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Die Hexe soll brennen

Die Hexe soll brennen

Titel: Die Hexe soll brennen
Autoren: Manfred Böckl
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Schwülstigkeit der Rosenkränze.
    Hinter dem Karren ging, das nun wieder zuckende Auge unverwandt auf Katharina geheftet, der Inquisitor. Er hätte Anspruch auf ein Reitpferd gehabt, doch er hatte abgelehnt. Doch hoch zu Roß bei ihm der Graf von Wernberg, beritten auch Scherer und Edlmar. Der Pfatterer Pfleger führte seinen Gaul am Zügel. Es war derselbe, mit dem er einen Monat zuvor eine halbe Nacht lang auf dem Straubinger Haag gestanden hatte.
    Monhaim saß auf einem grauen Maultier. Er hatte einen Holzkasten mit seinem Schreibzeug umhängen. Denn er wollte später seinem Ordensoberen ausführlich über den Verlauf der Exekution berichten.
    Und dann, in tobendem, jauchzendem, singendem Schwall das Volk. Bürger aus Straubing und Bauern aus dem umliegenden Gäu, auch eine Gruppe Pfatterer darunter, auch Leute aus Geisling: von dort der Pfarrer und der Auer mit seiner ehemaligen Magd, die er inzwischen zum Weib genommen hatte. Hanndloß, der Eisenamtmann, fehlte. Er tat jetzt in Regensburg am Hafen Dienst.
    Die Bürger, Bauern und Tagelöhner schleppten Kreuze mit sich. Manche hatten sich Besen zwischen die Schenkel geschoben und tanzten auf den Stecken daher, andere skandierten in Gruppen Heiligenlitaneien. Ein Gaukler schoß kreuz und quer durch den Zug, schreckte die Weiber, indem er ihnen an die Röcke ging, spie dann wieder unvermittelt Feuer in den frostklaren Morgenhimmel. Ein Blinder und ein Einarmiger schleppten einen Karren, auf dem einer mit verkrüppelten Beinen saß. Die Bettler erhofften sich Almosen, wenn erst die Scheiterhaufen brennen würden. Ganz hinten, im vorgeschriebenen Abstand, mit hölzernen Rasseln klappernd, schlichen ein paar Aussätzige. Auch sie wollten sich das Schauspiel nicht entgehen lassen.
    Auf dem Richtfeld von Haidau angelangt, stoppte der Zug nur kurz, dann bildeten die geharnischten Knechte ein Karree um die beiden Pfähle, die Scheiterhaufen und den Block. Mitten hinein rollte der Karren mit Katharina und Balthasar. Die Kapuziner durften folgen, auch der Inquisitor und seine Beisitzer. Dann senkten sich die Lanzen und sperrten das übrige Volk aus. Diese Schaulustigen, Geilen, Herzlosen begannen unruhig durcheinanderzustrudeln, umschlossen das Karree und kamen erst zur Ruhe, nachdem sie Plätze gefunden hatten, von denen aus sie alles gut würden sehen können. Das war nicht schwierig, denn die Lanzen bildeten nun einen waagrechten Zaun. Zwischen den Soldaten klafften so Lücken.
    Der Henker mit seinen beiden Söhnen hatte den Karren und dessen Begleiter am Richtblock erwartet. Schon als der Zug am Horizont sichtbar geworden war, hatten sich alle drei die schwarzen Kapuzen übergestülpt. Drei Augenpaare hinter verschatteten Löchern musterten jetzt die beiden Verurteilten. Katharina und Balthasar waren blaß, entsetzlich abgemagert, aber ruhig – erstaunlich ruhig. Der Henker atmete heimlich auf. Es war immer viel schwieriger, wenn die Delinquenten sich wehrten, wenn sie heulten, tobten. Bei diesen da schien er das nicht befürchten zu müssen.
    Der Inquisitor gab ihm mit einem Blick aus unnatürlich tiefliegenden Augen ein Zeichen. Der Henker, auch seine beiden Söhne, traten zum Karren, stiegen hinauf, lösten die Handfesseln der Gefangenen.
    Balthasar stieg von allein hinunter. Katharina taumelte, der Henker stützte sie. Als die beiden zum Richtblock geführt wurden, hasteten Kapuziner nach, stimmten lauthals ihre Gebete an, redeten eifrig auf die beiden schmalen Gestalten in den rupfenen Kitteln ein. Straßmayr blieb abseits, aber er reckte seine Predigerhand segnend gegen Katharina.
    Das Mädchen und sein Bruder gingen wie in Trance. Zehn Schritte vor dem Block hielt einer der Söhne des Henkers Katharina zurück. Sie stand wie ein Lamm. Die großen Augen stumm auf den Bruder geheftet.
    Balthasar hatte den Block erreicht. Das Beten der Kapuziner schwoll schlagartig an, als der Henker ihn in die Knie drückte. Balthasars Oberkörper berührte das Holz. In die Grube am einen Ende senkte sich sein seitlich gedrehter Kopf, das Haar bereits geschoren, der Hals jetzt verspannt und zuckend. Blitzschnell zwängte der Gehilfe Balthasars Oberkörper mit vorbereiteten Ketten an den Block. Der Scharfrichter hob das Schwert mit beiden Händen in den Himmel. Die Litaneien der Mönche steigerten sich zu einem Dröhnen. Das umstehende Volk stöhnte, kreischte geil. Das Richtschwert blitzte nach unten, verbiß sich knirschend in Balthasar Gruebers Hinterkopf. Sein Körper bäumte
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