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Pablito

Pablito

Titel: Pablito
Autoren: Käthe Recheis
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Uyuni, die eigensinnige Ziege
     
     
    In
einem großen Urwald, mitten im riesigen Südamerika, lebten Pablo und seine
Großmutter Yacuma.
    Hohe Farne und geheimnisvolle
Schattenpflanzen bedeckten den Boden des Waldes. Lianen rankten sich um die
zerfurchten Leiber der alten Bäume. Vergeblich bemühte sich die Sonne, mit
ihrem Licht durch das dichte Gewebe der Zweige und Blätter zu dringen, stets
war es dunkel und düster, auch zur Stunde des Mittags.
    Großmutter Yacumas Hütte aber
lag im hellen Sonnenschein. Tagsüber konnte man den blauen Himmel sehen und in
der Nacht die Sterne und den Mond.
    Grünes Gras wuchs auf der
Lichtung, und am Rand des Waldes standen Büsche, bedeckt mit Blüten. Rote,
gelbe und blaue Blumen öffneten am Morgen ihre Kelche und schlossen sie am
Abend wieder. In den Zweigen der Bäume spielten die Affen, und die
    Papageien breiteten ihre Flügel
mit den schillernden Federn aus und flogen von Ast zu Ast.
    Auf Großmutter Yacumas kleinem
Feld strebten kraftvolle grüne Maispflanzen aus der schwarzen Erde.
    Diese Maispflanzen bereiteten
dem kleinen Pablo oft so großen Kummer, daß ihn nicht einmal die flinken
Kapuzineräffchen, die Spaßmacher des Urwalds, fröhlich machen konnten.
    Aber eigentlich waren nicht die
Maispflanzen die Ursache von Pablos Kummer, sondern Großmutter Yacumas alte,
schwarze, eigensinnige Ziege Uyuni.
    Oh, diese Ziege Uyuni!

    Niemand war sanfter und
gehorsamer als sie, wenn sich Großmutter Yacuma in der Nähe befand. Großmutter
Yacuma brauchte nur »Uyuni« zu rufen, und schon kam die Ziege zu ihr gelaufen.
Von Großmutter Yacuma ließ sich Uyuni geduldig melken, und niemals stieß sie
den Milchkübel um. Aber immer war die Milch verschüttet, wenn Pablo die Ziege
gemolken hatte.
    Großmutter Yacuma mahnte: »Laß
Quito die Ziege nicht in die Beine beißen! Zieh das arme Tier nicht an den
Hörnern, Pablito!«
    Pablo und Quito, der Hund,
hatten nichts dergleichen getan. Großmutter Yacuma aber wollte es nicht
glauben, daß Uyuni nur aus Mutwillen den Kübel umgestoßen hatte.
    Niemals wäre die Ziege Uyuni in
das Maisfeld gelaufen, solange Großmutter Yacuma vor der Hütte saß. Auch dann
nicht, wenn die heiße Sonne Großmutter Yacuma müde gemacht hatte und sie die
Augen schloß und einschlief, mitten am Tag. Darum befahl Großmutter Yacuma immer:
»Uyuni wird an keinen Strick gebunden, Pablito!«
    Kaum aber ging Großmutter
Yacuma zum Fluß, um Fische zu fangen, oder in den Urwald, um Früchte zu suchen,
dachte Uyuni nur noch an die Maispflanzen. Pablo und Quito mochten noch so
aufmerksam sein, Uyuni fand einen Weg, sie zu überlisten.
    Besonders jetzt, da die
kleinen, in grüne Blätter gehüllten Kolben noch zart und weich waren, mußte
Pablo sehr auf der Hut sein.
    Er saß vor der Hütte auf dem
festgestampften Boden. Die Sonne schien auf sein braunes Gesicht. Das schwarze
Haar glänzte. Seine bloßen braunen Füße steckten in Ledersandalen. Neben ihm
lag Quito, der kleine häßliche Hund. Sein Fell war gelbbraun und zottig und
sein dünner Schwanz zu lang. Die Stille des Mittags machte sie schläfrig. Das
Kreischen der Affen war verstummt und das mißtönende Geschrei der Papageien.
Die Vögel und Tiere des Urwalds ruhten träge in der Hitze.

    Pablo und Quito bewachten
Uyuni, die Ziege. Großmutter Yacuma war mit dem großen Krug zum Wasserloch
gegangen. Uyuni rupfte spielerisch an den Gräsern. Kein einziges Mal blickte
sie nach den Maispflanzen, aber jeder ihrer Schritte brachte sie dem Feld
näher.
    »Uyuni«, sagte Pablo, »du
darfst nicht an den Mais gehen! So viele Tiere aus dem Urwald möchten unseren
Mais fressen, die schwarzen wilden Schweine, die Affen und die Vögel. Aber wir
brauchen ihn selber. Großmutter Yacuma sagt, ohne Mais müssen wir hungern.«
    Die Ziege Uyuni hob den Kopf.
Sie sah ihn mit ihren grünen Augen an, als wollte sie ihn verspotten.
    Pablo wurde rot im Gesicht.
»Warte nur!« rief er böse.
    Da kam aus dem Wald ein großer
Schmetterling. Er war größer als Pablos Hand. Er flog so mühelos, daß die
Bewegung der Flügel wie ein Spiel aussah. Zwei Schritte von Pablo entfernt ließ
er sich nieder und breitete seine Flügel aus, die, zur Ruhe gekommen, zeigten,
daß sie die schönsten Farben der Blumen auf sich vereint trugen. Quito wollte
auf springen, aber Pablo legte die Hand auf Quitos Rücken.
    Nein, dieser Schmetterling
sollte nicht der Verbündete der Ziege Uyuni werden. Quito und er würden nicht
hinter ihm herlaufen,
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