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Die Hitze der Hölle

Die Hitze der Hölle

Titel: Die Hitze der Hölle
Autoren: Paul C. Doherty
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dem Sattel. Bei dem scheußlichen Anblick war sie ohnmächtig geworden.

1

    York. Mariä Verkündigung 1303

    I ch brauche es, weiß Gott!« Edward von England fuhr sich mit der Hand durch sein stahlgraues Haar und schlug dann mit der Faust auf den Tisch im Refektorium des Klosters St. Leonard bei York. Der Faustschlag hallte in dem langen weißgekalkten Raum wider. »Ich brauche Geld!« rief der König.
    Die Kommandanten des Templerordens, die wichtigsten Offiziere des Kriegerordens der Christenheit, ließen sich von der Vorstellung des englischen Königs jedoch nicht einschüchtern. Alle vier schauten an das andere Ende der Tafel. Hier saß Jacques de Molay, der Großmeister ihres Ordens, gerade erst aus Frankreich eingetroffen, auf einem Stuhl mit hoher Lehne und hielt die Hände wie zum Gebet gefaltet.
    »Nun?« brüllte Edward. »Wollt Ihr mir jetzt eine Antwort geben, oder wollt Ihr mir Euren Segen erteilen?«
    »Eure Hoheit, wir sind nicht Eure Untertanen!«
    »Bei allem, was recht ist, einige von Euch sind das sehr wohl!« fauchte Edward ihn an. Er richtete sich auf, straffte die Schultern und klopfte mit seinem Zeigefinger auf die Tafel. »Auf dem Weg hierher bin ich an Eurem Gut Framlingham mit seinem eleganten Torhaus, seinen großen Feldern und Weiden, Teichen und Obstgärten vorbeigekommen. Dieses Land gehört mir. Das Vieh, das dort grast, gehört mir. Die Spatzen, die in den Bäumen nisten, und die Tauben in Euren Taubenschlägen sind ebenfalls mein Eigentum. Mein Vater hat Euch dieses Gut gegeben, ich kann es Euch jederzeit wieder wegnehmen!«
    »All unsere Habe«, entgegnete de Molay mit leiser Stimme, »kommt von Gott. Es wurde uns alles von edlen Prinzen wie Eurem Vater zum Lehen gegeben, damit wir unseren Kampf gegen die Ungläubigen fortsetzen und die heiligen Stätten in Outremer zurückerobern können.«
    Edward von England war sehr versucht, ihm entgegenzuhalten, daß die Tempelherren dabei bisher ja offensichtlich versagt hatten. Sein dunkelhaariger Bevollmächtigter, der in einer Fensternische saß, fing seinen Blick auf und schüttelte unmerklich den Kopf. Edward atmete hörbar durch die Nase aus und schaute auf die polierte Stichbalkendecke.
    »Ich brauche nun einmal Geld«, erklärte Edward. »Mein Krieg in Schottland nähert sich seinem Ende. Wenn ich ihn nur erwische, diesen Halunken, dieses Irrlicht Wallace...«
    »Mit Frankreich befindet Ihr Euch aber zur Zeit nicht im Krieg«, unterbrach ihn de Molay. »Ihr und Seine erlauchte Majestät Philipp IV. seid drauf und dran, einen Vertrag über einen ewigen Frieden zu unterzeichnen.«
    Edward bemerkte den ironischen Unterton und unterdrückte ein Grinsen.
    »Euer Sohn«, fuhr de Molay fort, »Euer gesetzmäßiger Thronerbe, der Prinz von Wales, wird die Tochter Philipps IV. heiraten, die Prinzessin Isabella. Sie hat eine reiche Mitgift.«
    John de Warrenne, der Earl of Surrey, der links vom König saß, mußte aufstoßen. Der Blick seiner wasserblauen Augen wich nicht einen Moment von de Molays Gesicht. Edward trat de Warrenne mit dem Stiefelabsatz auf die Zehen.
    »Der gute Earl«, entschuldigte ihn Edward, »reagiert vielleicht gelegentlich nicht allzu elegant, Seigneur de Molay, doch Ihr verspottet uns. Isabella ist erst neun Jahre alt. Es dauert noch drei Jahre, bis sie heiraten kann. Ich aber bin gezwungen, in den nächsten Monaten Geld aufzutreiben. Im Sommer muß eine neue Armee in Schottland einsatzbereit sein.«
    Edward schaute die vier Kommandanten des Templerordens verzweifelt an. Sie werden mir doch sicher helfen? Sie sind Engländer. Sie kennen die Probleme, mit denen ich zu tun habe. Die wettergegerbten Züge von Bartholomew Baddlesmere, dessen Haupt so kahl war wie ein Taubenei, zeigten jedoch kein Mitleid. Neben ihm saß William Symmes, sein Antlitz von Narben übersät. Über dem linken Auge trug er eine schwarze Augenklappe, sein dünnes blondes Haar hing strähnig um ein schmales und niederträchtiges Gesicht. Von ihm hatte er nichts zu erhoffen. Beide waren sie durch und durch Tempelherren. Abgesehen von ihrem verdammten Orden, interessieren sie sich für nichts. Edward versuchte Blickkontakt zu Ralph Legrave aufzunehmen, der vor zwanzig Jahren Ritter an seinem Hofe gewesen war. Jetzt trug er den weißen Umhang der Templer mit dem roten Kreuz. Legraves offenes, jungenhaftes Gesicht mit jungfräulich glatter Haut zeigte jedoch kein Mitgefühl mit seinem ehemaligen Herrn. Gegenüber von Legrave saß Richard Branquier,
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