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Die Herrschaft der Zaren - Russlands Aufstieg zur Weltmacht

Die Herrschaft der Zaren - Russlands Aufstieg zur Weltmacht

Titel: Die Herrschaft der Zaren - Russlands Aufstieg zur Weltmacht
Autoren: Uwe Klußmann
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Folgen seines Todes. Für den Mord an Rasputin, in den Verwandte der Zarenfamilie verwickelt waren, wurde niemand bestraft. Der Staat des Zaren hatte damit abgedankt, wenige Monate bevor der zuletzt völlig ratlose Nikolai II . dem Thron entsagte.
    Hamburg, im Sommer 2012
    Uwe Klußmann, Dietmar Pieper

TEIL I
    VOM FÜRSTENTUM ZUM
ZARENREICH

Der zornige Zar
    Er war belesen und extrem jähzornig:
Iwan IV ., »der Schreckliche«, schuf als Gewaltherrscher
die Grundlagen des russischen Imperiums.
    Von Uwe Klußmann
    D er 17-Jährige, dem der Metropolit Makarij am 16. Januar 1547 in der Uspenski-Kathedrale im Moskauer Kreml die mit Fell umkränzte Zarenkrone aufsetzt, ist ein Feind der herrschenden Verhältnisse. Russlands erster Kaiser traut seiner höfischen Umgebung nicht. Schon als Kind hat Iwan Moskaus mächtige Hochadelige, die Bojaren, hassen gelernt. Nominell herrscht Iwan IV. als Großfürst, seit er drei Jahre alt ist; sein Vater, Großfürst Wassilij III. , ist in dieser Zeit gestorben. Als Regentin fungiert seine Mutter Jelena, aber als der Junge sieben ist, stirbt auch sie. Nun streiten habgierige Bojaren miteinander, die den Moskauer Kreml in eine wahre Kampfarena verwandeln. Eine Fürstenversammlung, die Bojaren-Duma, beherrscht das Land. Die Adelsmänner empfinden den kleinen Iwan nur als störend.
    Voller Groll wird Iwan IV. später beschreiben, wie die Bojaren ihn und seinen Bruder behandeln: »Man ließ uns darben wie die Kinder eines Bettlers. Wir waren schlecht gekleidet und litten Hunger und Kälte.« Iwan erlebt wüste Schlägereien zwischen verfeindeten Fürsten. Besonders empört es den künftigen Zaren, dass sich der führende Bojar Andrej Schuiski eines Tages auf das Bett seines verstorbenen Vaters fläzt. Als 13-Jähriger schlägt der Missachtete zurück. Iwan lässt den Bojaren Schuiski bei einer Audienz verhaften und von Jagdhunden zerfleischen. So verhasst ist ihm der Mann. Zimperlich ist der Zar in spe, ein halbes Kind noch, wahrhaftig nicht. Zur Feier seiner Volljährigkeit, mit 15 Jahren, lässt er mehrere Fürsten hinrichten. Der junge Herrscher versteht sich dabei als streng gläubig. Unter Leitung des Metropoliten Makarij liest er viel und gründlich – Bibeltexte, Biografien von Heiligen und Chroniken Russlands. Seine Intelligenz fällt ebenso auf wie seine Zähigkeit.



Der Großfürstensohn sieht sich als kommender Herrscher eines aufstrebenden Reiches, von Gott berufen. Sein Großvater, Großfürst Iwan III. , hatte 1472 Sofija Paleolog geheiratet, die Nichte des letzten gestürzten Kaisers von Byzanz. Moskaus Herrscher übernahm aus Konstantinopel den doppelköpfigen Adler als Staatssymbol, das byzantinische Zeremoniell und die Idee des Kaisertums. Schon Iwan III. nannte sich bisweilen » Zar«, doch erst sein Enkel wird nach dem Ritual des byzantinischen Kaisers gekrönt – eine Herausforderung gegenüber den europäischen Großmächten. Der Zar ist nur Gott und der christlichen Reichsidee verpflichtet, ein absoluter Monarch.
    Die orthodoxe christliche Religion hatten die Russen schon ab 988 aus Byzanz eingeführt, als Fürst Wladimir I. in Kiew, der »Mutter aller russischen Städte«, sich und sein Volk taufen ließ. Nachdem die Mongolen Kiew im 13. Jahrhundert zweimal zerstört hatten und der russische Metropolit, das Oberhaupt der orthodoxen Kirche, 1299 zunächst nach Wladimir und dann 1326 nach Moskau übergesiedelt war, wurde die Stadt an der Moskwa zur russischen Hauptstadt. Doch auch dieses Machtzentrum geriet für mehr als zwei Jahrhunderte unter die Herrschaft der mongolischen Khane. Ein Hang zu Härte im Umgang mit Beherrschten und zu Korruption wird die Spätfolge dieser Fremdherrschaft sein.
    Die erfolgreiche Schlacht gegen die Mongolen auf dem Schnepfenfeld 1380 stärkte dauerhaft das Selbstbewusstsein der Russen. 100 Jahre später schüttelten sie unter Großfürst Iwan III. das »Tatarenjoch« endgültig ab. Iwan III. vereinte russische Fürstentümer im Nordosten des heutigen Landes zu einem gemeinsamen Staat. Der Großfürst verstand sich bereits als Alleinherrscher, als »Gossudar« von »ganz Russland«. Hier mischten sich mongolische Verwaltungspraxis und byzantinische Staatsideologie. So entstand das Fundament eines Großreichs. Der Mönch Filofej, geboren 1455, steuerte das nötige Sendungsbewusstsein bei: Moskau, so der zeitweilige Abt des Klosters Pskow im russischen Nordwesten, sei nach dem Untergang der oströmischen Hauptstadt Konstantinopel 1453
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