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Die Herrschaft der Zaren - Russlands Aufstieg zur Weltmacht

Die Herrschaft der Zaren - Russlands Aufstieg zur Weltmacht

Titel: Die Herrschaft der Zaren - Russlands Aufstieg zur Weltmacht
Autoren: Uwe Klußmann
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Zarenthron: Die ehemalige Prinzessin Sophie von Anhalt-Zerbst hieß nun Katharina II . und wurde zu einer ebenso verehrten wie gefürchteten Herrscherin. Deutsche waren im russischen Reich als Spitzenbeamte und Geheimdienstchefs, als Außenminister und Kanzler für die Zaren tätig. Mehr noch: Von Katharinas Sohn, dem Preußen-Bewunderer Paul I ., bis zum letzten Zaren Nikolai II . heirateten die russischen Kaiser mit Vorliebe deutsche Prinzessinnen.
    Doch bei aller Bewunderung für deutsches Organisationstalent und preußische Tugenden blieb das Verhältnis der Russen zu den Zuwanderern aus dem Westen zwiespältig. Man wurde oftmals nicht richtig warm miteinander, so beschrieb es zum Beispiel der Nationaldichter Leo Tolstoi in seinem Opus »Krieg und Frieden«, das den legendären Kampf gegen den Vormarsch Napoleons 1812 nachzeichnet. Der deutschstämmige Oberbefehlshaber, heißt es da, tauge nicht zur Verteidigung des russischen Vaterlandes, »weil er alles so gründlich und genau überlegt, wie es eben in der Natur eines jeden Deutschen liegt«. Mehr Gefühl, das war es, was sich die Russen nicht nur bei Tolstoi wünschten.
    Die engen familiären Bande zwischen russischen und deutschen Herrschern verhinderten auch nicht, dass die beiden mächtigen Kaiserreiche zu Beginn des 20. Jahrhunderts in eine fatale Frontstellung zueinander gerieten. Die Russen schwärmten für panslawistische Ideen und machten die Sache der Serben zu ihrer eigenen; die Deutschen verfolgten ebenfalls imperiale Interessen. Der Erste Weltkrieg, den Nikolai II . und sein kaiserlicher Cousin Wilhelm II. nicht zu verhindern vermochten, zerrüttete das Zarenreich noch schneller als sein deutsches Pendant und führte zur russischen Revolution von 1917.
    Dennoch lebten Impulse des fast fünfhundertjährigen Zarenregiments auch in der Sowjetunion weiter. Die Bolschewiki verlegten die Hauptstadt vom revolutionären Petrograd wieder nach Moskau und regierten das Riesenreich vom Kreml aus, als benötigten sie die Aura monarchischer Macht. Der georgische Priesterseminarschüler Josef Stalin setzte die imperiale Tradition als roter Zar fort, wobei er die autokratische Willkür früherer Herrscher noch weit übertraf.
    Selbst die Präsidenten des neuen Russland nach 1991, das sich eine demokratische Verfassung gegeben hat, regierten bald wieder mit einer zarengleichen Machtfülle. Russlands Herrscher sehen sich heute ähnlich wie zu kaiserlichen Zeiten als Garanten konservativer Werte. Über den imperialen Stil des Präsidenten Wladimir Putin und die Parallelen zwischen dem Zarenreich und der heutigen Russischen Föderation gibt in diesem Buch der Politologe Alexander Rahr Auskunft; er war bis Juni 2012 Leiter des Berthold-Beitz-Zentrums in der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik in Berlin. Rahrs Vorfahren lebten in Russland, sein Großvater kämpfte gegen die Revolution als Adjutant eines zarentreuen Generals.
    Zu den Autoren gehören zahlreiche Russlandkenner aus der SPIEGEL -Redaktion, darunter alle Moskauer Korrespondenten seit Mitte der achtziger Jahre. Sie beschreiben und analysieren die Grundlinien der russischen Geschichte eines halben Jahrtausends, einer Ära, in der das einstige Großfürstentum zur Weltmacht aufstieg: Es geht um Themen wie die Verflechtung von Kirche und herrschender Macht, den Aufbau der nach Westen ausgerichteten Metropole Sankt Petersburg auf den Knochen ihrer Erbauer, die gewaltsame Expansion des Zarenreiches nach Süden in den Kaukasus, den Untergrundkampf russischer Revolutionäre und das Mysterium des Moskauer Kreml.
    Porträts der bedeutendsten Zaren gehören ebenso in dieses Bild wie Beschreibungen des Lebens und Wirkens von Schriftstellern und Intellektuellen, des Malers Ilja Repin oder des Komponisten Peter Tschaikowski, die bis heute weit über ihr Heimatland hinaus wirken. Erstmals können deutsche Leser Texte aus Reden des zaristischen Ministerpräsidenten Pjotr Stolypin lesen. Der Politiker, der das Land durch die Schaffung einer bäuerlichen Mittelschicht stabilisieren wollte, stand zugleich für eine Politik blutiger Repression und wurde Opfer eines linksradikalen Terroristen. Im Putinschen Russland ist Stolypin eine Ikone fast wie zu Sowjetzeiten der Revolutionär Lenin.
    Der Niedergang der Zarenherrschaft wird schlaglichtartig an der Affäre um den irrlichternden Erotomanen Grigorij Rasputin beleuchtet. Der Bauernspross untergrub das Regime durch sein wildes Leben ebenso wie durch die Umstände und
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