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Die Gutachterin

Die Gutachterin

Titel: Die Gutachterin
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Mann in der Trachtenjacke, der gerade näherkam … Tatsächlich: Der Kofler-Franz!
    »Da san S' ja! Ja was für eine Freud … Ja, küß die Hand, Isabella … Ist das toll, daß ich Sie wiederseh' … Und verändert haben Sie sich überhaupt nicht. Schöner sind Sie geworden, schöner und fescher …«
    Er hatte graue Augen, buschige, schwarze Brauen und vermochte in Sekundenschnelle den anbetenden Charme des routinierten Frauenverführers in das braunrote, verbrannte Apfelgesicht zu zaubern.
    »Der Hansi ist draußen. Der wollt' ja unbedingt mitkommen. Aber ich hab' den Wagen unters Parkverbot gestellt. Jetzt sitzt er dort und paßt auf.«
    Der Hansi? – Für einen Zeitbruchteil war ein winziges Fragezeichen in ihr aufgeblitzt: Der Hansi? Hans Berger natürlich … Daß Ludwig sich am Attersee so nennen würde, hatten sie während der Flucht festgelegt: Hans Berger, Volkswirtschaftsstudent, Sohn ihrer Schwester und vor allem mit schrecklichen Prüfungsängsten geschlagen, die sie ihm auf dem Schafbach-Hof wegtrainieren würde.
    »Und übrigens, Isabella, damit ich Ihnen das auch gleich sag': Daß Sie mir den Hansi g'schickt haben, da kann ich Ihnen nur dankbar sein. Der ist ein As, der Hansi! Alle mögen ihn … Und nicht nur, weil er ein so fesches Mannsbild ist, nein, weil er hilft, wo's nur geht. Und mit den Tieren kann er's auch, und in der Sägerei war er schon, selbst beim Messener hilft er aus … Von morgens bis abends ist er unterwegs und fragt, ob er nicht irgend etwas tun könnte. Müßte freie Station kriegen … so viel g'schuftet hat er, daß man gar keine Miete verlangen kann …«
    Der Hansi, das ›fesche Mannsbild‹ – das Wundertier …
    Sie verließen das Flughafengebäude, und dort drüben kletterte er gerade aus einem silberfunkelnden, brandneuen Allrad-Geländewagen heraus, der wohl dem Kofler gehörte. Er machte ein paar Schritte, und es sah aus, als wolle er losrennen – Gott sei Dank nahm er sich zusammen und kam auf sie zugelaufen, größer, als sie ihn in Erinnerung hatte, braungebrannt, strahlend, blaue Augen unter dunklen, wenn auch gekauften Locken …
    »Isa! – Da bist du ja!«
    Ja, da war sie und brachte seit langem zum erstenmal keinen Ton heraus.
    Der Kofler betrachtete sie lächelnd.
    »Na, dann woll'n wir mal. Nimm den Koffer, Hansi.«
    Den hatte er schon längst und wuchtete ihn in den Wagen.
    »Ich brauch' auch ein Auto, Franz. Gibt's denn hier am Flughafen nicht irgendeine Leihwagenfirma?«
    »Aber klar. Gleich dort drüben …«
    In wenigen Minuten war auch das erledigt, und der Koffer wanderte aus dem schweren Jeep in den Gepäckraum einer weißen Peugeot-Limousine. Sie schien brandneu und sah zuverlässig aus.
    Und außerdem: Die österreichischen Nummernschilder hatten etwas ungemein Beruhigendes …
    Wie ein wunderschönes, achtlos hingeworfenes Schmuckband lag der Attersee zwischen seinen grünen Hügeln.
    Sie waren am Ufer des Mondsees entlanggefahren, in Unterach in einem winzigen Laden hatte sie bei einer freundlichen Frau im Dirndl einen Bikini gekauft, denn all ihre Badeausrüstung, all die herrlichen Bikinis, die für Kuba bestimmt gewesen waren, blieben in der Hektik der Abfahrt in der Wohnung.
    Es war zwei Uhr …
    »Hast du Hunger?«
    Er schüttelte den Kopf und tat, was er die ganze Zeit getan hatte: er strahlte … In seinem Gesicht war so viel Zuneigung und Freude, daß sie es kaum mehr ertragen konnte.
    »Aber du mußt doch was essen?«
    »Warum?«
    Ja, warum eigentlich. Auch sie spürte keinen Hunger.
    »Weißt du, was wir jetzt zuerst machen?«
    »Baden gehen?«
    Isa nickte. »Warst du schon am Attersee?«
    »Nein. Du hast doch gesagt, ich soll nicht weg vom Hof.«
    »War ja auch besser so. Das holen wir nach …«
    Doch einen Badeplatz zu finden war gar nicht so einfach. Sie hatte die Uferstraße ganz vergessen: Oft nur wenige Meter vom Wasser entfernt, umschloß sie den See. Immerhin waren die Sommerferien vorüber, die berühmte Salzkammergut-Seenrundfahrt begann ihre Attraktivität zu verlieren, und wenn auch manchmal ein Bus vorüberdonnerte, was machte es schon? Sie ließen den Peugeot gemächlich dahinrollen, und dann, kurz nach Unterach, fand sie auch den kleinen, mit ein paar kümmerlichen Weiden bewachsenen Felsvorsprung, an den sie sich erinnerte und der wie eine lange Nase in den See ragte.
    Sie hielt an und griff nach der Tasche mit dem Handtuch.
    Er war schon draußen, rannte über die Straße, warf die Arme hoch, hatte bereits die
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