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Die Heilerin von Lübeck

Die Heilerin von Lübeck

Titel: Die Heilerin von Lübeck
Autoren: Kari Köster-Lösche
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Augenblick. Man sieht dich in letzter Zeit öfter mit deinem Schiffer. Und der hat mit dieser Heilerin Taleke zu tun. Hast du die irgendwo gesehen?«
    »Nein. Was ist denn mit ihr?«, fragte Tideke harmlos.
    »Sie soll vorgeladen werden, steht schon unter Anklage. Ratsherr Puttfarcken lässt dringend nach ihr suchen. Wenn du sie also siehst, lass uns Bescheid geben. Es soll dein Schaden nicht sein, dafür werden wir sorgen.« Sie nickten Tideke zu und schlenderten weiter.
    Er mochte kaum glauben, was er gehört hatte. Die Ratsfrau oder ihr Sohn oder beide zusammen hatten Taleke im kaufmännischen Gewölbe versteckt, und der Ratsherr wusste von nichts? Verfluchtes Weib, dachte er. Was es nicht alles gab!

Kapitel 30
    Der Fallriegel der Tür, durch die Elske verschwunden war, wurde hochgeschlagen. Volrad, der auf dem großen Sack mit Mandeln saß und den Haupteingang nicht aus den Augen ließ, um die Knebel sofort zu lösen, wenn die Seeleute kamen, drehte sich nicht um. Er wünschte, Bertram von Altkerke wäre bereits an seiner Seite. Vermutlich wollte Elske ihn nochmals um Geld angehen.
    Statt ihrer hörte er hinter sich eine tiefe Männerstimme und fuhr herum. Obwohl Volrad selbst im Sitzen auf dem Sack noch eine imposante Länge hatte, musste er hochschauen, um dem Mann ins Gesicht blicken zu können. »Eler!«
    Der Knecht grinste hässlich. »Gut zu hören, dass Ihr meinen Namen noch kennt. Die Herrin will wissen, was Euch hertreibt.«
    »Ich möchte Nicolaus sprechen. Ich erwarte ihn hier.«
    »Da werdet Ihr wohl lange warten müssen. Er ist nicht im Haus. Er hat eine eigene Wohnung.«
    Wittenborch erhob sich bedächtig, um den Knecht nicht herauszufordern. »Wo?«
    »Das kann Euch völlig egal sein.«
    Im selben Augenblick, in dem Wittenborch eine Entschlossenheit in Elers Augen las, die nichts Gutes verhieß, wurde er durch zwei Faustschläge niedergestreckt und erhielt anschließend einen Tritt in den Magen.
    Volrad war bewegungsunfähig und wie gelähmt, aber bei Bewusstsein. Er bekam mit, dass Eler auf ihn hinuntergrinste und dann zu der Gewölbetür schritt, um sie aufzuschließen. Kurz bevor Volrad in ein unendlich tiefes, schwarzes Loch fiel, schoss ihm durch den Kopf, dass er Taleke nie mehr lebend wiedersehen würde.
     
    Taleke, die hörte, wie der Schlüssel im Schloss gedreht wurde, huschte an den Fuß der steilen Stiege, aber weit genug von der untersten Stufe entfernt, um außer Reichweite für Elers Arme zu sein.
    Der Knecht betrachtete die Heilerin im Dämmerlicht, das von der oberen Halle hereinfiel. Triumph breitete sich auf seinem Gesicht aus, er hakte die Daumen in die Ärmellöcher seines Kittels und tat den ersten Schritt auf die Treppe.
    Es war auch sein letzter. Er rutschte aus, schlug mit dem Kopf so hart auf der steinernen Schwelle auf, dass das Krachen seines Schädels bis zu Taleke zu hören war, und schlitterte dann wie auf einer Eisbahn in Rückenlage bis nach unten. Sein linker Fuß lag verdreht unter dem anderen Bein. Nur ein Wimmern bewies, dass noch Leben in dem Mann war.
    Taleke kümmerte sich nicht um ihn, sondern tastete sich vorsichtig die Treppenstufen an der äußersten Kante, die sie nicht mit Talg eingeschmiert hatte, nach oben. Aufatmend schlug sie die Gewölbetür zu und drehte den riesigen Schlüssel im Schloss, dann entdeckte sie Volrad auf dem Boden.
    Er kam gerade zu sich und starrte Taleke an, als sähe er einen Geist. »Wir sind nicht zusammen in der Hölle, oder?«, krächzte er.
    »Doch, gewissermaßen«, widersprach Taleke. »Dieses Haus ist die Hölle. Wie geht es dir?«
    Der Klopfer der Haustür wurde energisch betätigt. Taleke erstarrte.
    »Ich hatte einen Zusammenstoß mit einem unförmigen Geisterschiff, aber ich lebe. Mach auf«, bat Wittenborch. »Es müssen lauter Freunde von der Korporation sein, die dich hier herausholen wollen.«
    Elske, die sich offenbar stets zur rechten Zeit der richtigen Seite andiente, humpelte bereits eilends zur Tür und öffnete.
    Als Erste kamen drei Schonenfahrer im Amt von Ratsherren und zwei Bergenfahrer, zusammen mit dem Zunftmeister der Bergenfahrer und dem Stadtarzt. Nach und nach drängten dann die bewaffneten Seeleute beider Kompagnien in den Lagerraum. Während sich Bertram von Altkerke sogleich des verletzten Schiffers annahm, verschwand Elske, um mit Frau Adelburgis zurückzukehren.
    Beide standen auf dem Treppenabsatz und blickten nach unten.
    »Was ist das hier für ein Aufstand!«, schrie Adelburgis schrill.
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