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Die Gruseltour von Schreckenstein

Die Gruseltour von Schreckenstein

Titel: Die Gruseltour von Schreckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
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Ritter und Mädchen noch mehr an ihren fünf Sinnen gezweifelt. Geräusche und Trugbilder hörten nicht auf. Sophie, von Stephan eingeweiht, weil Ottokar nicht zurückgekommen ist, hat kein Auge zugetan und trotzdem den Mund nicht auf. Es hätte nichts genützt. Zu sehr war jeder mit sich selbst beschäftigt. Gelang es einem einzuschlafen, schreckte er beim nächsten Geräusch wieder hoch, um auf die Frage, was das Jetzt wieder gewesen sei, ob am Ende der ganze Laden einstürze, festzustellen, daß er das offenbar nur in seiner Einbildung gehört hatte.
    Nicht anders erging es den Buspennern. Auch sie schreckten immer wieder durch Geräusche auf, die es für andere nicht gab. Und nicht nur durch Geräusche.
    Mit leisem Schrei fuhr Fräulein Doktor Horn hoch und stammelte im Halbschlaf: „Der Milchmann brennt! Ich hab den Schuß gehört.“
    „O ja. Es riecht nach angebrannter Milch!“ brummte Emil völlig verdöst und todmüde.
    Das nächste Geräusch, einen gewaltigen Urlaut, hörten alle. Dampfwalze schälte sich aus seiner Miefwurst und schimpfte: „Das ganze Schloß liegt in einem Spannungsfeld, wie von einem Störsender, der uns alle verrückt macht!“ Mit dieser Verkündung kletterte er wieder aus dem Wagen.
    Draußen stand Klaus, um einzusteigen. Auch er schimpfte: In der Bibliothek machen sie sich gegenseitig verrückt!“
    Das Kommen und Gehen riß in dieser Nacht nicht ab. Wer Ruhe suchte, wurde die Unruhe nicht los.
    Es war zwischen drei und vier, Stephan hatte gerade auf die Uhr geschaut, als ein ausnahmsweise roter Geist um das stark geschrumpfte Massenlager vor dem Kamin schlich, mit stierem Blick und tonlosen Lippenbewegungen, wie einer, der vor sich hin zählt — der Rex. Und er schwebte hinaus auf den Korridor.
    Von dort hörte man das Krachen eines Balkens. Oder war es ein helles Knirschen?
    Es dauerte nur eine winzige Ewigkeit in dieser endlosen Nacht, und er schwebte wieder herein. Im Gefolge den weißen Geist von Rosenfels, der gleichfalls tonlos die Lippen bewegte, bis ein Aufschrei sie weit auseinanderriß.
    „Mein Gott! Das ist ja grauenhaft! Wo sind sie? Wo sind sie?“ Der Rex, auch er seit Stunden von Trugbildern am Schlaf gehindert, hatte sich, seinem Instinkt gehorchend, aufgemacht, die Häupter der Schreckensteiner und Rosenfelserinnen zu zählen. Im letzten Bus war er zu Tode erschrocken. Ungefähr die Hälfte fehlte. Doch weil er seinen Sinnen auch nicht mehr traute, hatte er die Leiterin zur Gegenkontrolle mitgenommen.
    Auf ihren Schrei reagierte Mücke, wie meistens, als erster. „Die andern sind Buspenner!“ erklärte er. „Eben nicht!“ widersprach der Rex. „Weg sind sie. Weg!“
    Da raschelten die Miefwürste. Doch in die gute Absicht, nach den Verschollenen zu suchen, mischte sich alsbald Zähneklappern.
    „Sicher hat sie ein Geist weggelockt!“ meinte Renate. „Es gibt nämlich Geister, die sind magnetisch, hab ich mal gelesen. Da muß man einfach mit.“
    „Genau“, bestätigte der kleine Kuno. „Haben wir in Schottland alles erlebt!“
    Die Erinnerung an den Besuch der Schreckensteiner auf DuncraigCastle war bis zu diesem Augenblick mangels beruhigender Elemente erfolgreich verdrängt worden. Jetzt kam sie gerade richtig. Die Ritter konnten auf ihre Erfahrungen zurückgreifen.
    „Alle zusammenbleiben!“ rief Hans-Jürgen.
    Andi und Beni holten die letzten Buspenner herein, Stephan erklärte, wie vorzugehen sei. „Wir bilden eine Kette. Wir halten uns alle an den Händen fest. So durchkämmen wir das Schloß!“
    Der Rex nickte; die Leiterin bewegte noch immer stumm die Lippen, bis zu der Frage: „Sollten wir nicht die Gräfin wecken?“
    „Die hat uns das ja eingebrockt!“ widersprach Sophie entschieden, weil sie hauptsächlich an Ottokar dachte.
    Jeder Ritter steckte sich seine Taschenlampe in den Gürtel, der eine nach rechts, der andere nach links. Stephan, von Mücke an einem Sprungseil gehalten, ging mit freien Händen und nach allen Seiten leuchtend voran, Rolle bildete den Schluß der Schlange.
    Die übrigen Lehrkräfte blieben beim Feuer. Unternehmungen ins Unberechenbare brauchen einen zentralen Punkt, von dem sie ausgehen, zu dem jeder zurückkehren kann. Im Schein der wackelnden Lampen, von Geräuschen, Schwindelgefühlen und Trugbildern genarrt, bewegte sich der Gänsemarsch wie eine Geisterbahn mit freiem Eintritt, aber ungewissem Ausgang, durch das verwunschene Schloß.
    Wie immer hatte Stephan seine Dietriche mitgenommen. Keine Tür
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