmen, ihre Fahnen über Akka, Damaskus, Tripolis und Sidon aufziehen und überall ein riesiges Blutbad veranstalten. Man munkelte seltsame Dinge, erzählte sich seltsame Geschichten, die der Alte Mann der Berge kaum glauben mochte, die er jedoch in seinen Plan einbezogen hatte. Er schloß die Augen und flüsterte die drei geheiligten Botschaften der Meuchelmörder, der Assassinen, die sie jedem ihrer Opfer zukommen ließen.

    Wisse, daß wir kommen und gehen, wie es uns beliebt, und daß Du uns nicht daran hindern kannst.
    Wisse, daß Dir all Dein Besitz abhanden kommt und schließlich uns zufällt.
    Wisse, daß wir Macht über Dich besitzen und daß das so sein wird, bis wir unsere Mission erfüllt haben.

    Er öffnete die Augen. Wenige entkamen einer solchen Botschaft, nur einem, Edward von England, war es bisher gelungen. Auf einem Kreuzzug in Palästina hatte sich ein vergiftetes Messer in seine Schulter gebohrt. Aber der Gnade Gottes und der Pflege seiner Frau war es zu verdanken gewesen, daß er von dem Gift wieder genesen war. Der Alte Mann der Berge spielte mit den Ringen an seinen Fingern. Er mußte sich die Geheimnisse, die er kannte, zunutze machen. Aber wie, fragte er sich, konnten die Meuchelmörder auf Edwards kalte und neblige Insel gesandt werden? Er spielte weiter mit den Ringen und betrachtete das Funkeln der wertvollen Steine. Dann hob er den Kopf. Es gab noch andere Arten, einen Mann umzubringen, als ihn von einem Skorpion stechen zu lassen.
    »Bringt den Gefangenen her!« flüsterte er in die von Düften erfüllte Luft. »Laßt den Ungläubigen frei, den Ritter, den wir den Unbekannten nennen. Er wird tun, was ich von ihm verlange!«

    Etwa drei Monate später waren Lady Cecilia und Lady Marcia vom Orden des heiligen Benedikt auf der alten
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