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Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints
Autoren: Andrea Schacht
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Frau, die sich lange entbehrt hatten. So war es denn wild und bedingungslos, wie es die beiden ersten Male gewesen sein musste. Nur diesmal war ich nicht von einer fremden Macht besessen, sondern war es selbst, die Schmerz mit Lust mischte, empfangend und gebend. Es war fordernd, hemmungslos und göttlich, und ich wusste, dass es richtig war.
    Irgendwann war ich eingedöst, und als ich erwachte, spürte ich noch immer das Brennen in mir und die langsam abklingenden Schmerzen überall an meinem Körper. Es war nicht mehr ganz dunkel, und mein Geist begann, unruhig die Ereignisse der Nacht durchzugehen. Zu vieles beschäftigte mich, darum hatte es für mich keinen Sinn mehr, auf einen Schlaf zu warten, der doch nicht kommen würde. Ich fühlte an den unruhigen Atemzügen, dass auch Damon nicht mehr schlief, und machte die Lampe neben dem Bett an. Er drehte den Kopf zu mir herum, blinzelte, aber sagte nichts. Doch ich war entsetzt. Einige seiner Wunden bluteten wieder, andere waren neu dazugekommen. Ich konnte nur den Kopf schütteln. Was trieb uns nur zu solchen Ausbrüchen?
    Als ich ihn eine Weile wortlos betrachtet hatte, packte mich plötzlich tiefes Mitleid mit ihm. Ich stand auf, zog mir die Yukata über und holte aus dem Badezimmer ein paar nasse Tücher. Noch immer rührte er sich nicht, auch nicht, als ich das Blut wegwischte, die Abschürfungen kühlte und vorsichtig betupfte. Nur manchmal zuckte er zusammen. Erst als ich fertig war, nahm er meine Hand.
    »Soll ich dich nach Hause bringen?«
    Komisch, der Gedanke an diese Möglichkeit war mir überhaupt nicht gekommen. Ich schüttelte also den Kopf und setzte mich auf die Bettkante.
    »Es ist nicht ganz einfach mit uns, scheint’s.«
    »Nein, das hatte ich auch nie erwartet.«
    »Möchtest du da sitzen bleiben und dir kalte Zehen holen?«
    Ich zuckte mit den Schultern. »Die Nacht ist warm. Schlafen kann ich jetzt doch nicht.«
    »Nein. Ich auch nicht. Sollen wir einen Spaziergang machen?« Dazu fühlte ich mich allerdings zu zerschlagen. Und auch Damon sah nicht so aus, als ob das jetzt die richtige Beschäftigung für ihn wäre.
    »Nein, lass nur. Ich weiß nicht, was ich will.«
    »Hast du Angst, dich wieder zu mir zu legen?«
    »Vielleicht.«
    »Amanda, ich verspreche dir, dich nicht zu berühren. Komm, leg dich hin und mach das Licht aus. Über manches lässt sich im Dunkeln besser nachdenken.«
    Mit ein bisschen Abstand legte ich mich wieder ins Bett und schloss die Augen. Den Baumwoll-Kimono hatte ich angelassen und eng um mich herumgewickelt. Wieder versank ich in eine seltsame Zwischenwelt, und diesmal wanderte ich durch meinen Körper. Dort fand ich die wunden Stellen, die zu blauen Flecken werden würden, Kratzer und Bisse, die langsam aufhörten zu schmerzen. Ich besuchte mein gleichmäßig schlagendes Herz und die friedlich atmenden Lungen. Ich wanderte tiefer, hinunter in meinen Bauch, und dort, wo die große, dunkelrote Geborgenheit begann, spürte ich voller Staunen eine Veränderung. Es war nicht Glauben, es war nicht Hoffen, es war nicht Fürchten, es war nicht Ahnen. Es war Gewissheit. Meine erste Reaktion darauf war Freude. Amadea. Die Tochter, von der Gita geschrieben hatte. Meine Tochter, die in Gitas Haus aufwachsen würde. Die in einem der lichten Zimmer schlafen würde, in dem sich weiße Gardinen vor den tiefen Fenstern im Wind bauschten. Amadea, die in dem verwunschenen Garten spielen, mit Titi schmusen, in den alten Bäumen herumklettern, in den Mansarden unddem lichten Studio unter dem Dach herumtollen würde. Die neugierig durch das bunte Glas der Jugendstilfenster linsen und vor dem Kamin in der Bibliothek in Märchenbüchern versinken würde. Eine neue Amadea, die das Haus mit ihrem heiteren Gelächter füllte.
    Aber dann zerbarst die Idylle. Sie zerbrach an der Nüchternheit der realen Welt. Sie zerschellte an den schlichten Fragen des Machbaren. Würde mein Geld reichen, um Nandi das Haus abzukaufen? Vielleicht ja. Aber um es zu erhalten, brauchte ich eine regelmäßige Arbeit. Die Vision verdichtete sich, und ich sah, dass ich mich wieder teilen musste. Das Kind würde einer Tagesmutter überlassen, ich hatte meine Freizeit dem Haushalt und dem Garten zu widmen. Das Tanzen – nun ja, vielleicht fand ich zukünftig noch ein paar Stunden dafür. Manchmal.
    »Ach, verdammt!«
    »Was ist passiert?«
    »Nichts. Schon gut.«
    »Ich glaube dir nicht.«
    Was sollte ich Damon schon sagen? Es war ja meine Dummheit, dass ich nach
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