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Die Herrschaft der Zaren - Russlands Aufstieg zur Weltmacht

Die Herrschaft der Zaren - Russlands Aufstieg zur Weltmacht

Titel: Die Herrschaft der Zaren - Russlands Aufstieg zur Weltmacht
Autoren: Uwe Klußmann
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das »Dritte Rom«, etwas Unersetzliches, denn ein viertes Rom werde es nicht geben.
    Dieses Dritte Rom war raumgreifend, schon Iwan III. erweiterte es bis zum Ural und zum Eismeer. Sein Sohn Wassilij III. setzte die »Sammlung der russischen Erde« fort. Von ihm erbt Iwan IV. ein Gemeinwesen, das zur Großmacht strebt. Dem stehen jedoch Hindernisse im Weg, innere und äußere. Die parasitäre Bojarenoligarchie am Hof bereichert sich hemmungslos, plündert die Staatskasse. Als Bausteine für ein starkes Russland sind die Bojaren wertlos. Der junge Zar auf dem byzantinischen Thron aus Elfenbein will ihre Macht schwächen, mit allen Mitteln.
    Nach einem verheerenden Brand in Moskau, kurz nach seiner Krönung, hält Iwan IV. eine Rede auf dem späteren Roten Platz vor der Kremlmauer. Darin verurteilt er die Bojaren als »bestechlich, unmoralisch, habgierig« und hält ihnen vor, sie übten »falsche Gerechtigkeit«. Damit spricht er die Wahrheit aus, »prawda«, ein Begriff, den die Russen auch als Chiffre für Gerechtigkeit verstehen. Um die Verhältnisse zu ändern, lässt Iwan einen »Auserwählten Rat« einberufen, ein Gremium aus Geistlichen, sachverständigen Hofbeamten (Djaken) und Bojaren.
    Der Alleinherrscher schafft erstmals eine lokale Selbstverwaltung. Stadtbewohner und freie Bauern wählen Verwaltungsleiter, Starosten. So schwächt Iwan den Einfluss der hohen Aristokratie und stärkt den Dienstadel. Staatsbeamte lässt er zentral besolden. Das eingespielte System der »Kormlenije«, des korrupten Durchfütterns von Beamten durch die örtliche Bevölkerung, schafft er ab. Drei Jahre nach seiner Krönung beruft Iwan eine beratende Landesversammlung ein, die ein neues Gesetzbuch erörtert. Das bestechliche Gerichtswesen will er umkrempeln. Gewählte Volksvertreter können Gerichtsverhandlungen besuchen. Als Kontrolleure sollen sie die Justiz beaufsichtigen.
    Ein Jahr später ruft der Zar hohe Geistliche zu einem Konzil zusammen und mahnt Reformen an. Denn auch in den Klöstern herrschen chaotische Zustände. Statt mit frommer Lektüre beschäftigen sich viele Mönche eher mit leichten Mädchen und scharfen Getränken. Auf dem Konzil wirft der Zar den Mönchen vor, dass sie »in Saus und Braus die Güter des Klosters verprassen und der gemeinsten Unzucht frönen«.
    Der energische Herrscher reformiert auch das Militär. Die Grundbesitzer sind nun verpflichtet, pro 160 Hektar Land einen Krieger »beritten und in voller Rüstung« zu stellen. So verdoppelt Iwan das russische Heer innerhalb von 20 Jahren auf etwa 300000 Mann. Moskau wird zu einer Militärmacht, einschließlich moderner Schützenregimenter mit Schusswaffen.
    Der Zar setzt auf eine offensive Streitmacht. Russland kann nur aufsteigen, wenn es zwei Gegner schlägt: die Khanate Kasan und Astrachan. Beide Staaten sind Überbleibsel der mongolischen Goldenen Horde. Mit massiven Raubüberfällen gefährden die Khanate den Handel und die Sicherheit Russlands. Sie entführen und versklaven Tausende von Russen, darunter viele Kinder. Nach zwei gescheiterten Angriffen gelingt es den russischen Truppen im Oktober 1552, die 800 Kilometer östlich von Moskau gelegene Hauptstadt Kasan zu stürmen, auch mit Hilfe eines deutschen Sprengmeisters, der ihre Festungsmauern zerlegt.
    Der Sieg von Kasan macht den 22-jährigen Zaren zu einem Volkshelden.
    Die Moskauer bereiten dem heimkehrenden Feldherrn unter dem Geläute der Kirchenglocken einen begeisterten Empfang. Den Menschen in der Hauptstadt erscheint der Monarch, angetan mit seiner goldenen Krone und seinem purpurnen, prachtvoll geschmückten Gewand, wie ein Heiliger. Zu Ehren des Sieges lässt Iwan auf dem Roten Platz die Basilius-Kathedrale errichten. Dass er nach der Fertigstellung angeblich den Architekten blenden lässt, damit dieser nie wieder eine so schöne Kirche bauen kann, ist eine Legende.
    Im Sommer 1556 marschieren russische Truppen in Astrachan am südöstlichen Rand des Reiches ein. So sichern sie die Wolga als Handelsweg. Im Jahr darauf werden auch die Baschkiren am Ural dem Reich angegliedert. Im Süden nehmen die Soldaten des Zaren nun die Berge des Kaukasus in den Blick. An den Ufern des Flusses Terek errichten sie eine Festung. Völker im Nordkaukasus, vor allem die Tscherkessen, sehen einen Vorteil darin, sich an Russland anzulehnen. Sie befruchten das aufstrebende Reich mit ihrer Vitalität und ihrem Kampfgeist.
    Auch wenn er die Festung am Terek unter osmanischem Druck 1571 schleifen muss,
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