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Die Heilerin von Lübeck

Die Heilerin von Lübeck

Titel: Die Heilerin von Lübeck
Autoren: Kari Köster-Lösche
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ich weiß!«
    »… und nötigst sie zu Puttfarckens Haus, will sagen, bittest sie allerdringlichst dorthin. Von Altkerke und ich erwarten euch.«
    Tideke stemmte die Tür zum Schütting auf, während sich der Schiffer und der Arzt eilends zum Haus des Ratsherrn aufmachten.
     
    Taleke tastete sich im Stockdunklen den Weg zur Treppe zurück. Die Gerüche aus den Säcken und Tonnen, die sie bisher nicht wahrgenommen hatte, sagten ihr, dass sie sich auf der anderen Seite der baumstammdicken Säulen in einem weiteren Gang befand. Gewöhnlich hätte sie sich ganz bestimmt für diese fremdländischen Waren interessiert. Aber im Augenblick waren alle ihre Sinne auf Flucht ausgerichtet.
    Die Waren fühlten sich trocken an, und ihre Natur ließ sich meistens ertasten oder erraten. Aber dann griff Taleke in einer brusthohen, offenen Tonne in etwas Feuchtes, Glitschiges, das ekelhaft zwischen den Händen schmierte. Nach kurzer Zeit begriff sie, dass es sich um Talg handelte. Sie klaubte sich einen ordentlichen Batzen heraus und tappte zur Treppe.
     
    »Am besten, Ihr geht erst einmal allein hinein«, riet von Altkerke, als sie sich dem Haus der Puttfarckens näherten. »Wenn ich dabei bin, ahnt die alte Magd gleich, um was es geht. Auf den Kopf ist sie nicht gefallen.«
    »Die Elske, nein, weiß Gott nicht. Ihr kommt nach einer Weile nach.« Wittenborch eilte zum vorderen Eingang und klopfte.
    Es dauerte auffallend lange, bis die Tür aufgezogen wurde. Elskes spitznäsiges Gesicht zeigte sich im Türspalt. Sie runzelte misstrauisch die Stirn. »Seid Ihr nicht der Seemann von neulich? Und jetzt seht Ihr aus wie ein Herr.«
    »Ich bin Volrad Wittenborch …«
    »Deswegen dachte ich, ich kenne Euch!« Elske kicherte und hörte dann schlagartig auf, um ins Grübeln zu verfallen. »Der Volrad, der manchmal bei uns im Haus war …«
    »Und jetzt wieder.« Wittenborch stieg mit einem entschlossenen, langen Schritt in die kleine Warenhalle. »Hast du jemand Bestimmtes erwartet?«
    Es gelang ihm, sie abzulenken.
    »Den Medicus«, flüsterte sie. »Ich glaube, der gibt nicht auf.«
    »Was meinst du?«
    »Er sucht die Hure aus Paris oder die Meisterin Taleke, wie Ihr wollt.«
    »Warum hier?«
    Elske spähte aus fast geschlossenen Augen zu ihm hoch, als müsse sie sich über etwas klarwerden. Dann streckte sie ihm unverhohlen fordernd die gekrümmte Handinnenfläche entgegen.
    Er schüttete ihr mehrere Silbergroschen in die Hand, deren Wert sie staunen ließ. Dann winkte sie ihn mit steifem Zeigefinger zu sich hinunter. »Das weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass die Taleke unten im Gewölbe hockt«, flüsterte sie und ließ ein schadenfrohes Kichern folgen.
    Wittenborch atmete auf. Sie lebte. Und er würde vor der Tür Posten beziehen und diesen nicht verlassen, bis die Korporation der Bergenfahrer eingetroffen war.
    »Wollt Ihr die Herrin sprechen?«
    »Nein. Kannst du mir die Tür zum Gewölbe aufschließen?«
    »Oh nein, Herr Wittenborch. Das würde ich nicht wagen …«
    »Eler?«
    Elske nickte flüchtig und humpelte zwischen den Waren davon. Kurz darauf klirrte von der anderen Seite ein Fallriegel, und Wittenborch war allein im Lagerraum der kostbaren Güter.
     
    Tideke eilte zum Ratsherrn Cossebode, der ein Schonenfahrer war und den er natürlich kannte. Inzwischen sollte der Zunftmeister Gerlich Pape, ein beherzter Mann, schon einige Seeleute zusammengetrommelt haben und auf dem Weg zu Puttfarcken sein.
    Ihm entgegen kamen die beiden Gerichtsdiener. Faulpelze und Nichtsnutze. Tideke versuchte, ihnen auszuweichen, aber die Gasse war nicht breit, und sie schafften es, ihm den Weg zu verstellen.
    »Was treibst du dich denn hier bei den Lübecker Einwohnern herum?«, fragte der eine hämisch. »Solltest du nicht besser in den Gruben herumstrolchen?«
    Tideke biss die Backenzähne zusammen. Auf eine Schlägerei durfte er es nicht ankommen lassen, dazu hing von seinem Auftrag zu viel ab. »Hab eine Nachricht zu überbringen.«
    »Ach, was! Hat man dich zum Laufburschen gemacht?« Der andere Ratsdiener stützte seine Hand gegen die Hausmauer und schlug lässig ein Bein über das andere. Es hatte nicht den Anschein, als wollten sie Tideke in nächster Zeit weitergehen lassen.
    Ohne die Schwäche der überstandenen Krankheit hätte Tideke es mit ihnen aufgenommen. Jetzt wählte er einen schlaueren Weg. »Ich mache das gerne. Bürgermeister Cossebode erwartet mich.«
    Der Kerl gab klugerweise den Weg sofort frei. »Warte einen
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