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Die Hitze der Hölle

Die Hitze der Hölle

Titel: Die Hitze der Hölle
Autoren: Paul C. Doherty
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Römerstraße unterwegs, die zu dem Stadttor Yorks führte, das den Namen Botham Bar trägt. Es dämmerte bereits, dunkel erhoben sich die nassen Wälder zu beiden Seiten der Straße. Die Nonnen, in braune Trachten aus Wolle gehüllt, ritten die besten Zelter ihres Klosters und schwatzten angeregt, um ihre Besorgnis zu unterdrücken. Ihre Angst hielt sich jedoch in Grenzen, denn ihr Begleiter, Thurston of Guiseborough, der vor ihnen herging, war ein kräftiger, etwas untersetzter Bauer. Er trug einen kurzen und schmalen Schild auf dem Rücken sowie Schwert und Dolch im Gürtel. In seiner kräftigen Faust hielt er eine Keule, mit der er einen Ochsen hätte bewußtlos schlagen können. Die beiden Nonnen liebten es, einander angst zu machen. Ab und zu schauten sie hastig zur Seite und auf die regenfeuchten Bäume und gedachten der Römer, die diese Straße gebaut hatten. Die Geister dieses Volkes der Antike lebten in den von Weinranken umwucherten Ruinen inmitten des feuchtkalten Waldes, in denen Eulen, Füchse und Dachse hausten.
    Die Angst der guten Nonnen wuchs, je dunkler es wurde und je mehr nächtliche Geschöpfe am Rande des Weges sichtbar wurden. Ein Wildschwein brach krachend mit funkelnden Fangzähnen aus dem Unterholz hervor. Füchsinnen heulten den aufgehenden Mond an, und in einem zwischen den Bäumen verborgenen Weiler kläffte ein Hund verzweifelt, vermutlich, weil er sich vor der Dunkelheit fürchtete. Die beiden ritten enger beieinander und versuchten sich im stillen zu trösten. Wer würde zwei Frauen, die ihr Leben Gott geweiht hatten, schon etwas zuleide tun? Tatsächlich vertrauten sie jedoch mehr auf Thurstons schwere Keule und auf die bevorstehende Ankunft des Königs in York. Man hatte die Landstraßen und Waldwege von Räubern und Vagabunden gesäubert. Außerdem ließ die Anwesenheit derart vieler Sergeanten des mächtigen Templerordens Schurken, Verbrecher und Geächtete die Stadt York meiden. Die beiden Nonnen unterhielten sich über die Templer, jene Männer in eisernen Rüstungen mit sonnengebräunten Gesichtern, die über ihren Kettenpanzern einen weiten Umhang aus Wolle trugen mit einem blutroten Kreuz, das sechs Spitzen hatte. Die Nonnen waren eben erst an Framlingham, dem prächtigen Landsitz der Templer, vorbeigekommen. Die schon halb im Dunkeln liegenden Gebäude hatten sie zu ihrer Unterhaltung über diese außergewöhnlichen Männer veranlaßt. Die Templer waren Soldatenmönche, die enthaltsam lebten und ihr Leben dem Krieg verschrieben hatten. Sie besaßen große Reichtümer und kannten die seltsamsten Geheimnisse. Die beiden Nonnen hatten dies während ihres Aufenthalts im Mutterkloster in Beverley erfahren. Im Refektorium hatten sich die Nonnen darüber unterhalten, wie die Tempelherren in den Klosterhof geritten waren und Proviant für sich und ihre Pferde verlangt hatten. Sorgfältig hatten sie einen gedeckten Wagen mit einer Truhe mit sechs Schlössern bewacht, in der sich, wie sie von Schwester Perpetua erfahren hatten, eine Reliquie von erstaunlicher Wirksamkeit befand.
    »Warum hätten sie sonst«, hatte Schwester Perpetua abschließend gesagt, »den Wagen von Rittern, Soldaten und Bogenschützen, alle mit den Insignien des Ordens, bewachen lassen?«
    Lady Cecilia und Lady Marcia hatten sich während ihres langen Ritts über die verschiedenen Gerüchte über die Templer unterhalten. Jetzt begannen die Eulen zu rufen, und die beiden überlegten, ob die Templer wohl einen Fluch über das Land gebracht hatten.
    »Wir leben wirklich in fürchterlichen Zeiten«, sagte Lady Marcia. »Überlegt doch nur, Schwester, gab es sonst schon einmal Regen zu Saatzeiten? Die jungen Triebe verfaulen auf den Feldern, und der Weizen schimmelt in der Ähre.«
    »Ja«, entgegnete Lady Cecilia, »es wird schon von einer Hungersnot geredet und davon, daß die Armen ihr Mehl mit Kalk mischen.«
    »Und dann diese anderen Geschichten«, fuhr Lady Marcia fort. »Bei Hull hat ein Hilfsgeistlicher drei Hexen gesehen, die drei Fuß über der Erde auf ihn zugeritten kamen und...«
    »Und bei Ripon«, unterbrach sie Lady Cecilia und war begierig, auch mit ihrem Wissen zur Unterhaltung beizutragen, »hat man den Teufel zur Mittagsstunde unter dem Ast einer Eberesche gesehen. Er schaute mit seinen fürchterlichen Augen in Richtung des Klosters.«
    Die zwei Schwestern hörten vor sich ein Geräusch. Lady Cecilia schrie auf und zügelte ihr Pferd. Thurston ging weiter und verfluchte halblaut die beiden
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