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Die Herrin des Labyrints

Die Herrin des Labyrints

Titel: Die Herrin des Labyrints
Autoren: Andrea Schacht
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süße Amadea«, flüsterte eine zärtliche Frauenstimme, wiegte mich in den Armen und hielt mich fest. »Amadea, mein Baby, meine schöne Kleine. Amadea, wie du lächelst, mein Liebstes. Mein Honigtöpfchen, meine Tochter.« Süße füllte meinen Mund und Wärme meinen hungrigen Magen. »Amadea, mein bezauberndes Püppchen, mein liebliches Sternchen. Höre deinen Namen. Amadea, mein Kind, mein Liebling. Nie sollst du deinen Namen vergessen. Amadea, deineSeele wird sie immer lieben. Sie wird sich erinnern, was immer geschieht. Vergiss nie deinen Namen. Amadea, meine Süße, meine fröhliche, lachende kleine Amadea.« Sandelholzparfüm und Geborgenheit, Liebe und Bewunderung. Gesättigtsein und behüteter Schlaf. »Mein Kind, meine Amadea. Meine sonnige kleine Tochter Amadea.« Lachen und Fröhlichkeit, bunte Blumen und ein schützender Arm, der mich hochhob.
    Ein furchtbares Geräusch, ein schrecklicher Sturz. »Nicht weinen, Amadea, alles wird gut.«
    Dann war meine Welt zerbrochen. Meine Mutter lag regungslos auf der Straße, und eine düstere Fremde, schwarz verschleiert, zerrte mich von ihr fort – Halima!
    Andere Arme hielten mich fest, stark und schützend. Hände strichen beruhigend über meinen Rücken.
    »Ganz ruhig, es ist alles gut.«
    Eine andere Stimme, eine andere Welt, eine andere Zeit. »Damon?«
    »Ja?«
    »Warum hast du mich so genannt?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Es ist der Name der Tänzerin.«
    »Sicher. Sie, die den Tanz anführt, ist die Priesterin. Die, die die Göttin liebt – Ama Dea.«
    »Du wusstest es?«
    »Nein, ich weiß es jetzt.«
    »Es ist der Name, mit dem meine Mutter mich angeredet hat. Den ich vergessen hatte. Der mir verlorenging, als meine Welt zerbrach.« Ich klammerte mich an ihn und versuchte, den Schwindel in mir zu überwinden. So vieles ging mir durch den Kopf. Ja, die Frau in Schwarz hatte es wirklich gegeben. Ich war ein kleines Kind, für mich war sie es, die mich von meiner Mutter fortriss, die meine Welt zerstörte. Die ein Leben lang drohend hinter mir stand, wie ich glaubte. Aber jetzt wusste ich, dass sie es tat, um mich zu retten. Und so lernte ich meine letzte Lektion – die dunklen Schwestern waren erschreckend, aber sie waren nicht böse. Bosheit wurde aus Dummheit, Gier und Überheblichkeit geboren.Keine dieser Eigenschaften besaß Halima. Sie hatte ihre ganz eigene kristallharte Form der Güte, und mit einem Mal musste ich lächeln. Wie vorausschauend von ihr, mir meinen Namen nicht zu verraten, als sie ihn erkannte. Der Name meiner Seele war mir durch Damon zurückgegeben worden. Und das war gut so. Aber ob er mir auch die heile Welt wiedergeben konnte, die ich einst verloren hatte? Bestimmt nicht. Ich war mir noch nicht einmal sicher, ob wir überhaupt eine gemeinsame Welt hatten.
KAPITEL 71

    Dämonische Träume und Kröten
    Ob ich geschlafen hatte oder nur gewandert war, wusste ich nicht, aber irgendwann war ich wieder ganz da. Damon spürte ich noch neben mir. Auch er schlief nicht mehr.
    »›Die Kerzen der Nacht sind ausgebrannt‹«, zitierte er, als ich mich bewegte und im Dunkeln nach der Decke tastete.
    »Steht denn der junge Tag schon zehenspitzig auf den nebeligen Bergeshöhen?«
    »Nein, es ist erst Mitternacht.«
    »Kriegt man in diesem Lokal um diese Zeit noch etwas zu essen?«
    »Wenn du das Küchenpersonal aufgeweckt bekommst. Sollen wir nachsehen?«
    Eine ausgelassene Albernheit überkam uns beide, als wir den Kühlschrank plünderten. Ich bekam endlich auch einmal in Damon die übermütigen Seiten zu sehen, die sich so oft bei Patrick zeigten. Eine Weile hielt diese Unbeschwertheit an, aber plötzlich wich sie einem langen, spannungsgeladenen Schweigen. Zwischen uns lag so vieles, das lange verborgen war, und wir beide hatten damit zu ringen, wie wir es ausdrücken sollten. Ich blickte in mein Weinglas und beobachtete das dunkelrote Funkeln, unfähig,worte zu finden oder Gesten. Auf meiner Haut spürte ich Damons Blicke so intensiv wie eine Berührung und traute mich nicht, ihn anzuschauen. Ich wusste, dass er mich begehrte. Schließlich nahm er schweigend meine Hand und zog mich zu sich. Als ich in seine schillernden Augen sah, bekam ich Angst vor ihm, vor der Intensität seines Verlangens und dem, wie ich es erwidern würde. Doch wehren konnte ich mich nicht dagegen. Diesmal war es keine formale, zurückhaltende Begegnung zwischen Priesterin und Priester, die eine heilige Handlung vollzogen. Diesmal waren wir Menschen, Mann und
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